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Sonntag, 26. Juni 2022

»Lebensansichten des Katers Murr« von E.T.A. Hoffmann

Lebensansichten des Katers Murr


E.T.A. Hoffmanns »Kater Murr« gehört zu den Glanzstücken der romantischen wie der satirischen Erzählliteratur – so verblüffend modern ist sein Stil, so unverblümt beißend der Spott. Auch die Karikaturen zu seinen Geschichten zeichnete er stets selbst.

E.T.A. Hoffmanns »Kater Murr« erzählt zwei Geschichten in einem Roman.
Kater Murrs chronologische Biographie ist der satirische Teil, wogegen der Part über den Kapellmeister Kreisler dem romantischen Stil angehört.

Wie kommen die zwei Geschichten in ein Buch?  "... erfuhr der Herausgeber endlich folgendes: Als der Kater Murr seine Lebensansichten schrieb, zerriss er ohne Umstände ein gedrucktes Buch, das er bei seinem Herrn vorfand, und verbrauchte die Blätter harmlos teils zur Unterlage, teils zum Löschen.
Diese Blätter blieben im Manuskript und – wurden, als zu demselben gehörig, aus Versehen mit abgedruckt!"

Kater Murr empfindet sich als Genie und wird im Verlauf seines Lebens immer wissender und erfahrener. Liebe, Enttäuschung, der Verlust eines guten Freundes und die Freundschaft zu einem Pudel, der unterwürfig vom Leben der höheren Gesellschaft profitiert, sind die Elemente von Murrs Leben.

Kappelmeister Kreisler ist ein künstlerisches Genie. Sein Leben verläuft zerrissen und unstet. Zweifelhafte, seltsame und liebenswerte Charaktere kreuzen seinen Lebensweg.
Fast möchte ich behaupten das Hoffmann noch eine dritte Geschichte eingebaut hat, nämlich die des Meister Abraham der eine der Hauptrollen im Leben Kreislers und auch Kater Murrs spielt.

Und natürlich ermangelt es dieser phantastischen Geschichte nicht an Ironie. E.T.A. Hoffmanns »Kater Murr« gibt es eine Episode, wo erzählt wird, wie Kreisler einmal in einem Garten zu Tode erschrocken, seinem Doppelgänger zu sehen glaubt. Als er bemerkt, daß die Erscheinung nur die Wirkung eines verborgenen Hohlspiegel ist, ärgert er sich, wie jeder, dem das Wunderbare, woran er glaubt, zu Wasser gemacht wird.

Am Anfang bedarf es der Gewöhnung, das Erzählte springt hin und her, mal Murr, mal Kreisler, dann wieder Murr doch je weiter beide Geschichten in ihrer Handlung fortschreiten um so mehr Freude hatte ich an dem Gelesenen.


Literatur:

Lebensansichten des Katers Murr
Lebensansichten des Katers Murr
von E.T.A. Hoffmann

E.T.A. Hoffmann, Die Elixiere des Teufels. Lebensansichten des Katers Murr
E.T.A. Hoffmann, Die Elixiere des Teufels. Lebensansichten des Katers Murr
von E.T.A. Hoffmann

Alfred Döblin 65. Todestag

Alfred Döblin

Alfred Döblin starb vor 65 Jahren am 26. Juni 1957 in Emmendingen. Alfred Döblin war ein deutscher Arzt, Psychiater und Schriftsteller. 1938 emigrierte er als einer der Letzten aus Deutschland.

Sein episches Werk umfasst mehrere Romane, Novellen und Erzählungen, daneben verfasste er unter dem Pseudonym »Linke Poot« satirische Essays und Polemiken. Als führender Expressionist und Wegbereiter der literarischen Moderne in Deutschland integrierte Döblin früh das Hörspiel und Drehbuch in seinem Werk.

Alfred Döblin

Er schrieb Erzählungen und Aufsätze, fand aber keinen Verleger. Im Ersten Weltkrieg war er Kasernenarzt. Der S. Fischer Verlag brachte seine ersten Romane heraus, nicht gerade Bestseller, aber langsam begann Döblin, in der Welt der Literatur ein Begriff zu werden.
Da war er Anfang 40 und Berlin, das Berlin der 20er Jahre, die Großstadt, das war, so sagte er, "das Benzin, mit dem sein Motor läuft".


Er war Mitbegründer der expressionistischen Zeitschrift "Der Sturm" (1910) und legte mit seinem 1913 erschienenen Erzählband "Die Ermordung der Butterblume" erste eigene expressionistische Texte vor.

1920 veröffentlichte er den historischen Roman »Wallenstein«. Weiterhin setzte Döblin als avantgardistischer Romantheoretiker mit den Schriften »An Romanautoren und ihre Kritiker. Berliner Programm, Bemerkungen zum Roman« und »Der Bau des epischen Werks« zahlreiche Impulse in der erzählenden Prosa frei.

1929 erschien sein bekanntestes Werk »Berlin Alexanderplatz«. Seine Erzähltechnik, die zwischen registrierender, neuer Sachlichkeit und Eindrücken der modernen Großstadt schwankt, brachte Döblin Vergleiche mit James Joyce ein.

„Wenn ein Roman nicht wie ein Regenwurm in zehn Stücke geschnitten werden kann und jeder Teil bewegt sich selbst, dann taugt er nicht.“

Sein weitaus am stärksten rezipierter Roman ist »Berlin Alexanderplatz«. Die Geschichte des Transportarbeiters Franz Biberkopf, der, aus der Strafanstalt Berlin-Tegel entlassen, als ehrlicher Mann ins Leben zurückfinden möchte, ist der erste deutsche Großstadtroman von literarischem Rang.


Alfred Döblin stammte aus einer Familie assimilierter Juden. In seinem zehnten Lebensjahr trennte sich der Vater von seiner Frau und ließ die Familie mittellos zurück. Das plötzliche Verschwinden des Vaters traumatisierte den Jungen nachhaltig. Bereits in seinem letzten Schuljahr verfasste Döblin mehrere Erzählungen und einen Kurzroman. Nach dem Abitur studierte er Medizin und wurde 1905 promoviert. Ein Jahr darauf eröffnete er eine kassenärztliche Praxis und heiratete die Medizinstudentin Erna Reiss.


Die Metropole Berlin wurde Döblins eigentliche Heimat. Er schloss sich dem Sturmkreis um Herwarth Walden an. Döblin wurde mit seinem Erzählband »Die Ermordung einer Butterblume und andere Erzählungen« sowie den Romanen »Die drei Sprünge des Wang-lun« und »Berge, Meere und Giganten« zu einem der führenden Exponenten der expressionistischen Literatur. Im Ersten Weltkrieg war er als Lazarettarzt an der Westfront stationiert. In der Weimarer Republik wurde der streitbare Döblin einer der führenden Intellektuellen des linksbürgerlichen Spektrums.

1933 musste der Jude und Sozialist Döblin aus Deutschland flüchten, kehrte nach Ende des Zweiten Weltkrieges zurück, um Deutschland 1953 erneut resigniert zu verlassen. Große Teile seines literarischen Schaffens, darunter die »Amazonas-Trilogie«, die »Novembertetralogie« und der letzte Roman »Hamlet oder Die lange Nacht nimmt ein Ende« werden der Exil-Literatur zugeordnet.

