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Samstag, 26. November 2016

»Ruf der Wildnis« von Jack London

Ruf der Wildnis


Ruf der Wildnis

»Ruf der Wildnis« von Jack London ist eine Erzählung von dem Amerika zur Zeit des großen Goldrauchs. Jack London hat diesen Goldrausch selbst miterlebt. Obwohl selbst als Goldgräber am Yukon in Alaska nicht sonderlich erfolgreich - er fand auf der Goldsuche keinen einzigen Nugget - machte er sich Notizen, aus denen dieser Roman entstand, so daß er seine große persönliche Goldsuche doch noch erfolgreich verwerten konnte.

Dieser 1903 erschienene Roman, der stark auf Jack Londons eigenen Goldsuchererfahrungen am Yukon beruht, reflektiert das Leben - und Sterben - der Goldsucher und der Leute, die an ihnen verdienten, durch die Wahrnehmung des Bernhardiner-Collie-Mischlings Buck, der aus seinem luxuriösen Zuhause entführt wurde und erst zum Chef eines Schlittenteams aufsteigt, bevor er dann ein ganz anders geartetes Abenteuer erlebt.

Der Mischlingsrüde Buck führt auf dem kalifornischen Anwesen des Richters Miller als Haus- und Hofhund ein ruhiges und beschauliches Leben. Doch als er von einem verzweifelten Angestellten seines Herrn entführt und nach Alaska verschleppt wird, beginnt für ihn eine grausame Leidenszeit. Unter harten Bedingungen wird er zum Schlittenhund abgerichtet und muss sich fortan gegen skurpellose Besitzer und andere Hunde behaupten.

Ruf der Wildnis


Ruf der Wildnis

Jack Londons mitreißend erzählter Roman »Ruf der Wildnis« ist mehr als nur eine Tiergeschichte - mit seinen eindrucksvollen Naturschilderungen ist er zum Klassiker der amerikanischen Literatur avanciert. Das Buch ist längst zu einem der meistgelesendsten Abenteuerbücher der Literaturgeschichte geworden.


Literatur:

Ruf der Wildnis
Ruf der Wildnis
von Jack London

Ruf der Wildnis
Ruf der Wildnis
von Jack London

Dienstag, 22. November 2016

Jack London 100. Todestag

Jack London

Jack London starb vor 100 Jahren am 22. November 1916 in Glen Ellen, Kalifornien. An diesem Novembertag setzte der berühmte Schriftsteller auf seiner Farm in Kalifornien seinem zuletzt von Alkohol, Erfolg und Extravaganz geprägten Leben ein Ende. Jack London war ein amerikanischer Schriftsteller und Journalist.

Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf und schlug sich als Fabrikarbeiter, Austernpirat, Landstreicher und Seemann durch, holte das Abitur nach, begann zu studieren. Dann ging er als Goldsucher nach Alaska, lebte monatelang im Elendsviertel von London, geriet als Korrespondent im russisch-japanischen Krieg in Gefangenschaft und bereiste die ganze Welt.

Jack London brach 1897 auf, um am großen Goldrausch am Klondike River teilzuhaben. Als Goldsucher war er gnadenlos erfolglos. Gold fand er keines, dafür aber den Stoff für seine berühmten Nordland-Erzählungen. Den so abenteuerlichen wie strapaziösen Weg zu den Goldfeldern im Yukon-Territorium hat er in den hier versammelten Geschichten um »Alaska-Kid« spannend geschildert.

Der Ruf der Wildnis hatte es ihm angetan. Jack London hat als junger Mensch am eigenen Leib erfahren, was er später in seinen Abenteuerbüchern schildert: den Kampf gegen die Naturgewalten, gegen unüberwindlich scheinende Gegner und Hindernisse. Seine Helden lassen sich jedoch niemals unterkriegen und wachsen an den Herausforderungen.

In Jack Londons Erzählungen beeindrucken die Schilderungen der imposanten Naturkulisse Alaskas. Die ist Schauplatz der Geschichten, und die Hauptfiguren kämpfen in der unwirtlichen Gegend ums Überleben. Es sind Erzählungen über die spannende Zeit der Goldpioniere, verfeinert mit autobiografischen Elementen und abgerundet mit gewaltigen Beschreibungen der rauen Natur.

Der Autor verarbeitete in seinen Erzählungen und Romanen vor allem eigene Erfahrungen, die er als Goldsucher in Alaska, Landstreicher, Seemann und Journalist gesammelt hatte. »Der Seewolf« (1904) und »Wolfsblut« (1905) spiegeln das raue Leben auf See oder in der Wildnis packend wieder.

London war ein Schriftsteller, der die Natur so liebte. Er trug die Natur und Wildnis in die Literatur und viele Leser konnten sich dieser nicht entziehen. Seine bekannteste Erzählung, »Der Ruf der Wildnis«, verfasste Jack London 1903. London schrieb über 50 Bücher und mehr als 100 Kurzgeschichten und war der höchstbezahlte und populärste Autor seiner Zeit. Er starb bereits im Alter von 40 Jahren.

Jack London erlangte vor allem durch seine Abenteuerromane »Ruf der Wildnis« und »Wolfsblut« sowie durch den mehrfach verfilmten Abenteuerroman »Der Seewolf« und den autobiographisch beeinflussten Roman »Martin Eden« große Bekanntheit. Diese Werke geben gleichzeitig eine Übersicht über die geographischen Räume, die er kannte: den arktischen Norden Nordamerikas (Klondike) zur Zeit des Goldrausches, Kalifornien und den Pazifik bzw. die Seefahrt auf diesem Ozean.


Als erfolgreicher Schriftsteller bekannte London sich in seinen politischen Essays, geprägt durch harte Erfahrungen in der Kindheit, häufig zu den unteren Schichten der Gesellschaft und offen zum Sozialismus, wenn auch sehr eigener Prägung. Er war von den Ideen Darwins überzeugt.

