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Freitag, 4. April 2025

Bettina von Arnim 240. Geburtstag

Bettina von Arnim

Bettina von Arnim wurde vor 240 Jahren am 4. April 1785 in Frankfurt am Main geboren. Bettina von Arnim war eine deutsche Schriftstellerin und bedeutende Vertreterin der deutschen Romantik.

1810 verlobte sich Arnim mit Bettina, das Paar heiratete am 11. März 1811. Die Arnims hatten sieben Kinder: Freimund, Siegmund, Friedmund, Kühnemund, Maximiliane, Armgart, und Gisela von Arnim. Das Paar lebte meist getrennt, sie in Berlin, er auf seinem Gut Wiepersdorf. Bald nach der Hochzeit reisten sie gemeinsam nach Weimar, um Goethe zu besuchen. Ein heftiger Streit Bettinas mit Goethes Frau Christiane führte zu einer lebenslangen Entfremdung zwischen Goethe und Arnim. 1813 während der Befreiungskriege gegen Napoleon befehligte Arnim als Hauptmann ein Berliner Landsturmbataillon.

Es war eine der großen Liebesgeschichten der deutschen Romantik: Bettine Brentano und Achim von Arnim. Ihre Ehe dauerte von 1811 bis 1831 und verband zwei eigenwillige, gegensätzliche Gefühlsmenschen in einer höchst modern anmutenden Melange aus Zärtlichkeit und Konflikten, idealistischen Höhenflügen und profanen Sachzwängen.

Auf den ersten Blick steht Bettina für das Bunte, Spontane, Prächtige, auch für das moralisch und emotional Offene. Sie war überzeugt, dass Autoritäten aller Art es so genau nicht nehmen, weil sie jederzeit bereit sind, ihr liebes Kind, das es ja nicht schlimm gemeint hat, wieder in die Arme zu schließen. Armin dagegen war geprägt von der preußischen Pflichtauffassung, […] Er war ernst, schmal, streng und verlangte viel von sich und anderen.
Bettina von Arnim Der Witwenstand führte zu einer Verstärkung ihres öffentlichen Wirkens. Sie wurde zur Herausgeberin seiner »Gesammelten Werke«. Während der Cholera-Epidemie 1831 in Berlin engagierte sie sich für soziale Hilfsmaßnahmen in den Armenvierteln und pflegte Erkrankte. Aus Anlass der Thronbesteigung des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. veröffentlichte sie 1843 die Sozialreportage Dies Buch gehört dem König. Das aus fiktiven Dialogen zwischen der Mutter Goethes und der Mutter des preußischen Königs bestehende Werk wurde in Bayern verboten.

In der Ernüchterung, die der gescheiterten Revolution von 1848 folgte, verfasste sie 1852 die Fortsetzung »Gespräche mit Dämonen«, in der sie für die Abschaffung der Todesstrafe und die politische Gleichstellung von Frauen und Juden eintritt. Ihre weitreichende Korrespondenz zur Ermittlung statistischer Angaben für ihr Armenbuch erregte großes Aufsehen.

1854 erlitt Bettina von Arnim einen Schlaganfall, von dem sie sich nicht mehr erholte.
Bettina von Arnim starb am 20. Januar 1859 im Kreise ihrer Familie in Berlin. Sie wurde neben ihrem Mann an der Kirche von Wiepersdorf beigesetzt.


Literatur:

»Bettine und Achim von Arnim: Die Geschichte einer ungewöhnlichen Ehe«

Bettine und Achim von Arnim: Die Geschichte einer ungewöhnlichen Ehe von Hildegard Baumgart

Samstag, 22. März 2025

Leo Tolstoi auf der Suche nach dem Ich



Leo Tolstoi hat am Endes seines Lebens, empfindlich für den Ozean des sozialen Leidens um ihn herum, mit dem Schreiben aufgehört sozial Nützlichers zu tun, als erfundene Geschichten zu erzählen.
Seine Entscheidung war ein Vorspiel zu der Epoche der großen Zersörung der Kultur im Namen der sozialen  Revolution.

Nach der Veröffentlichung von »Anna Karenina« geriet er in eine Schaffenskrise, die ihn vom orthodoxen Glauben abwenden lies.