Alfred Döblin ist der große „Unbekannte“ der Literaturgeschichte Deutschlands, der sich nie aus Thomas Manns Schatten befreien konnte. Er war ein Mensch, der als Arzt und Künstler, als Jude und Katholik, als Patriot und Sozialist in die Tragödien des 20. Jahrhunderts hineingezogen wurde.

Alfred Döblin wurde am 10. August 1878 in Stettin geboren.




Samstag, 25. Juni 2022

Georg Christoph Lichtenberg, der Bücherfreund


Georg Christoph Lichtenberg war ebenso Experimentalphysiker, Mathematiker, Astronom wie geistreicher Satiriker und scharfsichtiger Denker im Zeitalter der Aufklärung. Seine Aphorismen machten ihn berühmter als die physikalischen Forschungen.

Georg Christoph Lichtenberg war bekanntlich ein grosser Bücherfreund.

"Es gibt eine gewisse Art von Büchern, und wir haben in Deutschland eine große Menge, die nicht vom Lesen abschrecken, nicht plötzlich einschläfern, oder mürrisch machen, aber in Zeit von einer Stunde den Geist in eine gewisse Mattigkeit versetzen, die zu allen Zeiten einige Ähnlichkeit mit derjenigen hat, die man einige Stunden vor einem Gewitter verspürt. Legt man das Buch weg, so fühlt man sich zu nichts aufgelegt, fängt man an zu schreiben, so schreibt man eben so, selbst gute Schriften scheinen diese laue Geschmacklosigkeit anzunehmen, wenn man sie zu lesen anfängt. Ich weiß aus eigener Erfahrung, daß gegen diesen traurigen Zustand nichts geschwinder hilft als eine Tasse Kaffee mit einer Pfeife Varinas."

Georg Christoph Lichtenberg

Besondere Ästhetik in Kafkas Romanen


Kafkas Romane sind vordergründig nicht politisch, aber durch die Atmosphäre, die Ästhetik und die Darstellung des Absurden ist die Literatur Kafkas im literarischen Sinn politisch. Auch durch die Darstellung der Anonymität, der Entfremdung ist die Literatur Kafkas im literarischen Sinn politisch.



Aber wie kein Zweiter ist ein Schriftsteller durch seinen Beruf als Versicherungsangestellter in so direkter Weise mit dem Grundwiderspruch der modernen Gesellschaft, mit sozialer Not und Ausbeutung, mit den Arbeitern wie mit den Unternehmern, konfrontiert worden wie Kafka. Auf seinen zahlreichen Inspektionsreisen lernte er die Welt, die Lebensverhältnisse und die soziale Not der Menschen kennen.

Karlsbrücke in Prag


In der düsteren Welt Kafkas sind das Menschliche, die Bindung an den Nachbarn, das Vertrauen auf die Gesellschaft verlorengegangen. Die Welt ist rätselhaft und undurchschaubar geworden und flösst dem Menschen Angst ein. Der Mensch sieht sich einer absurden Welt gegenüber und macht die Erfahrung des Absurden.

Bei Kafka wird der Mensch der Moderne häufig durch einen Blick der Selbstentfremdung dargestellt, das Vertrauen zu Nahestehenden ist erschüttert, und auch Einsamkeit ist ein großes Thema Kafkas.



Kafka schildert gleich zu Beginn dieses Romans die groteske Situation, in dem ein junger morgens in seinem Bett als Käfer verwandelt aufwacht und schildert damit zugleich eine absurde Kafkaeske der Moderne.


Träume, Ängste, Komplexe, Zerstörerisches und Symbolhaftes spiegeln eine Grundhaltung in seinen Werken wider, in denen der Mensch als Fremder oder Ausgeschlossener immer wieder nach Sicherheit, Halt und Geborgenheit sucht.

Die beklemmende Welt der Kafka'schen Protagonisten, die im Bannkreis unsichtbarer, bedrohlicher Mächte leben, ist durch Verstörung und vitale Erschöpfung gekennzeichnet.

»Das Glück der Familie Rougon« von Emile Zola


Das Glück der Familie Rougon

Emile Zola unternahm den Versuch, die gesamte menschliche Gesellschaft seiner Zeit in einer gewaltigen Romanfolge darzustellen. Von 1869 bis 1893 konzipierte er, nach dem Vorbild von Balzac, die meisten seiner Romane als Teile eines Zyklus mit dem Titel »Les Rougon-Macquart«. Die biologische und soziale Geschichte einer Familie im Zweiten Kaiserreich. Der Roman-Zyklus »Les Rougon-Macquart« erzählt die Geschichten der beiden Familien Rougon und Marquart.

»Das Glück der Familie Rougon«, Erstausgabe 1871, ist der erste Band in Émile Zolas monumentalem zwanzigbändigen Rougon-Macquart-Zyklus. Die Geschichte basiert teilweise auf wahren Begebenheiten. Sie beschreibt Ereignisse um den Staatsstreich Napoleon III im Dezember 1851 in der fiktiven Kleinstadt Plassans in Südfrankreich.

Die insgesamt 20 Romane des Zyklus sollten eine Art positivistisch begründeter Familiengeschichte sein, nämlich des der Bourgeoisie zuzuordnenden Rougon-Zweiges und des der Unterschicht angehörenden Macquart-Zweiges, wobei die einzelnen Figuren als durch ihre Erbanlagen (z. B. den Hang zum Alkoholismus), ihr Milieu (Bourgeoisie oder Unterschicht) und die historischen Umstände (die sozio-ökonomischen Verhältnisse des Zweiten Kaiserreichs, 1852-70) völlig determiniert vorgestellt werden. Glücklicherweise wirken sie, dank Zolas schriftstellerischem Temperament, menschlich und lebendig genug, um dem Leser nicht als bloße Marionetten und Demonstrationsobjekte zu erscheinen.

Literatur:

Das Glück der Familie Rougon
Das Glück der Familie Rougon
von Emile Zola

Das Glück der Familie Rougon
Das Glück der Familie Rougon
von Emile Zola

»Nachtasyl« von Maxim Gorki


Das im Jahr 1902 verfasste und ein Jahr später in Deutschland uraufgeführte Drama »Nachtasyl« des russischen Schriftstellers Maxim Gorki gehört zu den bedeutendsten Theaterstücken jener Zeit. Der Autor führt in das Milieu des zaristischen Prekariats, einer Gesellchaftsschicht, in der sich Gorki persönlich auskannte und dessen Sprachrohr er mit diesem und weiteren Stücken werden sollte.

Gegenstand der Handlung ist eine illustre Gruppe von gescheiterten Figuren, die alle zusammen bei der Vermieterin Wassilissa und ihrem Mann Kostylew wohnen. Beide führen ihre Wirtschaft mit harter Hand und die Mieter haben sich in diesem Zustand eingerichtet. Bis eines Tages der lebenserfahrene und -frohe Wanderer Luka auftaucht und erst beiläufig, später gezielt die Situation und ihre Umstände hinterfragt. Durch diesen externen Impuls aufgerüttelt, wandeln sich einige Bewohner von folgsamen Schafen zu mündigen Bürgern, die schließlich gegen ihre Vermieter aufbegehren. Das Stück endet tragisch und hinterlässt beim Leser den Eindruck einer gewissen Unvollkommenheit. Doch eben hier liegt Gorkis' Verdienst. Es wird kein Königsweg aufgezeigt, der die Menschen aus ihrer Unterdrückung befreit.