Jack London war Anhänger des Sozialismus. Spötter bezeichneten ihn als "Millionaire Socialist". Er war bis kurz vor seinem Tod Mitglied der "Socialist Party" der Vereinigten Staaten und hatte sich 1901 für diese Partei erfolglos um das Amt des Bürgermeisters von Oakland beworben. Sein literarisches Werk wurde international erfolgreich und in zahlreiche Sprachen übersetzt.


Jack London sah sich zeitlebens eher als Landwirt, denn als Schriftsteller. Er gab an, das Schreiben lediglich als Brotberuf zur Aufrechterhaltung seiner Ranch zu betreiben; diese betrachtete er als sein Lebenswerk.

Jack London wurde am 12. Januar 1876 in San Francisco als John Griffith Chaney geboren.


Video:

Der Abenteurer : Jack London - www.br.de


Literatur:


Jack London - Romane und Erzählungen (Vier Bände im Schuber) - Goldrausch in Alaska - Der Seewolf - Ruf der Wildnis
von Jack London

Ruf der Wildnis
Ruf der Wildnis
von Jack London

Goldrausch in Alaska, Erzählungen
Goldrausch in Alaska, Erzählungen
von Jack London

»Die Toten« von Christian Kracht

Die Toten
Die Toten

»Die Toten« von Christian Kracht über das Kino am Ende der Weimarer Republik, erzählt eine mystische Geschichte, in der ein schweizer Regisseur im Auftrag der Ufa einen Film in Japan drehen soll. Der Roman handelt von zwei Kulturschaffenden, die eine imaginäre Filmachse zwischen Berlin und Tokio schaffen wollen.

»Die Toten« erzählt eine Geschichte über zwei Kulturschaffende, die eine imaginäre Filmachse zwischen Berlin und Tokio schaffen: vom Schweizer Emil Naegeli, dem der Ufa-Chef und mächtigste Mann des deutschen Kinos, Alfred Hugenberg, das Angebot einer überwältigend teuren deutsch-japanischen Filmproduktion macht, um Hollywood auszustechen. In diesem Projekt geht es um den Film als Propaganda, Kino als Krieg mit anderen Mitteln.

Mit seinen Schilderungen über das fiebrige Berlin am Übergang der Weimarer Republik zur Nazi-Machtergreifung - der fikitive Naegeli trifft historische Figuren wie den Hitler-Freund "Putzi" Hanfstengl, Heinz Rühmann, Siegfried Kracauer und Lotte Eisner - zog Kracht sofort in den Bann.


Der Regisseur fühlte sich bei Hugenberg - "er lächelt wie das garstige Schwein, das er ist" - wie ein Kanarienvogel im Bergwerk, der auf giftige Dämpfe wartet.




Die beiden also sind schon zu Lebzeiten Tote. Ihre Lebensläufe weisen einige Gemeinsamkeiten auf. Beide waren genialisch veranlagte, einsame und unverstandene Kinder, die ein schwieriges Verhältnis zu ihren Eltern, besonders den Vätern hatten. Beide bewegen sich in der virtuellen Welt des Films, beide suchen die Wahrheit hinter den Dingen und glauben sie in dem Filmprojekt verwirklichen zu können. Der Regisseur – so führt der Filmkritiker Krakauer im Gespräch mit Nägeli aus, "müsse an die absolute Wahrheit seines Stoffes glauben, ja, er müsse an Vampire und Geister und an Wunder glauben. Erst daraus entstünde presto: Wahrheit."

Seine Figuren sind keine einfachen Persönlichkeiten sondern alle mit einer Vielzahl von Komplexen, Problemen und Störungen ausgestattet. Teilweise wirken seine Beschreibungen der Berliner Filmclique, in die Nägeli einmal hereingerät, fast wie eine klischierte Darstellung der frühen 30er Jahre, in die die goldenen Zwanziger mit ihrer Vergnügungssucht und scheinbaren Lasterhaftigkeit noch hereinspielen.

Der Roman »Die Toten« ist eine sehr kluge Meditation über Film und Moderne, er führt ins Herz der Gegenwart mit den richtigen politischen Fragestellungen.


Literatur:

Die Toten
Die Toten
von Christian Kracht

Blog-Artikel:


Christian Kracht erhält Hermann-Hesse-Preis
- Kulturwelt-Blog - culturwelt.blogspot.com

Samstag, 19. November 2016

»Die Toten« von Christian Kracht

Die Toten
Die Toten

»Die Toten« von Christian Kracht über das Kino am Ende der Weimarer Republik, erzählt eine mystische Geschichte, in der ein schweizer Regisseur im Auftrag der Ufa einen Film in Japan drehen soll. Der Roman handelt von zwei Kulturschaffenden, die eine imaginäre Filmachse zwischen Berlin und Tokio schaffen wollen.

Es geht um ein Filmprojekt, in dem der Schweizer Regisseur Nägeli mit seinem japanischen Pendant Amakasu versucht hat, einen kulturübergreifenden oder –ergänzenden Film zu drehen. Der Roman führt den Leser mitten hinein in die gleißenden, fiebrigen frühen dreißiger Jahre, als die Moderne, besonders die Filmkultur, ihre vorerst letzte Blüte erlebte.

In Berlin, »dem Spleen einer unsicheren, verkrampften, labilen Nation«, versucht ein Schweizer Filmregisseur, euphorisiert durch einen gewissen Siegfried Kracauer und eine gewisse Lotte Eisner, den Ufa-Tycoon Alfred Hugenberg zur Finanzierung eines Films zu überreden, genauer gesagt: eines Gruselfilms, genauer gesagt: in Japan.

Dort, auf der anderen Seite des Globus, bereitet zur selben Zeit der geheimnisvolle Japaner Masahiko Amakasu ein Komplott gegen die internationale Allmacht des Hollywoodfilms vor.