Lesenswert ist das letzte Werk von Leo Tolstoi »Die Kreutzersonate«, eine Geschichte der Abkehr von religiösen Glauben. Der Roman schildert die Geschichte einer Frau, die ihre musikalische Karriere zugunsten ihres Mannes aufgibt. Seine Ehefrau Sofia war über dieses Werk wenig erfreut, sah sie doch deutliche Parallelen zu ihrem eigenen Leben.

www.die-biografien.de/biografien/535.php

Dienstag, 4. März 2025

"Der Name der Rose" und das Verdikt des Lachens

Der Name der Rose
Der Name der Rose

Umberto Eco thematisiert in seinem Roman "Der Name der Rose" die Feindschaft des mönchischen Mittelalters gegenüber Komödie und Gelächter. Der greise Klosterbibliothekar Jorge von Burgos, ein kompromißloser Vertreter asketischer Mönchstradition, beteuert da: "Die Komödien wurden von Heiden geschrieben, um die Leute zum Lachen zu bringen, und das war schlecht. Unser Herr Jesus hat weder Komödien noch Fabeln erzählt, ausschließlich klare Gleichnisse, die uns allegorisch lehren, wie wir ins Paradies gelangen, und so soll es bleiben!"

William von Baskerville, der gebildete, weltoffene und menschenfreundliche Franziskaner aus England, kontert: "Ich frage mich, warum Ihr so abweisend gegen den Gedanken seid, daß Jesus gelacht haben könnte. Ich für meinen Teil halte das Lachen durchaus für ein gutes Heilmittel, ähnlich dem Baden, um die schlecten Körpersäfte und andere Leiden des Körpers zu kurieren, insbesondere die Melancholie."

In diesem von Kroeber herausgeg. Buch mit Aufsätzen über Ecos "Der Name der Rose“ wird der Kernsatz dieses Romans: "Vielleicht gibt es am Ende nur eins zu tun, wenn man die Menschen liebt, die Wahrheit zum Lachen zu bringen, denn die einzige Wahrheit heißt: lernen, sich von der krankhaften Leidenschaft für die Wahrheit zu befreien!" (Eco 624) mit großer Skepsis behandelt.

Die ausführlichste Kritik bei U. Wyss , der einschränkend sich auf das Lachen bezieht: "Auf das Lachen würde ich mich nicht verlassen, wenn es darum geht, daß wir uns frei machen. Die Wahrheit zu verlachen, ist das wirklich der Weg ins Freie?"

Literatur:

Der Name der Rose
Der Name der Rose
von Umberto Eco

Weblink:

Nicht lachen - Philosophie Runde

Freitag, 28. Februar 2025

Literaturkritiker Fritz J. Raddatz 10. Todestag

Literaturkritiker Fritz J. Raddatz

Er war einer der streitbarsten und eloquentesten Literaturkritiker des Landes. Nun ist Fritz J. Raddatz im Alter von 83 Jahren gestorben. Der langjährige Feuilleton-Chef der "Zeit" schrieb mehrere Romane und gilt als Entdecker einiger berühmter Schriftsteller.

Tagebücher 1982-2001

Fritz J. Raddatz war ein legendärer und begnadeter Feuilletonist und Großkritiker, der intellektuelle Schärfe stets mit seinem Willen zur Eleganz und Eitelkeit auf das Beste zu paaren wusste. Er war ein wahrhafte Geistesgröße, doch im Kulturbetrieb dieses Landes wirkte er jedoch eher wie ein Unruhestifter.

Raddatz war nicht nur eine brilliante Geistesgröße, sondern er polarisierte auch in der Medienlandschaft. Legendär ist auch sein Hang zur Eitelkeit, der nicht nur das Feuilleton ungemein bereicherte, sondern ihn auch verletzlich machte. Heute wirkt er wie der Vertreter einer anderen Gesellschaft.

Fritz J. Raddatz wurde nach dem Krieg fast vom Schulhof weg Journalist, Lektor, Kultur im "besseren Deutschland", das er wie der etwas jüngere Wolf Biermann in Ost-Berlin vorzufinden glaubt. Er war ehrgeizig und tatendurstig und scheiterte doch an den vorherrschenden Alt-Kommunisten, ging schließlich 1958 in den Westen, wo er seinen atemberaubenden Aufstieg im Kulturbetrieb begann.

Berühmt wurde der Intellektuelle Fritz J. Raddatz vor allem als Feuilletonchef der Wochenzeitschrift "DIE ZEIT". Selten hat eine Geistesgröße soviel Einfluss auf das Feuilleton ausgeübt. Raddatz hat in seinen acht Jahren als Feuilletonchef der "Zeit" das literarisch-politische Feuilleton neu erfunden - er hat das Feuilleton politisiert.

2014 beendete der Literaturkritiker und Publizist Fritz J. Raddatz nach mehr als 60 Jahren seine journalistische Tätigkeit. "Ich habe mich überlebt", schrieb er in einem Beitrag für die Tageszeitung "Die Welt".