Vielmehr liefert »Nachtasyl« Denkanstöße zum Umgang miteinander und steht damit im Lichte eines kollektiven Humanismus. Denn nicht die Regierung ist entscheidend, oder der Staat, sondern immer nur der Mensch. Auf der Basis dieser Erkenntnis stehend ist das Stück auch mehr als hundert Jahre nach seiner Erscheinung noch aktuell und sollte daher unbedingt empfohlen und gelesen werden.

"Der Putz ist weg, nur der nackte Mensch ist geblieben."

Mit seinem grandiosen und ebenso beklemmenden wie aufrüttelnden Drama »Nachtasyl« schuf der russische Dichter Maxim Gorki ein zeitloses Werk von weltliterarischem Rang und einen Klassiker der russischen (sowjetischen) Literatur. Nach seiner Uraufführung 1902 entfaltete es eine ungeheure Wirkung: Denn hier gehört die Bühne nicht mehr den Begüterten, Privilegierten, sondern den Gedemütigten, den am Leben Gescheiterten. Ihr Platz ist das Nachtasyl, ein Elendsquartier, aus dem es kein Entrinnen zu geben scheint. Und doch führt ihr Ringen um Selbstwert und Würde, ihr Träumen und Hoffen, die Macht des menschlichen Überlebenswillens auf ergreifende Weise vor Augen.

In Russland wurde der umstrittene Nationaldichter nach dem Zusammenbruch des Kommunismus für viele von der vergötterten Leitfigur der Sowjetzeit zur Unperson. In Maxim Gorkis widersprüchlichem Leben ist jedoch bis heute vieles ungeklärt.

Literatur:


Nachtasyl
von Maxim Gorki


Weblink:

Von der Leitfigur zur Unperson - 75. Todestag des Dramatikers und Erzählers Maxim Gorki - dradio.de

»Die Verwandlung« von Franz Kafka



»Die Verwandlung« ist eine im Jahr 1912 entstandene Erzählung von Franz Kafka. Die Geschichte handelt von Gregor Samsa, dessen plötzliche Verwandlung in ein Ungeziefer die Kommunikation seines sozialen Umfelds mit ihm immer mehr hemmt, bis er von seiner Familie für untragbar gehalten wird und schließlich zugrunde geht. Der Roman wurde zumeist als absurde Allegorie oder als kafkaeske Parabel gelesen.

"Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte,
fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt."




Kafka schildert gleich zu Beginn dieses Romans die groteske Situation, in dem ein junger morgens in seinem Bett als Käfer verwandelt aufwacht und schildert damit zugleich eine absurde Kafkaeske der Moderne.


Da erwacht also dieser Gregor, ein junger Handlungsreisender, der unter seinem Beruf und der Lieblosigkeit seiner Umwelt leidet, eines Morgens als riesiges Insekt. Zur Arbeit zu gehen, macht in seinem Zustand wenig Sinn. Schon taucht der erboste Prokurist auf und verlangt wütend eine Erklärung für Gregors Fernbleiben. Diese Szene, in der Gregor hinter verschlossener Tür sein Verhalten entschuldigt, seinen Käferkörper zur Tür quält und sich schließlich zu erkennen gibt, ist so haarsträubend kafkaesk, daß spätestens jetzt dieser Begriff jedem einleuchten dürfte. Gregors Familie ist angewidert, läßt den Sohn aber bei sich wohnen, bis schließlich -- nun, Sie werden es erfahren.

Keine Erklärung, nur dieser Hilfeschrei! Solche Radikalität war neu in der Literatur. Deutungen gab es viele. Gregor, wie Kafka, ein schwacher Mensch, der Tag für Tag mitansehen muß, wie diese Welt mit Schwachen umgeht, droht daran zugrundezugehen und vollzieht Die Verwandlung. Das ist seine "Rettung".

„Ohne jetzt mehr nachzudenken, womit man Gregor einen besonderen Gefallen machen könnte, schob die Schwester eiligst, ehe sie morgens und mittags ins Geschäft lief, mit dem Fuß irgendeine beliebige Speise in Gregors Zimmer hinein, um sie am Abend, gleichgültig dagegen, ob die Speise vielleicht nur verkostet oder – der häufigste Fall – gänzlich unberührt war, mit einem Schwenken des Besens hinauszukehren.“
»Die Verwandlung« - Franz Kafka

Wie kaum ein anderes Stück Literatur hat »Die Verwandlung« die Leser zugleich begeistert und verstört und zu verschiedensten Deutungen des vielschichtigen Textes angeregt. Kafkas Erzählung unterläuft und übertrifft jedoch jegliche Interpretationsschemata und ist über alle verkürzenden Zugänge zum Text erhaben.

Die Metamorphose des Prokuristen Gregor Samsa zum Käfer iste ein Kafkeske, welche von Kafka selbst nicht als beängstigendes Geschehen entworfen wurde. In einem Gespräch mit Gustav Janouch antwortete er angeblich auf dessen Vergleich mit der Devise »Zurück zur Natur«: »Doch heute geht man weiter. Man sagt es nicht nur - man tut es. Man kehrt zum Tier zurück. Das ist viel einfacher als das menschliche Dasein.«

In der düsteren Welt Kafkas sind das Menschliche, die Bindung an den Nachbarn, das Vertrauen auf die Gesellschaft verlorengegangen. Die Welt ist rätselhaft und undurchschaubar geworden und flösst dem Menschen Angst ein. Der Mensch sieht sich einer absurden Welt gegenüber und macht die Erfahrung des Absurden.

Bei Kafka wird der Mensch der Moderne häufig durch einen Blick der Selbstentfremdung dargestellt, das Vertrauen zu Nahestehenden ist erschüttert, und auch Einsamkeit ist ein großes Thema Kafkas.


Träume, Ängste, Komplexe, Zerstörerisches und Symbolhaftes spiegeln eine Grundhaltung in seinen Werken wider, in denen der Mensch als Fremder oder Ausgeschlossener immer wieder nach Sicherheit, Halt und Geborgenheit sucht.

Die beklemmende Welt der Kafka'schen Protagonisten, die im Bannkreis unsichtbarer, bedrohlicher Mächte leben, ist durch Verstörung und vitale Erschöpfung gekennzeichnet.


»Die Verwandlung« von Franz Kafka ist Kafkas Ausdruck seines Seelenlebens und eine Parabel auf den seelenlosen Zustand der Welt. Wie so oft trifft Kafka ins Schwarze. Eine beissende Gesellschaftskritik, die mittels einer skurrilen Idee zeigt wie Menschen sich in auswegslosen Situationen verhalten. Empathie, und deren Verblassen, Trotz, Scham, Widerstand und Verzweiflung werden gelungen thematisiert. Prägnant und angenehm kurz gehalten ist dieses Werk Pflichtlektüre.

Die Geschichte um Gregor Samsa macht sehr betroffen. Wie schnell ein geliebter Mensch einfach mal so im Stich gelassen wird da dieser sich in ein Insekt verwandelt hat. - Diese Lektüre muss man gelesen haben, um die Verwandlung zu verstehen.