Der Schweizer Regisseur Nägeli nimmt uns in diesem Roman mit in die Filmwelt der 30er Jahre. Dort erlebt er sowohl das ungehemmte Leben mit Partys und Alkohol, aber auch die immer stärker werdende Abneigung gegen alles Jüdische, was besonders der Filmproduzent Hugenberg versinnbildlicht. Der schickt ihn nach Japan, wo er auf Masahiko Amakasu trifft, den der Leser auch bereits im ersten Teil des Romans näher kennengelernt hat.

Er soll Nägeli eigentlich dabei unterstützen, den von Hugenberg gewünschten Propagandafilm oder, wie von Nägeli eigentlich geplant, einen deutsch-japanischen Gruselfilm zu drehen. Doch die Verwicklungen, die entstehen, bringen ganz andere Dinge hervor als geplant.


Wenn man herausfinden möchte, wer denn nun die Toten in dem Roman von Christian Kracht eigentlich sind, dann stößt man auf die Passage, in der die beiden Hauptgestalten des Buchs, der Schweizer Filmemacher Emil Nägeli und sein japanischer Kollege Amakuso sich zum ersten Mal begegnen. Sie sollen in den 1930ern ein aufwändiges japanisch-deutsches Filmprojekt als Gegenentwurf zur amerikanischen Filmindustrie verwirklichen, und sie erkennen sich "in Sekundenbruchteilen". "Die Toten sind unendlich einsame Geschöpfe, es gibt keinen Zusammenhalt unter ihnen, sie werden alleine geboren, sterben und werden auch alleine wiedergeboren."

Die beiden also sind schon zu Lebzeiten Tote. Ihre Lebensläufe weisen einige Gemeinsamkeiten auf. Beide waren genialisch veranlagte, einsame und unverstandene Kinder, die ein schwieriges Verhältnis zu ihren Eltern, besonders den Vätern hatten. Beide bewegen sich in der virtuellen Welt des Films, beide suchen die Wahrheit hinter den Dingen und glauben sie in dem Filmprojekt verwirklichen zu können. Der Regisseur – so führt der Filmkritiker Krakauer im Gespräch mit Nägeli aus, "müsse an die absolute Wahrheit seines Stoffes glauben, ja, er müsse an Vampire und Geister und an Wunder glauben. Erst daraus entstünde presto: Wahrheit."

Seine Figuren sind keine einfachen Persönlichkeiten sondern alle mit einer Vielzahl von Komplexen, Problemen und Störungen ausgestattet. Teilweise wirken seine Beschreibungen der Berliner Filmclique, in die Nägeli einmal hereingerät, fast wie eine klischierte Darstellung der frühen 30er Jahre, in die die goldenen Zwanziger mit ihrer Vergnügungssucht und scheinbaren Lasterhaftigkeit noch hereinspielen.

Der Roman »Die Toten« ist eine sehr kluge Meditation über Film und Moderne, er führt ins Herz der Gegenwart mit den richtigen politischen Fragestellungen.


Literatur:

Die Toten
Die Toten
von Christian Kracht

Blog-Artikel:


Christian Kracht erhält Hermann-Hesse-Preis
- Kulturwelt-Blog - culturwelt.blogspot.com

Mittwoch, 16. November 2016

»Ermutigung« von Wolf Biermann



Du, laß dich nicht verhärten
in dieser harten Zeit.
Die allzu hart sind, brechen,
die allzu spitz sind, stechen
und brechen ab sogleich.

Du, laß dich nicht verbittern
in dieser bittren Zeit.
Die Herrschenden erzittern
- sitzt du erst hinter Gittern -
doch nicht vor deinem Leid.

Du, laß dich nicht erschrecken
in dieser Schreckenszeit.
Das wolln sie doch bezwecken
daß wir die Waffen strecken
schon vor dem großen Streit.

Du, laß dich nicht verbrauchen,
gebrauche deine Zeit.
Du kannst nicht untertauchen,
du brauchst uns und wir brauchen
grad deine Heiterkeit.

Wir wolln es nicht verschweigen
in dieser Schweigezeit.
Das Grün bricht aus den Zweigen,
wir wolln das allen zeigen,
dann wissen sie Bescheid.

»Ermutigung« von Wolf Biermann,

Peter Huchel gewidmet


Samstag, 12. November 2016

»Die Ästhetik des Widerstands« von Peter Weiss

Die Ästhetik des Widerstands
Die Ästhetik des Widerstands

Peter Weiss’ Hauptwerk »Die Ästhetik des Widerstands« ist ein umfassendes Roman-Projekt, mit dem der Autor auf beinahe 1.200 Seiten ein subjektiv, aus dem Blickwinkel des kommunistischen Widerstands wahrgenommenes Gesamtgemälde der Epoche des Nationalsozialismus und des Faschismus in Europa zu entwerfen. Das akribisch recherchierte Monumentalwerk ist das Resultat seiner intensiven Auseindersetzung mit dem Faschimus und der Versuch, diesen literarisch zuverarbeiten und dem Widerstand eine eigene Ästhetik zu verleihen. Sein Hauptwerk zeigt detailliert auf, wie Widerstand im Dritten Reich organisiert wurde und wie dieser funktioniert hat.

Das umfassende Romanwerk stellt den Versuch dar, die historischen und gesellschaftlichen Erfahrungen und die ästhetischen und politischen Erkenntnisse der Arbeiterbewegung in den Jahren des Widerstands gegen den Faschismus aufzuarbeiten und zu vermitteln.

