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Freitag, 30. Mai 2014

»Die Legende vom heiligen Trinker« von Joseph Roth

Die Legende vom heiligen Trinker


Als »eine der schönsten Legenden, die im 20. Jahrhundert gedichtet wurde« (Marcel Reich-Ranicki) hinterließ Roth »Die Legende vom heiligen Trinker«, die kurz vor seinem Tod entstand. Joseph Roth verwebt Realität und Fiktion in einer märchenhaft erzählten Novelle. Joseph Roth hat eine wunderbare Parabel geschrieben, die seinem eigenen Leben wunderbar vorweg greifen sollte.

In dieser Erzählung wird der dem Alkohol verfallene Clochard Andreas von einem Unbekannten mit 200 Francs beschenkt. Die soll er, falls es ihm eines Tages möglich sei, in einer bestimmten Kapelle zugunsten der Heiligen Therese von Lisieux hinterlegen. Andreas geht von seinem unerwarteten Reichtum gut essen, wäscht sich, lässt sich rasieren und besucht ein Café. Dort spricht ihn ein Herr an, der seine schäbige Kleidung bemerkt und bietet ihm einen Job als Möbelpacker an. Als Lohn werden 200 Francs vereinbart.

Andreas führt die vereinbarte Arbeit gewissenhaft aus und erwirbt, weil er sich bereits einer neuen Klasse zugehörig fühlt, eine lederne Brieftasche. Am nächsten Sonntag geht er zu der Kapelle, um einen Teil seiner Schuld zu zahlen, versackt jedoch in einer Eckkneipe. Dort trifft er auf Karoline, eine verflossene Liebe. In einem Nebel von Hochprozentigem erinnert er sich, wie er vor vielen Jahren aus dem polnischen Schlesien nach Paris kam, da man in Frankreich Kohlenarbeiter suchte.

Er hatte bei Landsleuten logiert. Dabei verliebte er sich in die damals verheiratete Karoline, und als ihr Mann sie eines Tages zu Tode schlagen will, schlägt er den Mann tot. Dafür saß er zwei Jahre im Gefängnis, dann folgte sein Absturz in den Alkohol, der ihn bis unter die Brücken von Paris führte. Als ihm in der Nacht die Heilige Therese im Traum erscheint und an seine Schuld erinnert, verlässt er Karoline.

In der Reihe der Wunder, die Andreas widerfährt, entdeckt er plötzlich einen Tausend-Francs-Schein in der frisch erworbenen Brieftasche. Er wechselt sie in einem Tabac und sieht dort das Foto eines ihm bekannten Landsmanns, der inzwischen zum Fußballstar avancierte. Er spürt diesen alten Kumpel auf, wird herzlich von ihm in die Arme geschlossen, mit frischer Kleidung beschenkt und zum Essen geladen.

Am Sonntag geht Andreas wieder Richtung Kirche, um der Heiligen Therese ihr Geld zu erstatten. Doch dort trifft er auf einen weiteren Freund aus der Vergangenheit, Woitech, dem er sein gesamtes Geld schenkt, um ihm aus einer angeblichen Not zu helfen. Und wieder fließt Alkohol in Strömen.

Nun kreuzt erneut jener Herr seinen Weg, der ihm die ersten 200 Francs geschenkt hat, und der Mann schenkt ihm erneut Geld. Das verzehrt Andreas in einer Bar. Am Sonntag geht er wieder voll guter Vorsätze zu der Kapelle. Ein Polizist spricht ihn unterwegs an und überreicht ihm eine fremde Brieftasche, die er angeblich verloren habe. Darin liegen 200 Francs.

Ein Kumpel verleitet ihn jedoch erneut zum Saufen, bevor Andreas die Kirche betreten kann. An der Theke kippt er plötzlich um und wird in die gegenüber liegende Sakristei geschleppt, wo er mit einer Bewegung, als wollte er in die linke innere Rocktasche greifen und seine Schulden zahlen, einen letzten Seufzer tut und stirbt.

Und in dem Moment, da er das Geld vermeintlich abliefern soll, wie dem Herren vor der Kirche versprochen, da trifft ihn der Schlag und er fällt tot um. Unter diesen Aspekten ist der Titel "Die Legende vom heiligen Trinker" sehr treffend, denn Andreas haucht sein Lebenslicht in der Sakristei aus.

»Es gibt Dinge, die muss man vergessen. Sie sind zu schön, um wirklich zu sein.«

Joseph Roth »Die Legende vom heiligen Trinker«


Jospeh Roth ein modernes Märchen geschrieben. Mit dieser wunderschönen, märchenhaft geschriebenen Novelle setzt sich Roth mit seiner eigenen Trunksucht auseinander und macht dabei immer wieder die Ehrenhaftigkeit deutlich, die ihn sein gesamtes Leben auszeichnete. Bei Joseph Roths letztem Werk handelt es sich auch um eine Selbstreflektion der eigenen Alkoholprobleme und die Selbsterkenntnis der eigenen Unverbesserbarkeit.

Joseph Roths Novelle überzeugt durch klare Prosa und erinnert ein wenig an die Geschichte von "Hans im Glück". Der aufgrund glücklicher Fügungen mögliche soziale Aufstieg des Hauptprotagonisten wird aber letztlich durch dessen Trunksucht vereitelt.


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Die Legende vom heiligen Trinker


Die Legende vom heiligen Trinker von Joseph Roth

Dienstag, 27. Mai 2014

Sartres »Geschlossene Gesellschaft« uraufgeführt

 Jean-Paul Sartre

Sartres Drama »Geschlossene Gesellschaft« wurde am 27. Mai 1944 im Pariser »Théâtre du Vieux-Colombier« uraufgeführt. »Geschlossene Gesellschaft« ist ein modernes Drama des französischen Schriftstellers und Philosophen Jean-Paul Sartre.