Literatur:

Die Verwandlung


Die Verwandlung


Die Verwandlung


Die Verwandlung


Die Verwandlung


Die Verwandlung


»Der Sommer« von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben


Der Sommer, der Sommer,
Das ist die schönste Zeit:
Wir ziehen in die Wälder
Und durch die Au'n und Felder
Voll Lust und Fröhlichkeit.

Der Sommer, der Sommer,
Der schenkt uns Freuden viel:
Wir jagen dann und springen
Nach bunten Schmetterlingen
Und spielen manches Spiel.

Der Sommer, der Sommer,
Der schenkt uns manchen Fund:
Erdbeeren wir uns suchen
Im Schatten hoher Buchen
Und laben Herz und Mund.

Der Sommer, der Sommer,
Der heißt uns lustig sein:
Wir winden Blumenkränze
Und halten Reigentänze
Beim Abendsonnenschein.

»Der Sommer« von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben



Der Sommer

Freitag, 24. Juni 2022

E.T.A. Hoffmann 200. Todestag

E.T.A. Hoffmann

E.T.A. Hoffmann starb vor 200 Jahren am 24. Juni 1822 in Berlin. E.T.A. Hoffmann ist einer der großen deutschen Dichter der Romantik und gilt er als Meister des Unheimlichen in der Literatur. Mit seinen bizarr-phantstischen Erzählungen schuf er eine neue Erzählform, deren übersinnliche Motive und groteske Züge auf die ganze Weltliteratur wirkten - von von Edgar Allen Poe bis zu Oscar Wilde.

Nach dem Gymnasium in Königsberg studierte er von 1792 bis 1795 Jura. Als Referendar arbeitete er 1796 in Glogau und 1798 in Berlin. Ab 1800 arbeitete er als Assessor in Posen, wurde strafversetzt nach Plozk in Polen.

1807 ging er nach Berlin zurück und verdiente seinen Lebensunterhalt von nun an als Musiker, Zeichner und Literat. Von 1808 bis 1813 war er Kapellmeister, Komponist und Musikkritiker in Bamberg und erlebte mit den ersten phantastischen Erzählungen seinen Durchbruch als Schriftsteller. Ab 1814 lebte er wieder in Berlin und war führendes Mitglied der "Serapionsbrüder", eines literarischen Zirkels, dem u.a. auch Clemens Brentano, Adelbert von Chamisso und Friedrich de la Motte Fouqué angehörten.

Er wollte eigentlich Komponist werden und galt als musikalisches Wunderkind. Zur Literatur kam er eher auf Umwegen. und Der junge Hoffmann hatte mit einundzwanzig Jahren bereits zwei umfangreiche Romane in der Schublade liegen.

Etwa 1805 zog er nach Berlin, wo sich seine Begabung als Musiker, Zeichner und Schriftsteller vollends entwickeln konnte. Ab 1814 war er wieder am Kammergericht in Berlin angestellt.

E.T.A. Hoffmann
E.T.A. Hoffmann gilt als "Dichter der entwurzelten Geistigkeit" und ein außergewöhnlichen Autor an der Schwelle zur Moderne. E.T.A. Hoffmann war auch Theaterkomponist. Musiklehrer. Zeichner. Kammergerichtsrat. Sein wahres Talent zeigt sich aber in der Dichtung. Er wuchs auf in der Blüte der Romantik: "Wir konstruieren die Welt aus den Formen unseres Geistes".

E.T.A. Hoffmann: Das Leben eines skeptischen Phantasten


E.T.A. Hoffmann: Das Leben eines skeptischen Phantasten


»Die Wochentage bin ich Jurist und höchstens etwas Musiker. Sonntags am Tage wird gezeichnet und abends bin ich ein sehr witziger Autor bis spät in die Nacht.« Diese Sätze soll E.T.A. Hoffmann einmal selbst über sein bewegtes, facettenreiches Leben das von 1776 bis 1822 andauerte, gesagt haben.



Auch Hoffmann wendete sich ab vom Rationalismus, dem bürgerlichen Alltag, fand Zuflucht in Phantasie und Wunder, irgendwo zwischen märchenhafter Gothic Novel "Der goldene Topf" (1814) und bizarren Phantasmata wie "Die Elixiere des Teufels" (1815). Es ist das Unheimliche, mit der seine phantastische Literatur einen Nerv der Zeit getroffen hat.

Sie prägen seine Erzählungen, machen ihn zum bis heute bekanntesten und einflussreichsten deutschsprachigen Erzähler des Phantastischen. "Grusel-Romancier" nennen ihn die Kritiker, "Klassiker der Schauerliteratur" die Fans.

Bekannt wurde E.T.A. Hoffmann durch seine phantastischen Märchenerzählungen. In seiner wohl unheimlichsten Erzählung, "Der Sandmann" aus Nachtstücke (1817) lässt Hoffmann die schöne, aber mechanische Olympia von einem Uhrwerk getrieben tanzen und singen - es ist eine der ersten Robotergeschichten der Science Fiction.

Der Jurist, Komponist und Dichter brachte es zu den größten Erfolgen und fragte sich, auf dem Höhepunkt seines Ruhmes angekommen, trotzdem, ob das wirklich alles gewesen sein sollte. Denn Hoffmann bemerkt bald, dass die Bewunderung, "die man ihm zollte, so dünn und kraftlos ist, wie der Tee, der bei diesen Geselligkeiten gereicht zu werden pflegt", schreibt Rüdiger Safranski in seiner eindrucksvollen Biographie, für die er dementsprechend auch den Untertitel »Das Leben eines skeptischen Phantasten« gewählt hat.

E.T.A. Hoffmann war ein skeptischer Phantast. Kaum ein anderer deutschsprachiger Autor vor Freud läßt so tief in die Abgründe des bürgerlichen Seelenlebens blicken. Seine Zeitgenossen nannten ihn "Gespenster Hoffmann". Das Fantastische, das seine Texte durchdringt, lag den Lesern im 19. Jahrhundert fern. Erst nach seinem Tod fanden Hoffmanns Bücher ein wachsendes Publikum sowie Musiker und Schriftsteller, die sich auf seine Motive bezogen.

Bei den etablierten Literaten fand die phantastische Literatur Hoffmanns jedoch wenig Anerkennung und der Autor wurde von ihnen als "Gespenter Hoffmann" abgetan.

Hoffmanns Liebe zur Gesangsschülerin Julia Mark mündete in der Leidenschaft beider in einer Katastrophe.

E.T.A. Hoffmann wurde am 24. Januar 1776 in Königsberg als Sohn eines Advokates geboren.


Biografie:

E.T.A. Hoffmann: Das Leben eines skeptischen Phantasten
E.T.A. Hoffmann: Das Leben eines skeptischen Phantasten
von Rüdiger Safranski


Literatur:

E.T.A. Hoffmann, Die Elixiere des Teufels. Lebensansichten des Katers Murr
E.T.A. Hoffmann, Die Elixiere des Teufels. Lebensansichten des Katers Murr
von E.T.A. Hoffmann

Das Fräulein von Scuderi
Das Fräulein von Scuderi
von E.T.A. Hoffmann

Der Sandmann
Der Sandmann
von E.T.A. Hoffmann

Der Sandmann
Der Sandmann
von E.T.A. Hoffmann

Weblink:

E.T.A. Hoffmann zum 200. Todestag: Moderne Zerrissenheit - www.tagesspiegel.de/kultur

Gerhard Roth 80. Geburtstag

Gerhard Roth

Gerhard Roth wurde am 24. Juni 1942 in Graz geboren. Gerhard Roth ist ein österreichischer Schriftsteller. Er hat zahlreiche Romane, Erzählungen, Essays und Theaterstücke veröffentlicht.