1975 erschien der erste Band von »Die Ästhetik des Widerstands«, an dem Weiss seit 1972 gearbeitet hatte. Das in zehnjähriger Arbeit entstandene und erst kurz vor dem Tod des Autors Peter Weiss abgeschlossene Werk ist der ehrgeizige Versuch, unter Nutzung fiktionaler Freiheiten ein historisch authentisches Gesamtbild der faschistischen Epoche in Europa zu zeichnen, wobei die antifaschistische Position, der »Widerstand«, die Perspektive bestimmt. Zugleich sollen Funktion und Bedeutung von Kunst-Erfahrung, also von »Ästhetik«, im und für den politischen Kampf der Linken untersucht und dargestellt werden. Dies geschieht in der Absicht, für Gegenwart und Zukunft ein neuartiges Modell des Zusammenspiels von Kunst und Politik zu entwerfen.


Mehr als acht Jahre schrieb Peter Weiss an seinem Hauptwerk über den kommunistischen Widerstand gegen den Faschismus. Geschichtliche Trauer und Erinnerungsarbeit und zugleich das Bewegendste, was über Widerstand zu schreiben war. Mit gleichsam filmischen Mitteln montiert Weiss historische Szenen und Fragmente, verbindet Vergangenheit und Gegenwart in Dialogen und reflektierenden Passagen.

Der Roman beginnt im Jahr 1937 an einem konspirativen Ort mitten im Zentrum der Nazi-Herrschaft, vor dem Pergamonaltar auf der Berliner Museumsinsel. Dort führen der Ich-Erzähler, ein namenlos bleibender junger Arbeiter, und seine kommunistischen Genossen Ayschmann und Coppi eine Diskussion um Geschichte, Politik, Kultur, Kunst und Literatur – vor allem jedoch um die Möglichkeit, das »kulturelle Erbe« der Vergangenheit für den sozialistischen und antifaschistischen Kamp zu nutzen.

Im Gespräch mit seinem sozialdemokratischen Vater erfährt der Erzähler von der verhängnisvollen Spaltung der Arbeiterbewegung seit 1918. Er verlässt Berlin, um im Spanischen Bürgerkrieg an der Seite des Arztes Dr. Max Hodann Sanitätsdienste zu leisten. Dort erlebt er die scharfen Konflikte zwischen den verschiedenen linken Gruppen und hört von Stalins Schauprozessen gegen vorgebliche Abweichler und Verräter. Nach der Auflösung der Internationalen Brigaden und dem Zusammenbruch der Spanischen Republik wird der Erzähler zu Beginn des zweiten Bands nach Paris verschlagen.

Der Roman gewinnt seine Unverwechselbarkeit durch einige markante Strukturelemente wie die Kombination von historisch authentischen und fiktiven Figuren sowie die Kombination von narrativen und reflexiven Partien, die zu der treffenden Bezeichnung »Roman-Essay«geführt hat. Ein weiteres dominantes Merkmal sind die ausgedehnten dialogischen Partien, teils in direkter, teils in indirekter Rede. Sie sind formaler Ausdruck einer Gedankenbewegung, die in Brechts Nachfolge immer wieder versucht, widersprüchliche Positionen - in Politik, Ideologie, Ästhetik - zu artikulieren. Die Literatur hatte nach Brecht wieder eine eigene Äthestik bekommen.

Peter Weiss setzte mit seinem akribisch recherchierten Monumentalwerk den antifaschistischen Widerstandskämpfern aus dem kommunistischen Umfeld, die im Westen meist unbeachtet blieben, ein Denkmal. Wie der Titel des Buches aber schon sagt, geht es ihm dabei vor allem um die Schlüsselrolle der Kultur für einen erfolgreichen Widerstand gegen Barbarei und Unterdrückung.

Als Peter Weiss auf der Pressekonferenz anlässlich des Erscheinens seiner »Die Ästhetik des Widerstands« gefragt wurde, was er glaube, wie lange ein Arbeiter brauche, um das Werk zu lesen, antwortete er völlig entspannt, dass das durchaus ein Jahr in Anspruch nehmen könne. Dafür bekam er nicht nur Applaus. Zeit ist zunehmend ein Faktor geworden, was alleine die Rezeption eines Kunstwerkes betrifft. Voluminöse literarische Werke hatten und haben es immer schwer. Nicht selten ist es so, dass die Spekulation derer, die es gar nicht lesen, berühmter machen als die Kritik derer, die sich die Zeit genommen haben.

Die Veröffentlichung des Hauptwerkes von Peter Weiss blieb nicht ohne Folgen. »Die Ästhetik des Widerstands« wurde seit dem Erscheinen des ersten Bands in beiden deutschen Staaten intensiv diskutiert, weil sie wichtige Aspekte verdrängter und verschwiegener Vergangenheit artikulierte sowie in West und Ost stereotype Geschichtsbilder korrigierte. Die »Ästhetik des Widerstands« ist ein bedeutender und schwergewichtiger Markstein in der damals noch jungen bundesdeutschen Literatur.


Weblinks:

Die Ästhetik des Widerstands
Die Ästhetik des Widerstands
von Peter Weiss

Ilse Aichinger gestorben

Ilse Aichinger

Die österreichische Schriftstellerin Ilse Aichinger ist tot. Sie starb am 11. November im Alter von 95 Jahren in Wien. Ilse Aichinger ist eine der bedeutendesten Schriftstellerinnen der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur. Bekannt wurd sie auch als Mitglied der »Gruppe 47«.

Im Jahr 1948 schrieb Ilse Aichinger ihren einzigen Roman »Die größere Hoffnung«, in dem sie autobiografisch das Schicksal rassisch verfolgte Kinder und einer jungen Halbjüdin während der Zeit des im Nationalsozialismus schildert. Der Roman ist eine wunderbare Parabel über die Flucht vor dem Faschismus über den Ozean.

Auf merkwürdige Weise dunkel, dabei irritierend lyrisch wirken viele ihrer Texte. Ganz ungewöhnlich erscheint auch ihr Verhältnis zur Welt in früheren Gesprächen. Heute gibt sie keine Interviews mehr. Das Leben sei eine „absurde Zumutung“, sagte sie einmal. Am liebsten würde sie verschwinden.