Schauplatz des existenzialistischen Stückes ist der Salon eines fünftrangigen Hotels, verwohnt, ohne Fenster und Tageslicht. Es wird schnell deutlich, dass dies der Ort der Verdammten ist. Die Verstorbenen machen sich ihr totes Leben gegenseitig zur Qual.

Drei Personen, die im Leben einander nie begegnet sind, werden von einem geheimnisvollen Diener in einen geschlossenen Raum geführt. Sie werden in eine klaustrophobische Zimmerhölle gesperrt: ein Deserteur, eine Lesbe und eine schwindsüchtige Kindsmörderin. Dort werden sie nach ihrem Tod für alle Ewigkeit in einem Hotelzimmer zusammensein.

"Jeder von uns ist sein eigener Teufel,
und wir machen uns diese Welt zu Hölle."
Gegenseitig berauben sie sich aller ihrer Illusionen, denn "Die Hölle, das sind die anderen". Der Einakter wurde in den 1950er Jahren zum Schlüsselstück des Existenzialismus.

"Wenn meine Beziehungen schlecht sind, begebe ich mich in die totale Abhängigkeit von anderen. Und dann bin ich tatsächlich in der Hölle. Und es gibt eine Menge Leute auf der Welt, die in der Hölle sind, weil sie zu sehr vom Urteil anderer abhängen."
Das Drama »Geschlossene Gesellschaft« hat Sartre parallel zu seinem Hauptwerk »Das Sein und das Nichts« verfasst und stellt unter anderem eine praktische Umsetzung seiner Philosophie dar.
In der Kernaussage des Dramas übersetzt Sartre ein religiöses Motiv in die existentialistische Analyse der menschlichen Situation, deren grundsätzliche Ausweglosigkeit sich unter dem Blickpunkt der Ewigkeit erschließen soll.

Die dramatische Analyse der menschlichen Beziehungen unter diesen Bedingungen zeigt deren Hoffnungslosigkeit: Liebe, Sexualität und Anerkennung als grundlegende Motive der zwischenmenschlichen Bemühung sind zum Scheitern verurteilt.

Sartre zeigt in seinem Drama, in aufschlussreicher Weise, das wahre Wesen des Menschen. Nicht das Herdentier wird beschrieben sondern der Mensch der an der erzwungenen Gesellschaft mit unbekannten zu Grunde geht.

Weblink:

Geschlossene Gesellschaft
Geschlossene Gesellschaft
von Jean-Paul Sartre

Montag, 26. Mai 2014

"Mein Kampf" von George Tabori

<center><img title="Mein Kampf von George Tabori" src="https://encrypted-tbn3.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcRK2tkUBsKtOZm6i8OPs-mYU9_dmS3D9V4_zTTLE1ViATO6y21_IV1gPEGhOw" width="149" height="134" alt="Mein Kampf von George Tabori"/></center>

"Mein Kampf" von George Tabori ist ein in Form einer Groteske im Jahr 1987 inszeniertes Theaterstück von George Tabori, das die "Wiener Jahre" Adolf Hitlers als Bewohner eines Männerwohnheims in der Hauptstadt Österreich-Ungarns vor dem Ersten Weltkrieg zum Thema hat.

George Tabori, in dessen Theaterstücken sich immer wieder die unmöglichsten Begegnungen ereignen, läßt in seiner Farce "Mein Kampf" den fliegenden Buchhändler Schlomo Herzl auf einen jungen Mann aus Braunau am Inn namens Adolf Hitler treffen.

In einem Wiener Männer-Asyl begegnen sie sich und sie teilen sich in den kalten Winternächten einen Mantel. Schlomo mag den jungen Hitler, aber seine Liebe und sein Geschichtenerzählen werden diesen gescheiterten Kunststudenten nicht von einer Weltkarriere als Würgeengel abhalten können.

In Taboris Stück wird die Entwicklung Hitlers vom erfolglosen und unbedarften Aspiranten eines Kunststudiums zum antisemitischen Demagogen und späteren despotisch herrschenden Diktator in einer zugespitzt-sarkastischen Weise interpretiert.

George Tabori nannte sein 1987 am Burgtheater uraufgeführtes Stück "einen theologischen Schwank" in dem sich Witz und Tiefsinn, Poesie und Melancholie, grauenhafte Realität und brüllende Komik so leichthin mischen, wie es nur Tabori vermochte.

Tabori führte Regie bei der Uraufführung des Stückes am 5. Mai 1987 im Akademietheater des Wiener Burgtheaters.

<!-- "Mein Kampf" ist eines der schönsten Stücke von George Tabori. -->

Samstag, 24. Mai 2014

George Tabori 100. Geburtstag (II)

George Tabori

George Tabori wurde vor 100 Jahren am 24. Mai 1914 als György Tábori in Budapest geboren. Tabori war ein Schriftsteller, Drehbuchautor, Übersetzer, Dramatiker und Theaterregisseur ungarischer Herkunft. Er war schon Lebzeiten eine Legende. Als Schauspieler, Dramatiker und Theaterregisseur jüdischer Herkunft hat er das Theater des 20. Jahrhunderts in entscheidendem Maße geprägt. Den Begriff „Regisseur“ lehnte er für sich als zu autoritär ab und bezeichnete sich stattdessen ihm gemäß als „Spielmacher“.

In seinen Theaterstücken setzte er dem Grauen von Rassismus und Massenmord schwarzen Humor und absurde Komik entgegen. George Tabori emigrierte als Zwanzigjähriger nach London, wo er als Schriftsteller debütierte. In den USA arbeitete er als Drehbuchautor unter anderem für Alfred Hitchcock und mit Bertolt Brecht zusammen.