Gerhard Roth ist einer der bedeutendsten lebenden Schriftsteller nicht nur Österreichs, sondern der deutschsprachigen Literatur. Gerhard Roth zählt zu den vielseitigsten, produktivsten und eigenständigsten Autoren des Landes. Roth, bekannt für seine Romanzyklen, ist sein Platz in der Literaturgeschichte längst gewiss.

Gerhard Roth meldete sich als Erzähler, Dramatiker und Essayist immer wieder kritisch zur österreichischen Vergangenheit und politischen Gegenwart zu Wort. Ab 1978 arbeitete er an dem siebenbändigen Zyklus Die Archive des Schweigens, der in der Südsteiermark und in Wien angesiedelt ist, und den er 1991 abschloss.

Gefeiert für seine Romanzyklen »Die Archive des Schweigens« und »Orkus«, erhielt er 2016 den Großen Österreichischen Staatspreis. In seinem Werk erweist er sich als Tiefenpsychologe der politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Verhältnisse, seine Bücher sind Wurmlöcher in die Vergangenheit.


Eine melancholisch gestimmte und nicht selten düster ausstaffierte Gratwanderung zwischen Wahn und Sinn ist es, die das Werk des österreichischen Schriftstellers Gerhard Roth auszeichnet.

Das Erzählwerk des Grazers Gerhard Roth gilt als gewaltig. Im Mittelpunkt von Gerhard Roths Werk stehen Außenseiter und Ausgestossene. Dessen Anliegen, die Grenzen zwischen Normalität und Wahnsinn neu zu ziehen und Konzepte wie Fiktion, Realität, Werk und Urheberschaft zu hinterfragen, findet auch in diesem Band vom Autor in gewohnt wahnaffiner Weise verfolgt.

Gerhard Roth lebt als freier Schriftsteller in Wien und der Südsteiermark.

Literatur:


Die Hölle ist leer - die Teufel sind alle hier
von Gerhard Roth

Weblink:

Gerhard Roth: Die Hölle, das sind wir - news.ORF.at

Sonntag, 19. Juni 2022

Salman Rushdie 75. Geburtstag

Salman Rushdie

Salman Rushdie wurde vor 75 Jahren am 19. Juni 1947 in Bombay geboren. Salman Rushdie ist ein britisch-indischer Schriftsteller, der zu den bedeutendsten Vertretern der zeitgenössischen Literatur gehört. Seine Erzählungen reichert er mit Elementen aus der Märchenwelt an. Dieses Vermischen von Mythos und Fantasie mit dem realen Leben wird als "Magischer Realismus" bezeichnet. Rushdie gilt als das indische Pendant zu Gabriel García Márquez.

Der Schriftsteller schrieb mit Vernunft und Phantasie gegen religiöse Hetze. Mit seinem Roman »Mitternachtskinder« wurde er weltberühmt. Mit seinem 1988 erschienenen Roman »Die satanischen Verse« hatte er sich den Zorn vieler Muslime zugezogen, die sich in ihrem religiösen Empfinden verletzt fühlten.

Salman Rushdie

Im Februar 1989 verkündete der iranische Revolutionsführer Ayatollah Khomeini einen Mordaufruf ("Fatwa"), mit einer "Belohnung" von einer Million Dollar. Er beschuldigte den Schriftsteller, den Islam beleidigt zu haben. Anfang der 1990er Jahre tauchte Rushdie, der seit 1961 in England lebte, unter und führt seitdem ein Leben im Untergrund.




"Man wacht jeden Tag in einer anderen Welt auf."

Salman Rushdie

Neun Jahre verbarg sich Rushdie an ständig wechselnden Orten und trat in der Öffentlichkeit nur unter extremen Sicherheitsvorkehrungen oder als Überraschungsgast auf. Erst ab 2006 konnte er nach Jahren unfreilliger Emigration wieder ein "normales" Schriftstellerleben führen.

Seine Bücher erhielten renommierte internationale Auszeichnungen, u.a. den Booker Prize, und sind in zahlreiche Sprachen übersetzt. 1996 wurde ihm der Aristeion-Literaturpreis der EU für sein Gesamtwerk zuerkannt. 2008 schlug ihn die Queen zum Ritter.

Weblink:

Mit Vernunft und Fantasie gegen religiöse Hetze: Salman Rushdie - www.dw.de


Literatur:

Die satanischen Verse
Die satanischen Verse
von Salman Rushdie

Mitternachtskinder
Mitternachtskinder
von Salman Rushdie


Blog-Artikel:

Magischer Realismus in der Literatur

»Die satanischen Verse« vor 25 Jahren erschienen


Samstag, 18. Juni 2022

»Medea« von Euripides


Als Euripides im Jahr 431 v. Chr. seine Tragödie »Medea« schuf, bediente er sich eines Stoffs aus dem griechischen Mythos. Die Medea-Sage gehört seit der Antike zu den bekanntesten Stoffen der Weltliteratur. Die Handlung spielt in Theben.

Medea ist die zauberkundige Tochter des Königs Aietes von Kolchis an der Ostküste des Schwarzen Meeres. Dorthin fahren im Auftrag des Königs Pelias von Iolkos die Argonauten, eine Schar von Helden unter der Führung von Pelias’ Neffen Iason. Sie sollen das von Aietes gehütete Goldene Vlies erbeuten und nach Iolkos bringen. Aus Liebe verhilft Medea Iason zu dem Vlies und flieht mit den Argonauten. Sie heiratet Iason.

Nachdem Medea ihrem Geliebten Iason, dem sie bei der Jagd nach dem Goldenen Vlies mit ihren Zauberkräften zur Seite stand, nachgefolgt ist, begeht Iason aber den fatalen Ehebruch. Die gekränkte Ehefrau rast vor Wut und überlegt, wie sie sich an Iason rächen kann. Mit kühlem Kopf plant sie den Mord an seiner jungen Braut und an deren Vater König Kreon und schreckt selbst vor der Tötung ihrer eigenen Söhne nicht zurück.


Das Stück von Euripides ist eine Tragödie über eine Frau, deren Mann sie für eine andere verlässt, obwohl sie für ihn viel getan hat und die Mutter seiner zwei Söhne ist. Das Stück enthält nicht, wie manch andere antike Werke viele endlose Monologe, sondern besteht überwiegend aus kurzen, dynamischen Dialogen. Die Einheit von Ort und Zeit zusammen mit den Reflektionen und Erklärungen des Chors machen es gut verständlich.

Euripides zeichnet in seinem Stück, das vom Athener Publikum alles andere als begeistert aufgenommen wurde, das Psychogramm einer verletzten Frau, die dem klassischen weiblichen Rollenbild widerspricht. Medea verweigert den Kompromiß, von der eine Demokratie demokratische Gesellschaft lebt. Die Verweigerung führt in die Tragödie.