Dieses „Verschwinden“, das man auch Tod nennen könnte, war für sie dabei keine erschreckende Vorstellung: „Gute Literatur ist mit dem Tod identisch“. Auch beim Schreiben sei ihr das nicht Sichtbare am wichtigsten, erklärte sie:

Hätte man sie vor ihrer Geburt gefragt, ob sie zur Welt kommen wolle, sie wäre lieber weggeblieben. Für Ilse Aichinger war das Leben eine absurde Zumutung. Dieses Leben, diese Welt konterte sie lange in ihrem Schreiben - bis ihr die Sprache unbrauchbar wurde. Inzwischen ist sie im Schweigen angekommen.


„Alles, was man sagt oder schreibt,
ist nur Fazit dessen, was man nicht sagt.“

Geprägt wurde diese Weltsicht der »Poetin des Schweigens« durch dramatische Erfahrungen. Ihre Mutter, eine Ärztin, war Jüdin, der nichtjüdische Vater verließ die Familie. Im Juli 1939 konnte Ilses Zwillingsschwester Helga mit der Tante noch mit einem der letzten Kindertransporte nach England fliehen. Ilse sollte mit der übrigen Familie folgen, doch das Vorhaben scheiterte.

Nach einem abgebrochenen Medizinstudium begann sie zu schreiben. Ihren Mann Günter Eich, mit dem sie zwei Kinder hatte, hatte sie 1951 bei ihrem ersten Treffen der »Gruppe 47« kennengelernt. Das war im Frühjahr, Aichinger war 29 und ihr Roman »Die größere Hoffnung« hatte ihr zu einiger Bekanntheit verholfen. Dieser sollte ihr einziger Roman bleiben.

Für ihren Roman, ihre Gedichte, Hörspiele und Prosastücke, die in viele Sprachen übersetzt wurden, erhielt sie zahlreiche literarische Auszeichnungen, u. a. 1952 den Preis der Gruppe 47, 1982 den Petrarca-Preis, 1983 den Franz-Kafka-Preis, 1995 den Österreichischen Staatspreis für Literatur.

Im Alter aber hatte sich die Autorin des Romans »Die größere Hoffnung« (1948) zunehmend zurückgezogen. „Sie schreibt nicht mehr und ist nur noch Privatperson“, sagte ihr Wiener Verleger Reto Ziegler über die Größe der Nachkriegsliteratur.

Ilse Aichinger wurde am 1. November 1921 als Tochter einer jüdischen Familie in Wien geboren.




Die größere Hoffnung





"Die größere Hoffnung"
von Ilse Aichinger



Fischer-Verlag,
Gebundene Ausgabe,
14,00 EUR.

ISBN-13: 978-3100005228

Freitag, 11. November 2016

Noah Gordon 90. Geburtstag

Noah Gordon

Noah Gordon vor 90 Jahren am 11. November 1926 in Worcester, Massachusetts geboren. Er gehört zu den meistgelesensten zeitgenössischen Schriftstellern.

Den ersten Schritt seiner Karriere ging Noah Gordon heimlich. Eigentlich sollte der Sohn jüdischer Eltern Medizin studieren. Aber dann schrieb sioch der junge Gordon für Journalismus ein - ohne seinen Eltern davon zu erzählen.

Als Journalist schrieb Gordon viel über Krankenhäuser und Forschung. Wie ein roter, blutiger Faden zog sich die Medizin auch durch seine Bücher. Gordon hatte sich als chirurgischer Techniker und medizinisch-technischer Assistent für den Notdienst ausbilden lassen.


Die Laufbahn als Reporter beim "Boston Herald" ebnete ihm den Weg zum Schriftsteller, dessen »Medicus«-Trilogie sich millionenfach verkaufte. Zu seinen weiteren erfolgreichen Büchern gehören »Der Rabbi« und sein letztes Buch »Der Katalane«.


Besonders erfolgreich sind seine Romane rund um die fiktive Mediziner-Dynastie der Familie Cole »Der Medicus«, »Der Schamane«, »Die Erben des Medicus«. Seine neuesten Werke befassen sich mit der Inquisition und der jüdischen Kulturgeschichte.

Für den zweiten Roman »Der Schamane« aus der Medicus-Serie erhielt er im Frühjahr 1993 den »James Fenimore Cooper Prize for Historical Fiction«.

Das Schreiben bedeutete für ihn eine wahre Tortur. Wegen einer erst im Alter von 70 Jahren diagnostizierten Aufmerksamkeitsstörung quälte sich Gordon oft über Stunden, um klare Gedanken zu fassen und zu Papier zu bringen.

Webseite:

Noah Gordon - www.noahgordon.com


Blog-Artikel:

»Der Medicus« - Literatenwelt-Blog - http://literatenwelt.blogspot.com


Literatur:

Der Medicus
Der Medicus
von Noah Gordon

Donnerstag, 10. November 2016

Arthur Rimbaud 125. Todestag

Arthur Rimbaud

Arthur Rimbauds 125. Todestag jährt sich am 10. November. Der französische Dichter Arthur Rimbaud starb vor 120 Jahren am 10. November 1891 im Alter von 37 Jahren in Marseille nach längerem Leiden an Knochenkrebs. Rimbaud war ein französischer Dichter, Abenteurer und Geschäftsmann. Er war ein früh Vollendeter, denn sein literarisches Werk entstand in nur vier Jugendjahren.

Mit fünfzehn begann er zu schreiben, bald darauf floh er aus seiner Provinzheimat nach Paris, wo er mit Paul Verlaine zusammenlebte - bis dieser ihn bei einem Streit durch einen Pistolenschuß verletzte und dafür zwei Jahre ins Gefängnis mußte.

"Das Leben ist anderswo."