1971 kehrte er nach Mitteleuropa zurück, wo er Inszenierungen an zahlreichen renommierten Bühnen aufführte. Ab 1986 in Wien erreichte er mit der »Der Kreis« am Burgtheater und seit 1999 in Berlin beim »Berliner Ensemble« den Höhepunkt seiner Theaterkunst. Viele Theaterfreunde schätzten den in seinen letzten Jahren „dienstältesten Theatermacher der Welt“ als den inoffiziellen „Theaterkönig“.

"'Mensch' ist mein liebstes Wort in der deutschen Sprache", hat George Tabori einmal gesagt. Die deutschen Verbrechen gegen die Menschheit überlebte der vor 100 Jahren geborene Autor, Regisseur und Schauspieler in Großbritannien. Seit den späten Sechzigern brachte er den Holocaust auf seine ganz eigene Art ins deutschsprachige Theater: brutal komisch, politisch völlig unkorrekt und mit "jüdischer Witz" nur notdürftig umschrieben.

Noch bis kurz vor seinem Tod 2007 war er »Berliner Ensemble« tätig. Der große „Spielmacher“ George Tabori starb am 23. Juli 2007 in Berlin.

George Tabori zum 100. Geburtstag

George Tabori

George Tabori wurde vor 100 Jahren am 24. Mai 1914 als György Tábori in Budapest geboren. Tabori war ein Schriftsteller, Drehbuchautor, Übersetzer, Dramatiker und Theaterregisseur ungarischer Herkunft. Er war schon Lebzeiten eine Legende. Als Schauspieler, Dramatiker und Theaterregisseur jüdischer Herkunft hat er das Theater des 20. Jahrhunderts in entscheidendem Maße geprägt, wie auch dieses Jahrhundert ihn geprägt hat. Den Begriff „Regisseur“ lehnte er für sich als zu autoritär ab und bezeichnete sich stattdessen als „Spielmacher“.



Nach dem Besuch eines Budapester Gymnasiums hatte sich George Tabori eine Zeit als Kellner in Berlin verdingt. 1933 kehrte er nach Budapest zurück, studierte, bis er 1936 nach London emmigrierte. Seit 1945 war Tabori britischer Staatsbürger.

In London arbeitete er als Journalist und Übersetzer. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ging er als Auslandskorrespondent nach Bulgarien, dann in die Türkei. 1941 bis 1943 leistete er als Intelligence Officer Kriegsdienst in der britischen Armee. Als Leutnant war er in Palästina stationiert. 1943 kehrte er nach London zurück, schrieb für die BBC und unternahm erste schriftstellerische Versuche.

1947 emigrierte Tabori in die USA und traf hier mit berühmten Zeitgenossen wie Thomas Mann, Lion Feuchtwanger und Bert Brecht zusammen. In Hollywood machte er sich als Drehbuchautor einen außerordentlich geachteten Namen. So schrieb er für Alfred Hitchcock, Anthony Asquith, Anatol Litvak und Joseph Losey.

Über die Begegnung mit Brecht, von dem er drei Stücke ins Englische übersetzte, entdeckte Tabori das Theater und er begann, selber Stücke zu schreiben. Sein erstes Theaterstück "Flight into Egypt" wurde 1952 von Elia Kazan am Broadway uraufgeführt. Das ironische Melodram über eine österreichische Familie, die versucht, in die Vereinigten Staaten zu emigrieren, erwies sich allerdings als Flop. 1956 stellte Tabori mit Strindbergs "Fräulein Julie" seine erste Inszenierung mit seiner Frau Viveca Lindfors in der Titelrolle vor. Auch nicht gerade ein Publikumsmagnet.

Anschließend schrieb er für das Londoner Aldwych-Theatre "Brouhaha" und inszenierte für das New Yorker Theater De Lys "Brecht on Brecht". Anfang der sechziger Jahre kam Tabori in Kontakt mit dem Free Southern Theatre in New Orleans und erlebte erstmals eine spezifische, fast therapeutische Gruppenarbeit mit einem Ensemble im Theater. 1966 gründete er zusammen mit seiner Frau Viveca Lindfors die Gruppe The Strolling Players, mit der er verschiedene Tourneen unternahm.

1968 kam Tabori nach Deutschland und inszenierte am Berliner Schiller-Theater sein Auschwitz-Stück "The Cannibals". Es sollte ihn berühmt machen. Seither arbeitet er vorwiegend im deutschsprachigen Raum. Zunächst führte Tabori, der sich in seinen eigenen Stücken oder Stückbearbeitungen bevorzugt mit der Geschichte der Deutschen und der Juden auseinandersetzt, an wechselnden Orten Regie und wollte mit kleinen Schauspielergruppen sein "menschlicheres" Theater verwirklichen.

So brachte er 1971 die deutsche Erstaufführung seines Anti-Vietnam-Stücks "Pinkville" in Berlin mit Schauspielern der Abschlussklasse der Max-Reinhardt-Schule heraus. Als Dramatiker, Schauspieler und Regisseur avancierte Tabori in den folgenden Jahren zur "lebenden Theaterlegende". "Seine Arbeiten", so die Süddeutsche Zeitung 1991, "sind Versuche, die Magie des Theaters und das Grauen des Lebens zu beschwören, wundersame Gratwanderungen zwischen Schmerz und Scherz."

Sei 1975 arbeitete Tabori am Bremer Theater und gründete dort 1976 das Bremer Theaterlabor. Mit dieser von ihm geleiteten Gruppe brachte er unter anderem "Sigmunds Freude" heraus, ferner "Talk Show", eine tiefschwarze Satire über das Sterben, Kafkas "Hungerkünstler" in einer sehr freien Dramatisierung sowie einen viel beachteten "Hamlet" (in der Übersetzung von Heiner Müller).