Statt ihr Leid passiv zu erdulden, rächt Medea sich auf grausame Weise und nimmt sogar eigenen Schmerz in Kauf. Sie erkennt das Unglück, das ihre Tat auslöst, doch ihre Leidenschaft ist stärker als jede rationale Überlegung. Die psychologische Vielschichtigkeit der Hauptfigur, ihre Intelligenz und Leidenschaft erklären, warum Medea seit jeher das Theaterpublikum fasziniert und viele Künstler zu eigenen Werken inspiriert hat.

Literatur:

Medea
Medea
von Euripides

Lew Kopelew 25. Todestag

Lew Kopelew

Lew Kopelew starb vor 20 Jahren am 18. Juni 1997 in Köln. Lew Kopelew war ein russischer Germanist, Schriftsteller und Humanist mit dem Werdegang eines Dissidenten. Er war ein Zeitzeuge des Jahrhunderts. Ab 1980 lebte er im unfreiwilligen Exil in Deutschland und wurde zu einer bedeutsamen Figur im bundesdeutschen Geistesleben. Der enge Freund Heinrich Bölls und Marion Gräfin Dönhoffs setzte sich unermüdlich für Verständnis und Aussöhnung zwischen Ost und West ein.

Seit Mitte der sechziger Jahre setzte er sich zunehmend für Andersdenkende wie Andrej Sacharow und Alexander Solschenizyn sowie für den Prager Frühling ein. Hierdurch geriet er in immer stärkere Opposition zu dem sich wieder verhärtenden Regime. Er verlor immer mehr den Glauben an den Kommunismus und wurde, als er gegen den Einmarsch anderer kommunistischer Länder in die Tschechoslowakei und die brutale Zerschlagung aller Reformerfolge protestierte, mit Parteiausschluss, Schreibverbot und dem Verlust seiner Stelle am Institut für Kunstgeschichte bestraft. Damit endeten für ihn die letzten Hoffnungen, die er in den Kommunismus gesetzt hatte.

Kopelew wollte in den Westen reisen, aber er wollte auf keinen Fall seine Heimat aufgeben und ins Exil gehen. Eine Einladung von Böll und Marion Gräfin Dönhoff zu einer Studienreise nach Deutschland, der ein langes diplomatisches Ringen um eine Rückkehr-Garantie vorausgegangen war, ließ Kopelew 1980 das Wagnis eingehen, mit seiner Frau ins Ausland zu reisen. Nachdem Kopelew sich zu Anfang des Jahres mit anderen Intellektuellen für Andrej Sacharow eingesetzt hatte, wurden ihm und seiner Frau überraschend im Oktober die Genehmigung zur Ausreise erteilt. Mitte November traf das Ehepaar in Köln ein.

Doch schon Anfang 1981 wurde die Auslandsreise zum Exil – man hatte das Ehepaar ausgebürgert. Nach einer Reise in die USA wurde Köln die neue Bleibe für das Ehepaar Kopelew-Orlowa. Raissa Orlowa hatte wesentlich größere Schwierigkeiten, sich in Deutschland einzugewöhnen, als ihr mit der deutschen Kultur aufs beste vertrauter Mann. Sie berichtet in einem Buch über das ihr nur langsam zur Gewohnheit werdende Leben in Deutschland. Kopelew wurde kurz nach Ankunft deutscher Staatsbürger.

Aufgrund der Perestroika Gorbatschows erhielt Kopelew 1989 die Erlaubnis, seine alte Heimatstadt Moskau zu seinem 77. Geburtstag zu besuchen. 1990 konnte er Russland ein zweites Mal besuchen. Er reiste durch das Land und besuchte alte Freunde, doch das Land war ihm inzwischen fremd geworden. Da seine Frau Raissa 1989 gestorben war, ging er schließlich wieder nach Köln zurück, um dort seine Arbeit zur Versöhnung der Völker fortzusetzen.

Am 18. Juni 1997 starb Lew Kopelew in Köln. Seine Urne wurde nach Moskau überführt, wo die Asche auf dem Donskoi-Friedhof neben seiner Frau Raissa Orlowa beigesetzt wurde.

Geboren wurde der Humanist und Weltbürger Lew Kopelew am 9. April 1912 in Kiew.

Literatur:

Lew Kopelew: Humanist und Weltbürger
Lew Kopelew: Humanist und Weltbürger
von Reinhard Meier


Aufbewahren für alle Zeit!
von Lew Kopelew und Heinrich Böll

»Die Kartause von Parma« von Henri Stendhal


Der 1839 Roman »Die Kartause von Parma« von Henri Stendhal - eigentlich Marie-Henry Beyle (1783-1842) - gilt als einer der ersten Werke des literarischen Realismus enthält aber freilich noch sehr starke Elemente der älteren romantischen Literaturrichtung.

Die Handlung spielt im wesentlichen im Oberitalien nach 1814/15 wo gerade die alte politische Ordnung vor 1789 bzw. 1796 ein letztes Mal restauriert wurde und dreht sich um die Abenteuer des Helden Fabrizio del Dongo, einem jungen Adligen aus einem alten lombardischen Adelsgeschlecht, der aufgrund seiner napoleonischen Gesinnung (Teilnahme an Napoleons letzter Schlacht bei Waterloo) aus dem wieder österreichisch gewordenen Mailänder Territorium, arrangiert von seiner liebreizenden Tante der Duchessa Sanseverina, nach dem ebenfalls restaurierten Herzogtum Parma, das der Hauptschauplatz des Romans werden soll, überwechseln muss.

Dort herrscht der wieder ans Ruder gekommene Herzog Ernesto IV. aus dem Hause Farnese (das in Wirklichkeit bereits 1731 ausgestorbenen war und durch eine bourbonische und ab 1814/15 einen habsburgische Sekundogenitur ersetzt wurde) und sein Premierminister Graf Mosca nach dem absolutistischen Vorbild Ludwig XIV.

Schließlich wird Fabrizio infolge einer höfischen Intrige der Gegenpartei Graf Moscas und der Sanseverina und der Rachsucht des Herzogs, nachdem er einen Totschlag aus Notwehr begangen hat, wegen Mordes zu einer mehrjährigen Festungshaft verurteilt, die er nachdem er schließlich gefasst wird auch antreten muss. Ausgerechnet in der Zitadelle von Parma trifft der Frauenheld Fabrizio (obwohl er eine geistliche Laufbahn eingeschlagen hat!) auf seine erste wirkliche Liebe in Person Clelia, der Tochter des Festungskommandeurs Graf Conti.


Es ist die Zeit um die Schlacht bei Waterloo, als sich Fabrizio del Dongo, ein junger italienischer Adliger (verkleidet und in cognito) aufmacht, um seinem Idol, Napoleon irgendwo irgendwie zu begegnen.
Daß dies nicht ohne Gefahr für ihn geschehen kann, dafür bürgt die damalige Zeit, als nämlich Österreich anno dazumal noch emsig das Zügel in Norditalien führte und wie.