Arthur Rimbaud

Arthur Rimbaud war einer der wortgewaltigsten und bis heute meistgelesenen Dichter Frankreichs. Er leitete mit freien Versen und einer umfassenden Revolte gegen die Tradition die lyrische Moderne ein. In dem berühmten symbolistischen Dreigestirn Mallarmé-Verlaine-Rimbaud war er sicherlich der Radikalste - die Bewegung des Surrealismus ist ohne ihn nicht zu denken.

Rimbaud verfasste sein bis heute bedeutsames lyrisches Werk bereits im Alter zwischen 16 und 20 Jahren, ehe er um 1875 zu schreiben aufhörte, ein unstetes Dasein, überwiegend im Vorderen Orient führte und mit 37 Jahren an Knochenkrebs starb.


Seine dichterische Reife erlangte er mit Texten – z.B. dem Langgedicht »Le Bateau ivre« – in denen er seine Enttäuschung über das Scheitern der Pariser Commune (Mai 1871) verarbeitete und die er Verlaine schickte, der ihn beeindruckt nach Paris einlud.

Es folgten die »Lettres du voyant« und »Vers nouveaux« (1872, beide zunächst unveröffentlicht). Das unstete Vagabundendasein 1872/73 mit Verlaine schlug sich nieder in der Gedichtsammlung »Une Saison en enfer« (1873), wo Rimbaud seine Schuldgefühle und seine Wünsche nach einem weniger anstößigen Leben verarbeitete.

Sein Werk wurde zum Vorbild für die Symbolisten und übte eine tiefe Wirkung auf die französische Literatur des 20. Jahrhunderts aus. Den Symbolisten gelang es mit Hilfe ihrer fließenden Sprache Effekte zu erzeugen, die an musikalische, architektonische oder malerische Kompositionen erinnern. Durch die Verwendung von melodischen Rhythmen und mehrdeutiger Symbolik brachten sie facettenreiche Assoziationen und nuancierte Empfindungen zum Ausdruck.

Rimbaud hat das Dichten nicht nur radikal aufgegeben, die Tätigkeit, der er sich danach widmete, war eine höhnische Verneinung der Dichtung. Es wird behauptet, Rimbaud habe in Afrika mit Waffen und sogar mit Sklaven gehandelt.

Arthur Rimbaud wurde am 20. Oktober 1854 in Charleville in den Ardennen geboren.

Mittwoch, 9. November 2016

»Umbruch« von Gerhard Stadelmaier

Gerhard Stadelmaier


Der renomierte Theaterkritiker Gerhard Stadelmaier ist bekannt für seinen pointierten Schreibstil, aber auch für seine unbeirrbaren Urteile. Jetzt hat er seinen ersten Roman vorgelegt. Der erste Roman des legendären Theaterkritikers Gerhard Stadelmaier ist eine Liebeserklärung an die große Zeit der Zeitung. Sein erster Roman, eine Art literarische Autobiographie, ist eine so wortgewaltige wie tragikomische Liebeserklärung an das, was Zeitung war und sein sollte.






In der biographischen Komödie in drei Akten wird das Zeitungsleben eines jungen Mannes verhandelt. Der erste spielt in der "Stadtpost", wo der Chefredakteur noch als Herrgott verehrt wird. Der zweite in der "Landeszeitung", wo der Umbruch als Bastion, die Rezension als Hochamt gegen alle Anfechtungen des Zeitgeists zelebriert werden. Der dritte in der "Großen Staatszeitung", wo die hohe Schule der Eiertänzer geritten wird, aber auch die Mauern fallen und die Dämme brechen. Und bei allen drei Teilen ist jeweils der Tod ein wichtiger Mitakteur. Die Zeitungen jedoch erweisen sich für den jungen Mann als so quicklebendig wie die Zeiten.

Stadelmaier spart nicht mit gekonnten Seitenheiben auf die Zeitung und das Theater.
Mit ironischer Distanziertheit schreibt er von der "Großen Staatszeitung", wo die hohe Schule der Eiertänzer geritten wird. Auch das moderne Regietheater ist dem Theaterkritiker ein Dorn im Auge, denn es ist ein Synonym für das Theater im Wandel. Den Theatern in Deutschland geht derweil das klassische, gebildete Publikum verloren.

Der Theaterkritiker Gerhard Stadelmaier erzählt in seinem Roman von einem Theater im Umbruch. Die Skepsis Stadelmaiers ist nicht zu übersehen, die Abneigung gegen das Regietheater à la Castorf evident. Eigentlich schade, denn Neugier aufs Neue, die Auseinandersetzung mit dem Unbequemen, Unbekannten, sogar mit dem Ungeliebten gehören zum Kerngeschäft der Kritik. Doch Stadelmaier, Nachfolger des legendären Georg Hensel bei der FAZ, ist wohl zu oft enttäuscht worden. Die Liebe zur Theaterkunst, wie er sie sich wünscht, haben die Bühnen selten nur erwidert.

Weblink:

Umbruch
Umbruch
von Gerhard Stadelmaier

Dienstag, 8. November 2016

Peter Weiss 100. Geburtstag

Peter Weiss

Peter Weiss wurde am 8. November 1916 in Nowawes bei Potsdam geboren. Peter Weiss - Pseudonym: Sinclair - war ein deutsch-schwedischer Schriftsteller, Maler, Grafiker und Experimentalfilmer. Schon früh begriff er die Literatur als Gegenwelt zur Realität.

Peter Weiss erwarb sich in der deutschen Nachkriegsliteratur gleichermaßen als Vertreter einer avantgardistischen, minutiösen Beschreibungsliteratur, als Verfasser autobiographischer Prosa wie auch als politisch engagierter Dramatiker einen Namen.

Internationalen Erfolg erzielte er mit dem Stück Marat/Sade, das mit dem amerikanischen Theater- und Musicalpreis „Tony Award“ ausgezeichnet wurde. Das dem dokumentarischen Theater zugerechnete „Auschwitz-Oratorium“ Die Ermittlung führte Mitte der 1960er Jahre zu breiten vergangenheitspolitischen Auseinandersetzungen.