Literatur:


Tagebücher 1982-2001
Tagebücher 1982-2001
von Fritz J. Raddatz

TUnruhestifter: Erinnerungen
Unruhestifter: Erinnerungen
von Fritz J. Raddatz

Yasar Kemal 10. Todestag

Yasar Kemal

Yasar Kemal starb vor 10 Jahren am 28. Februar 2015 im Alter von 92 Jahren in einem Krankenhaus in Istanbul. Kemal, der Schriftsteller kurdischer Abstammung, war einer der bedeutendsten zeitgenössischen Romanciers der Türkei.

Kemal wurde 1955 mit seinem Roman »Memed, mein Falke« berühmt. Das Werk, das in mehr als 40 Sprachen übersetzt wurde, machte ihn zum meistgelesenen Schriftsteller der Türkei. Der Romanheld, der "schmächtige Memed", lehnt sich darin gegen die Herrschaft der Großgrundbesitzer in Anatolien auf und zieht als Bandit in die Berge.

Die Sprache werde die Menschheit retten - davon war Kemal überzeugt. "Ich glaube tief an die Magie der Sprache", schrieb er im Unionsverlag. "Noch immer bin ich davon überzeugt, dass die Sprache neue Universen erschaffen, andere vernichten kann."

Aus dieser Macht der Sprache leitete Kemal die Verantwortung der Schriftsteller in der Gesellschaft ab. Eine Rolle, die er selbst sehr ernst nahm: Widerstand gegen empfundenes Unrecht und der Kampf für Freiheit und Menschenrechte ziehen sich als roter Faden durch das Werk des Schriftstellers.

Yasar Kemal war ein unbequemer Schriftsteller. Einer, der Schreibende als die "Verantwortlichen unserer Zeit" bezeichnete. Der türkische Schriftsteller Yasar Kemal kämpfte in seinen Büchern für Freiheit und Menschenrechte, die er bis zuletzt in seiner Heimat bedroht sah.

Kemal kam im südanatolischen Dorf Gökcedam in der Provinz Osmaniye als Sohn eines früheren Großgrundbesitzers auf die Welt. Sein genaues Geburtsdatum ist unklar. Der Schriftsteller sagt, er sei wahrscheinlich 1923 geboren worden.

Literatur:

Memed mein Falke
Memed mein Falke
von Yasar Kemal

Samstag, 1. Februar 2025

»Picknick auf dem Eis« von Andrej Kurkow

Andrej Kurkow


»Picknick auf dem Eis« ist ein Roman zur depressiven Stimmungslage in der Ukraine und liest sich wie eine bittere Satire auf die von Armut und Korruption geprägte ukrainische Gesellschaft. In „Picknick auf dem Eis" von Andrej Kurkow geht es um die Auseinandersetzung des Protagonisten, des arbeitslosen Journalisten und Dichters Viktor mit der Mafia und ihren Praktiken.

Als Tagträumer hat es Viktor schwer im Kiew der Neureichen und der Mafia: Ohne Geld und ohne Freundin lebt er mit dem Pinguin Mischa und schreibt unvollendete Romane für die Schublade. Zum Überleben verfasst er für eine große Tageszeitung Nachrufe über Berühmtheiten, die allerdings noch gar nicht verstorben sind. Wie jeder Autor möchte Viktor seine Texte auch veröffentlicht sehen - ein Wunsch, der beängstigend schnell in Erfüllung geht.

Dieser Roman ist eine originelle Mischung von Kriminalroman, Thriller und Familiengeschichte mit einer witzigen Nebenfigur: einem Pinguin namens Mischa. Dieser ist Viktors Begleiter, seit der örtliche Zoo begann, seine Tiere zu verschenken, als er sie nicht mehr ernähren konnte. Viktor hat sich Mischa zugelegt, um nicht alleine und einsam zu sein. Doch eines Tages steht sein Bekannter Mischa mit seiner Tochter Sonja vor der Tür. Um ihn von dem anderen Mischa, dem Pinguin, zu unterscheiden, heißt er Mischa-Nicht-Pinguin.

Nur für ein paar Tage, so beschwört er Viktor, soll seine vierjährige Tochter Sonja bei ihm wohnen. Aus den Tagen werden Wochen und Monate, bis Viktor von Mischa-Nicht-Pinguins Ableben erfährt, einem unnatürlichen Ableben, selbstverständlich. Dafür muß der andere Mischa einspringen: der Pinguin: ihn benötigt die Mafia als Trauergast für Begräbnisse und zahlt pro „Ausflug" 1000 Dollar an Viktor. Doch dieser bleibt stoisch-gelassen, auch als sich die Gewitterwolken immer mehr um sein eigenes Haupt zusammenziehen.