Unser junger Held erreicht aber seinen angestrebten Ort, kann fast als Mitspieler dieser gewaltigen Schlacht fungieren, verliebt sich mehrmals (auch in seine schöne Tante Gina, wie auch umgekehrt), kommt aus allem irgendwie ganz gut raus und beginnt nun in der Heimat Italien ein neues Leben als Cavalier der alten Schule einer langsam sterbenden Epoche, in der auch Casanova seine Zeit hatte. Er wird also, um es kurz zu machen, kirchlicher Würdenträger wie sein Uhrahn vorzeiten.

Wieder Liebe und Gegenliebe, wieder Tragisches, daß es nur so knistert und nebenher werden einem Intrigen, Politisches und dergleichen nahegebracht, daß es eine Wonne ist.

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Insgesamt ist der Roman ein typischer Vertreter der Literatur seiner Zeit und strotzt nur so von typischen romantisch-fantastischen Stilelementen wie schmachtender wahrer Liebe, amurösen Liebesintermezzi, höfischen Intrigen, nächtlichen Verschwörungen, Duellen, Giftkomplotten und Gefängnisausbrüchen, weist aber zugleich auch schon realistische Elemente im Handlungsverlauf, allen voran in der Schilderung der Teilnahme Fabrizios an der Schlacht von Waterloo die Tolstoi als Vorbild seiner Schlachtdarstellungen insbesondere in "Krieg und Frieden" als Vorbild gereichte.

Schlüsselemente seiner Handlung hat Stendhal aus tatsächlichen Vorkommnissen des Italiens des 15. und 16. Jahrhunderts geschickt in seinen Roman eingeflochten. Als Spiegelbild eines typischen kleinen Fürstenhofs nach 1815 würde ich den Roman freilich nicht sehen wollen, eher als überspitzte Karikatur auf die Fürstenherrlichkeit in Italien und auch im Deutschland früherer Jahrhunderte bis zur französischen Revolution, wenngleich es auch nach 1815 noch kleine Fürsten gab die glaubten die Narrenfreiheit innezuhaben.

Wer einen langen Atem hat und bei Regen oder Sonnenschein genug Zeit mitbringt, wird hier aufs Köstlichste unterhalten.
Dieses Werk ist ein ganz großer Roman mit Bildungspotential.


Literatur:

Die Kartause von Parma. Vollständige Ausgabe
Die Kartause von Parma
von Henri Stendhal

»Hamlet« von William Shakespeare

William Shakespeare

Shakespeares »Hamlet« gilt als Höhepunkt seines dramatischen Schaffens. Das 1600 / 1601 entstandene und 1602 uraufgeführte Werk ist ein zeitloses Drama umd Liebe, Rachsucht, Tod und Vergänglichkeit.

Dänemark nach dem Machtwechsel: Der alte König ist tot, die Todesumstände vage und die Witwe eilends wieder verheiratet – mit ihrem Schwager. Dessen Führungsqualitäten braucht das krisengeschüttelte Land. Denn äußere Feinde bedrohen es ebenso, wie es von innen heraus fault.

Zur Trauerfeier vom Studium aus England heimgekehrt, gerät Prinz Hamlet in den Strudel politischen Umbruchs und gleichzeitig in einen tiefen inneren Konflikt. Der Geist des Vaters bezichtigt seinen Nachfolger des Mordes und fordert Rache. Im Netz von Spitzeln, die der neue Herrscher um sich schart, scheint für Hamlet überall Gefahr zu lauern. Vonseiten alter Freunde wie von seiner geliebten Ophelia.

Alles nur Wahn? Fremd geworden im eigenen Land, entwurzelt, der eigenen Sinne nicht mehr sicher, wird Hamlet zum Beobachter seiner selbst und einer Gesellschaft, zu der er nicht mehr gehört. Kann er handeln – muss er gar? Und zu was führt eine mögliche Aktion? Hamlet tut lange gar nichts, um schließlich seine ganze aus den Fugen geratene Welt in den Abgrund zu reißen – auf dass eine bessere entstehe?

Kaum ein Stück, das den Menschen und die Welt tiefgreifender, schonungsloser erforscht. Der Rest ist Schweigen.

»Ivanow« von Anton Tschechow


»Ivanov« ist ein Drama in vier Akten des russischen Dramatikers Anton Tschechow, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf einem Landgut spielt.

Der Gutsbesitzer Ivanow ist mit 35 Jahren bereits von Leben erschöpft, dabei war er als Mann einmal erfolgreich. Er geht an sich selbst zugrunde. Zudem ist seine Frau ernsthaft erkrankt.

Kaum geht die Sonne unter, fällt die Schwermut ihn an. Ivanow leidet an Selbstüberdrss seiner eigenen Figur. Er lebt in einer leer und erstarrten Gesellschaft.


Der Zeithintergrund
Ivanow ist ein Seismograph seiner Zeit, der sich selbst verloren hat.

Literatur:


Ivanov. Drama in vier Akten
von Anton Tschechow


Ivanov. Drama in vier Akten
von Anton Tschechow

An Fantasy-Literatur scheiden sich die Geister

Es gibt so etwas wie Gesetze für die phantastische literarische Produktion:
Der Traum des Novalis von einer Verbindung von Mythos und Fabel, die als das Grundprinzip aller, auch der seichtesten Fantasy-Literatur gelten darf.

Ein weiteres Gesetz für phantastische literarische Produktion: je solider die Phantasie-Erfindung im Boden der historischen und psychologischen Realität verwurzelt ist, desto blühender wird sie wirken. Das Faszinierendste, was es gibt, ist Leben und Leben kann nicht erfunden werden.

An der Fantasy-Literatur scheiden sich die Geister der Leser. Gerade die Freunde der großen Mythen, des Mahabaratha und der Artus-Sagen, des Argonautenzuges und des heiligen Grals empfinden die Mythenmixturen der Fantasy-Romane oft als allzu unverbindlich und beliebig, die Entwicklungen vorhersehbar und die aus soviel Geschichtspartikeln konstruierte Geschichtslosigkeit spannungslos.

Es waren eine Art Fantasy-Romane, in die Endlosschleife einer Computer-Spiel-Ästhetik gewundene Gralsritter-Derivate, die den unschätzbaren Don Quixote den Verstand kosteten. Der Roman ist ein wahres Königtum des phantasievollen Einfallsreichtums.

In neuerer Zeit verbindet sich in solchen Erzählungen gern ein Prinz-Eisenherz-Mittelalter mit ort- und zeitloser Raumschiff-Science-Fiction, die Wunderwaffen der Feen komplettieren futuristisch technoide Auslöschungsmaschinen. Aber dieser Befund darf nicht davon ablenken, dass es gerade im Deutschen große und größte Literatur gibt, die sehr wohl mit den Kriterien der Fantasy-Literatur erfasst werden könnte.

Als Goethe im zweiten Teil des „Faust“ in einem überzeitlichen Griechenland Helena und Faust in ebender Kreuzritterburg Hochzeit halten ließ, die einst tatsächlich auf dem Boden des antiken Sparta errichtet worden war, da erfüllte er den Traum des Novalis von einer Verbindung von Mythos und Fabel, die als das Grundprinzip aller, auch der seichtesten Fantasy-Literatur gelten darf.