In der Zeit zwischen 1978 und 1981 war Tabori vor allem an den Münchner Kammerspielen tätig. 1978 stellte er hier "Improvisationen über Shakespeares Shylock" und 1980 eine Szenenfolge nach Enzensbergers "Titanic-Poem" vor. Mit solchen und anderen Produktionen gelang Tabori nach Kritikermeinung die "gültige Alternative zum experimentellen wie zum konventionellen Theater in Deutschland".

Viel Aufsehen erregte die Uraufführung von "My Mother's Courage", in dem Tabori die Geschichte seiner Mutter erzählt, im Mai 1979 in einem Proberaum der Münchner Kammerspiele. Hanna Schygulla spielte die Hauptrolle. Michael Verhoeven verfilmte die zugrundeliegende Erzählung 1996 mit Tabori in einer der Hauptrollen. 1980 inszenierte Tabori in der Manege des Münchner Circus Atlas mit seiner Truppe und zahlreichen Mitgliedern der Zirkusfamilie Frank einen Beckett-Abend, den er 1981 in Bochum mit einem "Beckett-Abend 2" fortsetzte. Im gleichen Jahr drehte er für das ZDF seinen ersten Spielfilm, die Satire "Frohes Fest", die den Großen Preis der Internationalen Filmwoche in Mannheim gewann.

Von 1987 bis zum Ende der Spielzeit 1989/90 leitete Tabori das Wiener Theater "Der Kreis". Dieses Schauspielhaus in der Porzellangasse wurde nach seinen Vorstellungen als "actors' studio" umgebaut.

Im Juli 1987 sorgte Tabori für einen hanfesten Theaterskandal, als er in der Salzburger Kollegienkirche Franz Schmidts Oratorium "Das Buch mit den sieben Siegeln" in einer eigenwilligen szenischen Fassung inszenierte. Nach heftigen Zuschauerprotesten wegen "obszöner Szenen" setzte man das Stück nach der Premiere wieder ab. Einen glänzenden Erfolg als Autor, Schauspieler und Regisseur verbuchte er dagegen im Mai des Jahres mit der Uraufführung seiner Hitler-Farce "Mein Kampf" am Wiener Akademietheater. In seinem "Kreis"-Theater inszenierte er im gleichen Jahr Eugene O'Neills "Der Eismann kommt" und Peter Sichrowskys szenische Protokolle "Schuldig geboren", in denen Kinder von Nazi-Verbrechern über ihre Familien berichten.

Bei den Wiener Festwochen 1991 hatten Taboris mit glänzenden Kritiken bedachte "Goldberg-Variationen" Premiere, in Wolfenbüttel wurde im November des Jahres Taboris vielbeachtete Lessing-Bearbeitung "Nathans Tod" in eigener Regie uraufgeführt. An der Oper Leipzig hatte 1994 Schönbergs "Moses und Aron" in einer Tabori-Inszenierung Premiere. Mit dieser triumphal gefeierten Opernproduktion wollte er "ein Zeichen der Kunst gegen den wiederaufkeimenden Antisemitismus setzen". Als achte Inszenierung eines eigenen Stückes während der Intendanz von Claus Peymann ging im Juni 1995 Taboris "Die Massenmörderin und ihre Freunde" über die Bühne des Wiener Akademietheaters. Ein Jahr später inszenierte er die Uraufführung seiner "Ballade vom Wiener Schnitzel", die groteske Bilder vom alltäglichen Antisemitismus bot. Das Stück wurde der Höhepunkt der Wiener Saison und ein Triumph für den Hauptdarsteller Gert Voss.

Ungeachtet seiner öffentlichen Abschiedsbekundungen von der Regie und einem erklärten Rückzug auf die Arbeit als Autor blieb der "sanfte Provokateur" und "leise Ironiker" als Interpret eigener und fremder Stücke sowie "produktiver Playmaker", wie er sich selbst am liebsten nannte, immer aktiv.

Mit "Die letzte Nacht im September" brachte er im Januar 1997 in Wien ein neues Stück zur Uraufführung, inszenierte dann zum ersten Mal mit "Stecken, Stab und Stangl" ein Werk von Elfriede Jelinek, wagte mit dem Choreographen Ismael Ivo an der Berliner Schaubühne ein Crossover von Musik, Tanz, Poesie und Schauspiel unter dem Titel "Der nackte Michelangelo", zeigte Mozarts Oper "Die Zauberflöte" in einem Berliner Zirkus und verabschiedete sich dann von Wien und 13 Claus-Peymann-Intendantenjahren im Mai 1999 mit einer elften selbst inszenierten und umjubelten Uraufführung, der kurzen Farce "Purgatorium".

Mit Claus Peymann ging der 85-jährige Tabori nach Berlin und inszenierte 2000 zum Beginn der Peymann-Intendanz an der berühmten, umfangreich sanierten Brecht-Bühne Berliner Ensemble die Uraufführung seines Stücks "Die Brecht-Akte" über zwei FBI-Mitarbeiter, die Brecht ausspionieren.

George Tabori war ein Wanderer zwischen den Welten - ein Wanderer zwischen Schmerz und Scherz. Fremd war er Zeit seines wechselvollen und von grauenhafter Lebenserfahrung geprägten Lebens überall, seine angestammte Heimat war das Theater. "Ich bin kein Regisseur, ich bin ein Spielmann", schrieb Tabori trotzig. Ich bin grundsätzlich ein Fremdling. Erst hat mich das gestört, aber alle Theatermacher, die ich liebe, waren Fremde. Meine Heimat ist ein Bett und eine Bühne."