Weiss verstand sich zeit seines Lebens eher als "Fremdling", wie der Titel eines unter dem Pseudonym Sinclair veröffentlichten Textes lautet. Für sein Leben traf dies auch zu: In Berlin geboren, aus Deutschland vertrieben, wohnt er er seit 1939 in Schweden, galt dort gleichfalls als "fremder Vogel".


Mitte der fünfziger Jahre begann Peter Weiss in deutscher Sprache zu schreiben. 1960 erschien sein erstes Prosabuch »Der Schatten des Körpers des Kutschers«. Zu Beginn der siebziger Jahre wand sich Peter Weiss wieder der Prosa zu. Zwischen 1975 und 1981 erschien der dreibändige Roman »Die Ästhetik des Widerstands«, deren letzter Band begleitet wird von Notizbücher 1971 – 1980.

Seine Theaterstücke waren stets der Versuch der politischen und ästhetischen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit.

Am 29. April 1964 wurde ein Weiss-Drama mit dem Titel »Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats« dargestellt durch die Schauspielgruppe des Hospizes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade uraufgeführt. Regie führte der polnische Regisseur Konrad Swinarski am Berliner Schillertheater. Das Stück lebte von dem „Konflikt zwischen dem bis zum Äußersten geführten Individualismus und dem Gedanken an eine politische und soziale Umwälzung.“

Auf Anregung des schwedischen Regisseurs Ingmar Bergman verfasste Weiss 1974 eine Bühnenfassung von Franz Kafkas unvollendetem Roman »Der Prozess«, die sich eng an die Vorlage anlehnte und im folgenden Jahr in Bremen uraufgeführt wurde.


1975 erschien der erste Band von Peter Weiss’ Hauptwerk »Die Ästhetik des Widerstands«, an dem Weiss seit 1972 gearbeitet hatte. Das Romanprojekt stellte den Versuch dar, die historischen und gesellschaftlichen Erfahrungen und die ästhetischen und politischen Erkenntnisse der Arbeiterbewegung in den Jahren des Widerstands gegen den Faschismus aufzuarbeiten und zu vermitteln.

Mit dem beinahe 1.200 Seiten umfassenden, monumentalen Werk »Die Ästhetik des Widerstands« versucht der Autor Peter Weiss ein subjektiv, aus dem Blickwinkel des kommunistischen Widerstands wahrgenommenes Gesamtgemälde der Epoche des Nationalsozialismus und des Faschismus in Europa zu entwerfen.

Mehr als acht Jahre schreibt Peter Weiss an seinem Hauptwerk über den kommunistischen Widerstand gegen den Faschismus. Geschichtliche Trauer und Erinnerungsarbeit und zugleich das Bewegendste, was über Widerstand zu schreiben war. Mit gleichsam filmischen Mitteln montiert Weiss historische Szenen und Fragmente, verbindet Vergangenheit und Gegenwart in Dialogen und reflektierenden Passagen.

Als Peter Weiss auf der Pressekonferenz anlässlich des Erscheinens seiner »Die Ästhetik des Widerstands« gefragt wurde, was er glaube, wie lange ein Arbeiter brauche, um das Werk zu lesen, antwortete er völlig entspannt, dass das durchaus ein Jahr in Anspruch nehmen könne. Dafür bekam er nicht nur Applaus. Zeit ist zunehmend ein Faktor geworden, was alleine die Rezeption eines Kunstwerkes betrifft. Voluminöse literarische Werke hatten und haben es immer schwer. Nicht selten ist es so, dass die Spekulation derer, die es gar nicht lesen, berühmter machen als die Kritik derer, die sich die Zeit genommen haben.

1945 wurde er schwedischer Stastsbürger. Er lebte bis zu seinem Tod in Schweden. Peter Weiss starb am 10. Mai 1982 in Stockholm. Ihm wurde posthum der Georg-Büchner-Preis für das Jahr 1982 zuerkannt.


Literatur:

Die Ästhetik des Widerstands
Die Ästhetik des Widerstands
von Peter Weiss

Die Ästhetik des Widerstands
Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats
von Peter Weiss


Samstag, 5. November 2016

»Das kalte Herz« von Wilhelm Hauff

Das kalte Herz


Das kalte Herz: Ein Märchen

»Das kalte Herz« ist ein Märchen von Wilhelm Hauff, das im Schwarzwald im 19. Jahrhunderts spielt. Ein sehr schönes Kunstmärchen vom Anhänger der schwäbischen Dichterschule Wilhelm Hauff.

In einer Hütte im tiefen Schwarzwald lebt ein armer Kohlenbrenner. Peter Munk, auch Kohlenmunkpeter genannt, ist ein armer Köhler, der den Betrieb seines Vaters fortsetzt. Er verdient schlecht und beneidet Uhrenmacher oder Flözer. Er träumt von einem besseren Leben, von Ansehen und Geld – und davon, die schöne Lisbeth zu heiraten. Und so hofft Peter auf die Hilfe der guten Geister des Waldes, über die man sich erzählt, sie hätten schon manchem zum Glück verholfen. Auf seiner Suche begegnet Peter dem gefährlichen Holländer-Michel, der ihm einen teuflischen Pakt anbietet: Er verspricht Peter ebenslangen Reichtum. Doch im Gegenzug verlangt er Peters warmes, pochendes Herz.


Er möchte sein Leben von Grund auf ändern und trifft einmal auf den bösen Holländer-Michel, der ein Waldgeist ist und ihm mit viel Geld aushilft, dafür dass Peter ihm sein Herz gibt und als Gegenleistung ein kaltes Herz aus Stein erhält. Er trifft auch das Glasmännlein, das ihm drei Wünsche zur Verfügung lässt. Peter tötet seine Frau, weil sie armen Bettlern hilft und er eigentlich geizig trotz Reichtum ist. Er bereut diese Tat und sucht um Vergebung und sein altes, warmes, pochendes Herz beim Holländer-Michel. Das kalte Herz und das viele Geld haben ihn verdorben und zu einem Wesen ohne jegliches Mitleid oder Anteilnahme gemacht.