Ein weiteres Gesetz für phantastische literarische Produktion wird hier sichtbar: je solider die Phantasieerfindung im Boden der historischen und psychologischen Realität verwurzelt ist, desto blühender wird sie wirken. Das Faszinierendste, was es gibt, ist Leben und Leben kann nicht erfunden werden.

Karl Kraus und die Sprache

Karl Kraus war überzeugt, dass sich in jeder kleinsten Unstimmigkeit, die scheinbar eine höchstens lokal und zeitlich begrenzte Bedeutung hat, die großen Übel der Welt und der Epoche offenbaren. So konnte er in einem fehlenden Beistrich ein Symptom für jenen Zustand der Welt erblicken, der einen Weltkrieg erst möglich mache. Eines der Hauptanliegen seiner Schriften war es, mittels solcher kleiner Missstände auf die großen Übel aufmerksam zu machen.

Wichtigster Indikator für die Missstände in der Welt war für ihn die Sprache. In dem nachlässigen Umgang seiner Zeitgenossen mit der Sprache sah er ein Zeichen für den nachlässigen Umgang mit der Welt im Allgemeinen. So konnte Ernst Křenek über Karl Kraus die folgende für ihn typische Äußerung berichten: „Als man sich gerade über die Beschießung von Shanghai durch die Japaner erregte und ich Karl Kraus bei einem der berühmten Beistrich-Probleme antraf, sagte er ungefähr: Ich weiß, daß das alles sinnlos ist, wenn das Haus in Brand steht. Aber solange das irgend möglich ist, muß ich das machen, denn hätten die Leute, die dazu verpflichtet sind, immer darauf geachtet, daß die Beistriche am richtigen Platz stehen, so würde Shanghai nicht brennen.“

Er warf den Menschen seiner Zeit – und unter ihnen nicht zuletzt den Journalisten und Schriftstellern – vor, die Sprache als Mittel zu gebrauchen, das man zu „beherrschen“ glaubt, anstatt sie als Zweck zu sehen und ihr zu „dienen“. Für Kraus ist Sprache kein Mittel, um vorgefertigte Meinungen an den Mann zu bringen, sondern das Medium des Denkens selbst und als solches der kritischen Reflexion bedürftig. Ein wesentliches Anliegen Karl Kraus’ war es darum, in einer „durch und durch journalisierten Zeit, der der Geist zur Information dient und die taube Ohren hat für den Einklang von Inhalt und Form“ seine Leser zu „entjournalisieren“ und zu einem „Verständnis für die Angelegenheit der deutschen Sprache zu erziehen, zu jener Höhe, auf der man das geschriebene Wort als die naturnotwendige Verkörperung des Gedankens und nicht bloß als die gesellschaftspflichtige Hülle der Meinung begreift“.

Wie weit die Sprache seiner Zeitgenossen sich vom Gedanken und von der Vorstellung des Gesprochenen entfernt hat, wird in den sinnentleerten Phrasen offenbar, deren Metaphorik aus längst vergangenen Zeiten stammt – wenn etwa im April 1914 in der Fackel zitiert wird: „‚Der Autor ist entschieden ein gründlicher Kenner internationaler Marineverhältnisse und hat in unterschiedlichen Broschüren manche Lanze für die Verstärkung der Seemacht unseres Vaterlandes gebrochen.‘ Wiewohl solche nicht einmal mehr zu Lande verwendet werden.“

Die Sprache lasse sich nicht völlig vom Menschen in den Dienst seiner Absichten stellen, sondern zeige noch in ihrer verstümmeltsten Form die wahren Zustände in der Welt auf. So wiesen beispielsweise die Kriegsgewinnler unbewusst auf das grausame Schlachten während des Krieges hin, wenn sie den Krieg als „Mordshetz“ (österreichisch: großer Spaß) bezeichneten.

Diese Fixierung auf die „richtige Sprache“ wurde von vielen Zeitgenossen zumindest als schrullig und oberflächlich angesehen. Indem er in der Presse und der „literarischen Unterwelt“ den Hauptfeind ausmachte, blieben andere gesellschaftliche und kulturelle Felder bei ihm unscharf, was sich auch in seiner schwankenden politischen Haltung (zeitweise sympathisierte er mit der Sozialdemokratie, zeitweise mit dem Erzherzog Franz Ferdinand) ausdrückt. Albert Fuchs – ursprünglich ein Verehrer Kraus’ – brachte es folgendermaßen auf den Punkt: Sie [Karl Kraus’ Philosophie] forderte, dass ich anständiges Deutsch redete. Sonst forderte sie nichts.

Wortspiele mit und über Namen beherrschte Karl Kraus meisterlich. Die Inhaftierung des betrügerischen Bankiers Reitze glossierte er wie folgt: „Die Strafanstalt Stein entbehrt nicht eines gewissen Reitzes“. In seinen früheren Jahren umwarb er die junge Schauspielerin Elfriede Schopf, die sich allerdings in den festen Händen des Burgtheaterhelden Adolf von Sonnenthal befand. Die Nachricht von dessen plötzlichem Tod entlockte ihm den Ausruf: „Jetzt müsste man die Schopf bei der Gelegenheit packen!“. Die manchmal nicht leicht verständlichen Verlautbarungen kommunistischer Parteien kommentierte er als „Moskauderwelsch“

Sankt Petersburg - eine Stadt der Literatur









St. Petersburg

Sankt Petersburg liegt im Nordwesten des Landes an der Mündung der Newa in die Newabucht am Ostende des Finnischen Meerbusens und ist die nördlichste Millionenstadt der Welt. Die Stadt wurde 1703 von Peter dem Großen auf Sumpfgelände nahe dem Meer gegründet, um den Anspruch Russlands auf Zugang zur Ostsee durchzusetzen. Über 200 Jahre lang trug sie den heutigen Namen, von 1914 bis 1924 hieß sie Petrograd (Петроград), und sie wurde von 1924 bis 1991 zu Ehren von Lenin, dem Gründer der Sowjetunion, Leningrad genannt.

Die Stadt an der Newa versprüht den imperialen Glanz des Zarenreiches. Die historische Innenstadt mit 2.300 Palästen, Prunkbauten und Schlössern ist seit 1991 als Weltkulturerbe der UNESCO. In dieser Vielfalt ist St. Petersburg weltweit nur noch mit der Lagunenstadt Venedig vergleichbar. »Venedig des Nordens« wird die Stadt daher auch genannt.

Sankt Petersburg ist eine Stadt der Literatur - eine Stadt in der Literatur geschrieben wurde. Der gebürtige Petersburger Vladimir Nabokov kehrt in seinen Büchern immer wieder an den Ort seiner Kindheit zurück. Anna Achmatowa, Marina Zwetajewa, Ossip Mandelstam, Welimir Chlebnikow, Sergei Jessenin und Joseph Brodsky verewigten die Stadt durch ihre Lyrik.

Ebenso wie als Stadt der Literatur erschien die Stadt immer als eine der verfolgten Literatur. Bereits Dostojewski und Puschkin wurden vom Zar verfolgt, nach der Oktoberrevolution wurden zahlreiche Literaten ermordet, bekamen Berufsverbot oder sie wanderten aus, sofern es ihnen möglich war. Ossip Mandelstam bemerkte: „Kein anderes Land nimmt Poesie so wichtig wie Russland, nirgendwo sonst werden ihretwegen so viele Menschen umgebracht.“