"'Mensch' ist mein liebstes Wort in der deutschen Sprache", hat George Tabori einmal gesagt. Die deutschen Verbrechen gegen die Menschheit überlebte der vor 100 Jahren geborene Autor, Regisseur und Schauspieler in Großbritannien. Seit den späten Sechzigern brachte er den Holocaust auf seine ganz eigene Art ins deutschsprachige Theater: brutal komisch, politisch völlig unkorrekt und mit "jüdischer Witz" nur notdürftig umschrieben.

Mittwoch, 21. Mai 2014

»Der scharlachrote Buchstabe« von Nathaniel Hawthorne

Der scharlachrote Buchstabe

»Der scharlachrote Buchstabe« von Nathaniel Hawthorne liefert ein Portrait des sittenstrengen und puritanischen Amerika im 17. Jahrhundert, in dem eine Frau in Konflikt mit dem allzu sittenstregen Gesetz gerät.

Eine Frau, des Ehebruchs schuldig, steht am Schandpfahl und verrät nicht, wer der Vater ihrer Tochter ist. Die gestrenge puritanische Obrigkeit verurteilt sie, als Zeichen ihrer Schande lebenslang einen scharlachroten Buchstaben zu tragen.

Die Folgen dieser übertriebenen Moralvorstellungen und die Mechanismen der gesellschaftlichen Ausgrenzung schildert Nathaniel Hawthorne mit psychologischer Raffinesse.

Sein Roman ist einer der wichtigsten amerikanischen Klassiker des 19. Jahrhunderts, als sich das moderne Amerika mit dem Blick in seine Geschichte neu erfand.

Mit seiner glasklaren Neuübersetzung gibt Jürgen Brôcan dem Roman eine Gestalt für heutige Leser. Im Anhang erläutert er die historischen und literarischen Hintergründe.

Weblink:

Der scharlachrote Buchstabe
Der scharlachrote Buchstabe
von Nathaniel Hawthorne

Dienstag, 20. Mai 2014

Der Romancier Balzac


Honoré de Balzac

Honoré de Balzac wurde am 20. Mai 1799 in Tours als Sohn eines Beamten geboren. Honoré de Balzac war ein berühmter französischer Schriftsteller des 19. Jahrhunderts. Er ist die Verkörperung des Literaturberiebes der Restaurationszeit in Frankreich.

Im Juli 1819 quittierte der junge Balzac sein Jurastudium und die bereits begonnen Lehre bei einem Notar.
Seine schriftstellerische Tätigkeit begann er mit Kolportageromanen, die er in den 1820er Jahren unter Pseudonym herausbrachte. 1829 ließ er erstmals ein Buch unter seinem eigenen Namen erscheinen.

Mit dem Roman Der letzte Chouan, der die Royalistanaufstände in der Bretagne von 1799/1800 zum Thema hat, begann die Erfolgsserie seiner großen Gesellschaftsromane, die er in manischer Fronarbeit vcrfasste. Dabei ruinierte Balzac zwar seine Gesundheit, vernachlässigte hingegen nie seinen strikt realistischen Erzählstil, der für die nächsten Schriftstellergenerationen weit bis ins 20. Jahrhundert hinein zum Vorbild wurde.

Er hat erkannt, daß es nicht nur darum geht, auf einen Schlag berühmt zu werden und daß er einer Illusion nachgelaufen ist. Es geht vor allem darum, hart zu arbeiten und Geld zu verdienen, um nicht zurück zu müssen in die elterliche Abhängigkeit. Er muß also mit dem Schreiben Geld erwirtschaften, er muß etwas schreiben, womit er rasch Erfolg hat. Und er geht bei seinen Überlegungen davon aus, daß das Publikum Romane will, in denen aufregende, grelle, romantische, abenteuerliche Schicksale beschrieben werden. Daher entschließt er sich, mit dem romantischen Zeitgeist zu gehen.

Balzacs Erzählweise gilt in der Literaturgeschichte als prototypisch für den traditionellen Roman "à la Balzac”, d. h. einen Roman mit interessanten, nicht eben Durchschnittstypen verkörpernden Protagonisten, einer interessanten und mehr oder minder zielstrebigen Handlung sowie einem eindeutigen Vorherrschen der auktorialen Erzählsituation.

Seine Erzählweise, in der er die menschliche Gesellschaft gottgleich wie auf einer Bühne präsentiert und ausleuchtet, gilt als Inbegriff des auktorialen Erzählens. Für einige experimentelle Autoren des 20. Jahrhunderts (vor allem im französischen "nouveau roman") avancierte er dadurch zeitweise zum ästhetischen "Hauptfeind Nummer eins".

Seine sozial einfühlsamen Schilderungen sind nicht nur der Ausdruck des Realismus, sondern auch seiner Beobachtungsgabe. Mit scharfem Blick seziert er die Gesellschaft seiner Zeit.

Seine Themen waren und blieben die eines ketzerischen Protestanten - Schuld und Verrat, die unmögliche Gnade und die unmögliche Gerechtigkeit - die Realität nahm er nur so wahr, wie sie sich in sein Bild fügte: die Welt als Paradox, als Absurdum, als faszinierende Sinnlosigkeit. Sein Großformat bestand darin, dass er kurz und konsequent von sich auf die Welt schloss: Weil ihm die Form der Komödie gemäß war, dekretierte er, unserer Welt komme nur noch die Komödie bei.

Balzac verband die einzelnen Texte zu einem Zyklus, indem er viele Figuren mehrfach auftreten lässt. Mit dieser literarischen Innovation wollte er ein System schaffen, das seiner Intention entsprach, ein umfassendes Sittengemälde seiner Zeit zu entwerfen.