Für Freunde der russischen bzw. ukrainischen Literatur ein literarischer Genuss: skurrile Charaktere und Geschichten und gleichzeitig Einblicke in ein von Korruption geprägtes Land - allerdings immer mit einem liebevollen Augenzwinkern und ohne moralischen Zeigefinger.

Literatur:

Picknick auf dem Eis
Picknick auf dem Eis
von Andrej Kurkow

Sonntag, 26. Januar 2025

»Die Ermittlung« von Peter Weiss


Es war das bis dahin grösste Gerichtsverfahren der deutschen Nachkriegsgeschichte: Am 20. Dezember 1963 begann der erste Auschwitz-Prozess im Plenarsaal der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung. Angeklagt waren 21 Mitglieder der Wachmannschaften des Konzentrationslagers Auschwitz wegen Mordes oder Beihilfe zum Mord. Insgesamt wurden 360 Zeugen befragt. Sechs Beschuldigte erhielten nach einem über zweieinhalbjährigen Prozess lebenslange Zuchthausstrafen. Drei Angeklagte wurden freigesprochen. Der Prozeß endete im August 1965. Bereits zwei Monate später wurde der Prozeß in einem Theaterstück bearbeitet.

»Die Ermittlung« ist ein Theaterstück des Dramatikers Peter Weiss von 1965, das den ersten Frankfurter Auschwitzprozess von 1963 bis 1965 mit den Mitteln des dokumentarischen Theaters thematisiert. Es wurde am 19. Oktober 1965 im Rahmen einer Ring-Uraufführung an fünfzehn west- und ostdeutschen Theatern sowie von der »Royal Shakespeare Company«, London, uraufgeführt. Die Ermittlung trägt den Untertitel „Oratorium in elf Gesängen“. Weiss selbst nahm als Zuschauer am Auschwitzprozess teil und entwickelte sein Stück aus den Protokollen Bernd Naumanns.

Das Theaterstück »Die Ermittlung« des deutsch-schweizerischen Schriftstellers Peter Weiss (1916 - 1982) hat den Auschwitz-Prozess in Frankfurt am Main (Dezember 1963 - August 1965) zum Inhalt. Das Bühnenspiel, es wird dem dokumentarischen Theater zugeordnet, wurde 1965 gleichzeitig an 15 Orten uraufgeführt. Von der Rampe bis zur Todeskammer, in einem "Oratorium in 11 Gesängen" lässt Peter Weiss die Vertreter der Anklage und der Verteidigung, die Angeklagte und Zeugen über die "Hölle auf Erden", meint Auschwitz, verhandeln. Die von den Nationalsozialisten maschinell betriebene Tötung von Millionen völlig unschuldiger Menschen bleibt unfassbar.

Die Ermittlung sollte Teil eines umfassenderen „Welttheater“-Projekts werden, das der Struktur der »Göttlichen Komödie« von Dante Alighieri folgte. Das dreiteilige Dramenprojekt sollte die Jenseitssphären Hölle, Paradies und das dazwischen liegende Fegefeuer umfassen. In Umkehrung der Überzeugungen Dantes sollte »Die Ermittlung« dabei dem „Paradiso“ der Dante-Konzeption entsprechen und das Paradies der Ort der Verzweiflung für die Leidtragenden sein.

Das 1964 verfasste Drama »Inferno«, das erst 2003 aus dem Nachlass publiziert wurde, führte das abzubildende Jenseitsreich auch im Titel. Aufgrund der zeitgeschichtlichen Bedeutung des Auschwitz-Prozesses wurde das Divina-Commedia-Projekt jedoch zurückgestellt und der dritte Teil als Die Ermittlung separat veröffentlicht.

Das Stück stellt die Aussagen der von Weiss anonym gehaltenen Zeugen denen der namentlich genannten Angeklagten KZ-Aufseher gegenüber. Die Aussagen der Zeugen bieten einen Einblick in die Grausamkeit des Lagerlebens und die Details der Greueltaten, sie öffnen den Blick auf das nackten Grauen. Demgegenüber wirken die Rechtfertigungs- und Distanzierungsversuche der Angeklagetn angesichts der Faktenlage zynisch und die decken die Widersprüche in den Aussagen schonungslos auf.

Literatur:


Die Ermittlung
von Peter Weiss


Die Ermittlung
von Peter Weiss