Die menschliche Komödie

Balzac nannte die Gesamtheit seiner Romane die »Menschliche Komödie« (»La comédie humaine«) im Gegensatz zur »Göttlichen Komödie« Dante Alighieris.

Vater Goriot

Die wichtigsten Bücher aus diesem unvollständig gebliebenen Werk mit 40 Bänden sind »Das Chagrinleder« (1831), »Vater Goriot« (1834/35), »Oberst Chabert« (1837), »Die Frau von dreißig Jahren«.

Balzac war ein Mann von außergewöhnlicher Vitalität und Schaffenskraft. Er war nicht nur Erzähler, sondern auch Journalist und gelegentlicher - allerdings recht erfolgloser - Dramatiker.

Honoré de Balzac starb am 18. August 1850 in Paris.

Weblinks:

Honoré de Balzac-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de


Honoré de Balzac-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de


Montag, 19. Mai 2014

Nathaniel Hawthorne 150. Todestag

Nathaniel Hawthorne

Nathaniel Hawthorne starb vor 150 Jahren am 19. Mai 1864 in Plymouth, New Hampshire. Hawthorne war ein amerikanischer Schriftsteller der Romantik, der vom Geist des Puritanismus geprägt und beseelt war. Nathaniel Hawthorne gilt als einer der wichtigsten amerikanischen Schriftsteller überhaupt. Der Schriftsteller entstammte einer alten Puritanerfamilie.

Mit seinen oft allegorischen Romanen und Kurzgeschichten erlangte er Weltgeltung. In seinen Romanen beschreibt er das Leben in seiner von puritanischer Moral beherrschten Heimat Neuengland. In der Welt seiner Romane und Kurzgeschichten steht das puritanische Amerika im Mittelpunkt. Ehebrecher, am Glauben Verzweifelte, in den Wahnsinn Getriebene und als Sünder Gebrandmarkte sind seine Charaktere.

Durch seine Neigung, sich mit den inneren Aspekten von Menschen und Ereignissen zu beschäftigen, gilt Hawthorne als Begründer des amerikanischen psychologischen Romans.

Eines seiner Meisterwerke ist "Der scharlachrote Buchstabe" (1850), in dem ein Mädchen in Konflikt mit dem rigiden Moralismus seiner Umgebung gerät.

Ralph Waldo Emerson

Die beiden Jahre 1842/43 verlebte er mit seiner Frau in Concord, Massachusetts und beide hatten in dieser Zeit interessante Nachbarn, wie z.B. Henri David Thoreau, Margaret Fuller und den Philosophen Ralph Waldo Emerson.

Der berühmte vom Geist des Puritanismus geprägte und beseelte amerikanische Schriftsteller und Novellist starb am 4. Juli 1804 in Salem, Massachusetts.

Samstag, 17. Mai 2014

»Wallenstein« als literarische Figur

Wallenstein

Der geschichtliche Wallenstein mit all seinen abstoßenden, schroffen Charakterzügen eignete sich auch nicht recht zum Helden eines Dramas. Mitgefühl mit seinem Schicksal leidet unter seinem Charakter.

Deshalb mußte der Dichter Friedrich Schiller in seienm historischen Drama vieles im Charakter seines tragischen Helden mildern, vieles wieder ergänzen, bis er die Gestalt geschaffen hatte, die dem Betrachter entgegentritt.

So wurde das überaus starke Selbstgefühl wesentlich gemildert, obwohl sich Wallenstein als eine gewaltige Erscheinung zeigt, die ihre Umgebung geistig überragt, als eine feste Säule, "an die man sich mit Lust darf schmiegen und voll Zuversicht".

Viel, unendlich viel hat Wallenstein für den Kaiser getan, hat ihm seine Länder gerettet, hat ihn zum Herrn in Deutschland gemacht und sich dabei nicht geweigert, in seinem Interesse den Fluch der Völker auf sich zu laden.

Wenn ihn nun ein Streben nach Anerkennung erfüllt, so ist dies nur zu berechtigt und leicht erklärlich, und wenn dieser Ehrgeiz nach Hohem trachtet, so ist dies nur der Ausfluß von dem Bewußtsein des eigenen Wertes. Zu diesem persönlichen Ehrgeiz gesellt sich Wallensteins Glaube an eine höhere Bestimmung.

Nach seiner festen Überzeugung steht sein Schicksal in den Sternen geschrieben, und die himmlischen Mächte bestimmen die Zeit seines Handelns.

Vor allem aber ist es nicht bloß der Wunsch, eine möglichst große und führende Rolle zu spielen, die ihn zum Verräter werden läßt, sondern das tiefe Mitgefühl mit dem geknechteten und unter den Nöten langer Kriegsjahre leidenden Deutschland.

Er will ihm die innere Ruhe wiedergeben und zu einer geachteten Stellung gegenüber dem Auslande verhelfen. Als er aber sehen muß, daß man Ihn, undankbar im höchsten Grade, wieder fallen lassen und zum zweiten Male stürzen will, zeigt er nicht Rachsucht, sondern nur tiefsten Widerwillen über die erlittene Kränkung. Bei aller Herbheit seines Wesens zeigt er manchen Zug zarter Empfindung.

Das historische Drama »Wallenstein« ist die gängige Bezeichnung für eine Dramen-Trilogie von Friedrich Schiller, die eine Episode aus dem Dreißigjährigen Krieg thematisiert. Schiller machte darin die historische Figur des »Wallenstein« zu einer literarischen Figur.

Dreißigjähriger Krieg

Mit Recht sagt Schiller im Prologe von seinem Helden:



"Von der Parteien Gunst und Haß verwirrt,
Schwankt sein Charakterbild in der Geschichte."




Mittwoch, 14. Mai 2014

»Der Rote Ritter« von Adolf Muschg


Adolf Muschg erzählt die alte Geschichte von Parzival und Grâl in seiner Parzifal-Adaption neu. Sein Roman folgt dem mitalterlichen Epos von Wolfram von Eschenbach, und folgt ihm ebenso nicht. Muschgs »Parzival« ist ein ganz anderer Parzival als die allseits bekannte historische Figur.

Nicht nur der Name des »Roten Ritters« verweist darauf, auch das gesamte hundertfältige Personal ist zur Stelle: die Grâls- und Artussage, die Märchen, Legenden und Fabeln. Die Geschichte greift in den vollen und überlieferten Stoff, doch freizügig und selbstbewußt.

Muschg versteht es prächtig, den Artusroman Wolframs von Eschenbach ins rechte Licht zu rücken, neu zu konturieren und dabei der Vorlage aus dem hohen Mittelalter treu zu bleiben, will heißen: keinen Zwang anzutun.

Die Grundintention der wohl facettenreichsten Dichtung des deutschen Mittelalters arbeitet er hervor, indem er bildgewaltig, anspielungsreich sein beeindruckendes Fachwissen über Literatur und Leben in »Den roten Ritter« einfließen lässt.

Weblink:

»Der Rote Ritter«
»Der Rote Ritter«
von Adolf Muschg

Die historische Figur des Albrecht Wallenstein

Albrecht Wallenstein

Albrecht Wallenstein - eigentlich Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein - wurde am 24. September 1583 in Hermanitz an der Elbe, Böhmen, geboren.

Wallenstein war Herzog von Friedland und Sagan, von 1628 bis 1631 als Albrecht VIII. Herzog zu Mecklenburg, Fürst zu Wenden, Graf von Schwerin, Herr von Rostock, Herr von Stargard und als Generalissimus zwischen 1625 und 1634 zweimal Oberbefehlshaber der kaiserlichen Armee im Dreißigjährigen Krieg.

Er kämpfte auf Seiten des Kaisers und der Katholischen Liga gegen die protestantischen Mächte Deutschlands sowie gegen Dänemark und Schweden, fiel jedoch später in Ungnade und wurde am 25. Februar 1634 in Eger von kaisertreuen Offizieren ermordet.

Der Historiker Friedrich Schiller schrieb ein Historiendrama über den berühmten Feldherren des Dreißigjährigen Krieges mit eigentlichem Namen Waldstein und machte darin die historische Figur zu seinem tragischen Helden.

Dienstag, 13. Mai 2014

Adolf Muschg 80. Geburtstag

Adolf Muschg

Der Schweizer Dichter, Schriftsteller und Literaturwissenschaftler Adolf Muschg wurde am 13. Mai 1934 in Zollikon, Kanton Zürich, geboren. Er studierte Germanistik, Anglistik sowie Philosophie in Zürich und Cambridge und promovierte über Ernst Barlach.

Von 1959 bis 1962 unterrichtete er als Gymnasiallehrer in Zürich, dann folgten verschiedene Stellen als Hochschullehrer, unter anderem in Deutschland (Universität Göttingen), Japan und den USA. 1970 bis 1999 war er Professor für deutsche Sprache und Literatur an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich.

1975 war Muschg Kandidat der Zürcher Sozialdemokratischen Partei für den Ständerat. Er wurde zwar nicht gewählt, äußerte sich nach wie vor regelmäßig zu politischen Zeitfragen.

Adolf Muschg ist seit 1976 Präsident der Akademie der Künste Berlin, Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung Darmstadt sowie der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz.

Zahlreiche Lesereisen führten Muschg nach Deutschland, England, Holland, Italien, Japan, Kanada, Österreich, Portugal, Taiwan, USA. Er lebt in Männedorf bei Zürich.

Muschg lebt in Männedorf bei Zürich. Sein Archiv befindet sich im Schweizerischen Literaturarchiv in Bern.

Montag, 12. Mai 2014

»Tartuffe oder Der Betrüger« von Molière

Tartuffe von Molière

»Tartuffe oder Der Betrüger« ist eine fünfaktige Komödie des französischen Dichters Molière, die vor 350 Jahren am 12. Mai 1664 in einer ersten Version in Paris uraufgeführt wurde.

Molière verpackte in seinem »Tartuffe« Gesellschaftskritik geschickt in eine Komödie. Das gesellschaftskritische Stück ist eine hintergründige Kritik auf die absolutistische Herrschaft Ludwigs des XIV.

Tartuffe ist der berühmteste Scheinheilige der französischen Literatur und der Weltliteratur überhaupt und von ganz anderem Kaliber als viele andere Heuchler in der Belletristik. Molières Tartuffe richtet nicht sich selbst, sondern andere zugrunde. Von Anfang an hegt er böse Absichten.


»Die Neider sterben,
aber nimmer stirbt der Neid.«

Molière



Was wie eine harmlose Familienstreiterei anfängt, über die man lachen oder weinen kann, entpuppt sich bald als Konsequenz gnadenloser Habgier und äußerst geschickter psychologischer Manipulation.

Das Stück um einen bigotten Heuchler war wegen seiner kirchenfeindlichen Tendenzen zeitweilig verboten. Molière hat sein gesellschaftskritisches Stück wegen seiner brisanten Stellen mehrfach ändern müssen, aber es blieben noch viele kritische Äußerungen, die damals nicht ungefährlich waren und uns heute gefallen.

Erst eine im Handlungsverlauf deutlich korrigierte dritte Fassung erhielt die Unterstützung Ludwigs des XIV. und entkam somit der Zensur. Diese dritte Fassung ist die heute geläufige. Die ersten beiden gelten als verloren. Die dritte und endgültige Fassung wurde am 5. Februar 1669 im »Palais Royal« in Paris uraufgeführt.


Weblinks:

Tartuffe oder Der Betrüger
Tartuffe oder Der Betrüger
von Molière

Der Tartuffe oder Der Betrüger
Der Tartuffe oder Der Betrüger
von Molière

Sonntag, 11. Mai 2014

Montauki

»Montauk« ist eine stark autobiografisch geprägte Erzählung des Schweizer Schriftstellers Max Frisch. Sie gilt als Max Frisch persönlichstes Werk und erschien erstmals im September 1975 und nimmt in seinem Werk eine Sonderstellung ein. Zwar waren auch Frischs frühere Figuren oft autobiografisch geprägt, die Geschichten jedoch stets fiktiv.

In »Montauk« dagegen heißt der Protagonist wie sein Autor, und er berichtet in einer Rückschau auf ein authentisches Erlebnis: ein Wochenende, das Frisch mit einer jungen Frau während eines Amerika-Aufenthaltes an der amerikanischen Ostküste verbrachte.

Montauk ist ein indianischer Name, er bezeichnet die nördliche Spitze von Long Island, hundertzehn Meilen von Manhattan entfernt. Dort findet das Wochenende statt, über das erzählt wird. Die Erzählung ist der Versuch, das eigene Leben zu einem literarischen Kunstwerk zu verarbeiten.

Die Rahmenhandlung der Erzählung »Montauk« beschreibt das Wochenende des 11. und 12. Mai 1974, das eine Lesereise des Erzählers, des literarischen Ebenbilds seines Autors Max Frisch, durch die Vereinigten Staaten beschließt. Zwei Tage später, einen Tag vor seinem 63. Geburtstag, ist Frischs Rückflug nach Europa gebucht.

An seiner Seite befindet sich Lynn, eine 30-jährige Verlagsangestellte, die ihn während der Reise betreuen soll, vom Werk des Autors aber keine Zeile gelesen hat. An ihrem letzten Wochenende kommen Lynn und Frisch einander näher und unternehmen einen Ausflug nach Long Island zum Dorf Montauk an der Atlantikküste.

Für den Autor erwächst an diesem Wochenende das Verlangen, die gemeinsamen Tage zu beschreiben, ohne etwas zu den Geschehnissen hinzuzufügen. Dabei löst Lynns Gegenwart in Frisch Reflexionen und Erinnerungen aus.

Bei seinem Erscheinen löste »Montauk« sehr unterschiedliche Reaktionen aus. Die ehemaligen Partnerinnen Frischs sahen sich durch die offenen Schilderungen ihrer Vergangenheit kompromittiert. Manche Leser fühlten sich durch die Selbstentblößung Frischs peinlich berührt.

Andere Kritiker feierten die einfühlsame Erzählung von dem Wochenende an der Ostküste als das bedeutendste Werk des Autors und lobten die Leistung, das eigene Leben zu einem literarischen Kunstwerk zu verarbeiten. Marcel Reich-Ranicki nahm »Montauk« in seinen Kanon der deutschen Literatur auf.

Weblink:

Montauki
Montauk: Eine Erzählung
von Max Frisch

Freitag, 9. Mai 2014

»Wallenstein« von Friedrich Schiller

Wallenstein

Das historische Drama »Wallenstein« ist die gängige Bezeichnung für eine Dramen-Trilogie von Friedrich Schiller, die eine Episode aus dem Dreißigjährigen Krieg thematisiert. Der Dramatiker Schiller behandelt in dem dramatischen Werk den Niedergang des berühmten Feldherrn Albrecht von Wallenstein - wobei der Dichter sich frei an den realen historischen Ereignissen orientiert.

Schiller orientiert sich auch in diesem Stück an historischen Gegebenheiten und befasst sich hier mit dem Stoff des berühmten Feldherrn Wallenstein und seinem Niedergang, der auf dem Gipfel seiner Macht scheitert. Wallenstein wird 1634 auf Befehl des österreichischen Kaisers ermordert. Schiller spinnt um Wallenstein ein Netz von Intrigen.

Schiller schafft einen vieldeutigen, von menschlichen Schwächen zerrissenen Charakter im Spannungsfeld zwischen Pflichterfüllung und Rebellion. Das dramatische Gedicht wendet sich auch gegen den Krieg, in dem Zivilisten von Söldnern geplündert und geschunden werden und elendig verhungern, weil der Krieg den Krieg ernährt.

Die Trilogie »Wallenstein« von Friedrich Schiller besteht aus den Werken »Wallensteins Lager«, »Die Piccolomini« und »Wallensteins Tod«. Schiller selbst hatte den »Wallenstein« auch in »Wallenstein I« mit »Wallensteins Lager« und »Die Piccolomini« und »Wallenstein II« mit »Wallensteins Tod« unterteilt.

Die Trilogie wurde 1799 fertiggestellt. Schiller hatte etwa zehn Jahre an dem Stoff gearbeitet. Das Stück wird der »Weimarer Klassik« zugeordnet.

Dreißigjähriger Krieg



»Zerfallen sehen wir in diesen Tagen
Die alte feste Form, die einst vor hundert
Und fünfzig Jahren ein willkommner Friede
Europens Reichen gab, die teure Frucht
Von dreißig jammervollen Kriegesjahren.
Noch einmal laßt des Dichters Phantasie
Die düstre Zeit an euch vorüberführen,
Und blicket froher in die Gegenwart
Und in der Zukunft hoffnungsreiche Ferne.«

Friedrich Schiller, Wallenstein, Prolog


Schillers berühmtes Historiendrama »Wallenstein« ist in den Jahren 1796/99 entstanden, der Erstdruck erschien bei dem Verleger Cotta in Tübingen 1800.

Wallenstein:

Wallenstein
Wallenstein
von Friedrich Schiller