»Das kalte Herz« von Wilhelm Hauff, die Geschichte von Peter Munk, der nicht länger ein armer Köhler sein will, vom guten Glasmännlein und vom bösen Holländer-Michel, ist eines der schönsten deutschen Kunstmärchen. Der Stoff, aus dem es Hauff geformt hat, ist den Sagen und der Geschichte des Schwarzwalds entnommen.

Das Märchen verzaubert und entführt in den tiefen Schwarzwald vor 150 Jahren und die Geschichte ist von zeitloser Schönheit und daher lebendiger denn je. Der Kohlenmunkpeter, der sein Herz für Geld verkauft ist ein Thema das nie aus der Mode kommt, doch wie schön dass der Protagonist in diesem Märchen sich besinnt und sich am Ende alles zum Guten wendet.

Das Kunstmärchen erzählt auch die Geschichte des Schwarzwaldes, denn viele Berufe und die Gegend werden mit Worten vorgestellt, die die Gewalt von Bildern haben. Darin befinden sich viele bildhafte Motive wie das Glasmännlein, die Glasbläser und die schönen Tannen,. Angereichert ist diese Ausgabe zudem mit Original-Bildern von damals und ein Stück Karte, die den Schwarzwald abbildet ist ebenfalls vorhanden. Außerdem sind Texte/Kommentare von Hebel, Kästner, ja sogar von dem amerikanischen Schriftsteller Mark Twain über den Schwarzwald und das Motiv der "Drei Wünsche" enthalten.

Literatur:

Das kalte Herz
Das kalte Herz: Ein Märchen
von Wilhelm Hauff

Mittwoch, 2. November 2016

»Lettipark« von Judith Hermann

Lettipark
Lettipark: Erzählungen

»Letti Park« heisst der neue Erzählband von Judith Hermann. Es sind ganz besondere Geschichten mit literarischem Anspruch und eindringliche Sprachbilder. Seit ihrem großen Debüt-Erfolg »Sommerhaus, später« ist Judith Hermann berühmt für ihren unverwechselbaren Ton, die Eleganz und Schönheit ihrer Sprache.

In ihren neuen Erzählungen setzt sie so konzentriert wie leicht die Worte, zwischen denen sich das unfassbare Drama der Existenz zeigt. Was geschieht, wenn wir jemandem begegnen? Wie nah können wir den Menschen sein, die wir lieben?

Durch einen Blick, eine Berührung entsteht eine plötzliche Nähe, oder Menschen entfernen sich voneinander. Kinder, Exzentriker, ein Vater, der aus der Psychiatrie verschwindet – Menschen kreuzen unseren Lebensweg, begleiten uns, machen uns glücklich und bleiben

Es ist ein heterogenes, ziemlich schräges Personal, das die Geschichten bevölkert, und tauschen möchte man mit ihm in den seltensten Fällen. Meist sind es Momentaufnahmen ohne Vorgeschichte. Manchmal stört das, und dann fühlen sich die Episoden etwas unrund an - "Fetisch" ist so ein Beispiel, wo eine junge Frau alleine in einer Zirkuswagenburg darauf wartet, dass ein gewisser Carl wieder auftaucht, in dessen Schlepptau sie dort gerade angekommen ist und vor dem sie sich ein wenig zu fürchten scheint.

Auch die jeweiligen Schlüsse verabschieden den Leser gerne mit einem vagen Gefühl; es ist halt wie im richtigen Leben, da weiß ja man auch selten, wozu dieses oder jenes am Ende gut war, ist oder sein wird.

Bei all dieser Ungewissheit erstaunt es dann doch, wie stark diese minimalistisch erzeugten Bilder sind, die sich im Kopf des Lesers festsetzen, und wie gut man sich trotz aller Fremdheit in all diese Fremden hineinversetzen kann. Ich habe mich, um beim eingangs gewählten Bild zu bleiben, gefühlt wie nach einem Besuch in einem der Restaurants, wo man zwar Delikates und Überraschendes auf dem Teller vorgefunden hat, aber am Ende doch nicht richtig satt geworden ist.

Literatur:

Lettipark
Lettipark: Erzählungen
von Judith Hermann

Weblink:

Judith Hermann Autorenseite - www.judithhermann.de

Dienstag, 1. November 2016

Günter de Bruyn 90. Geburtstag

Günter de Bruyn

Der deutsche Schriftsteller Günter de Bruyn wurde vor 90 Jahren am 1. November 1926 in Berlin geboren. De Bruyn ist ein preußisch gefärbter Schriftsteller der deutschen Befindlichkeiten.

De Bruyn arbeitete nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs als Lehrer und später als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentralinstitut für Bibliothekswesen der DDR. Mit 17 Jahren wurde er in den Krieg eingezogen und überlebte verwundet. Er wollte seine Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg verarbeiten und fühlte das Schrieben stets als Berufung. Seit 1961 ist er Schriftsteller. De Bruyn schrieb immer wieder Geschichten aus der Mark Brandenburg und beschwor darin das alte Preußen.

Günter de Bruyns Werk besteht zum einen aus häufig autobiographisch gefärbten, realistischen Romanen und Erzählungen, die sich kritisch mit dem Privatleben der Kulturschaffenden in der DDR auseinandersetzen, zum anderen aus Essays zu literaturwissenschaftlichen und historischen Themen, insbesondere aus der preußischen Geschichte.

Er hat ein subtil-subversives Werk voller Poesie über Land, Leute und Geschichte seiner märkischen Heimat und seines deutschen Vaterlandes geschaffen. Den Fall der Mauer in Berlin am 9. November 1989 zählte er zu den glücklichsten Momenten seines Lebens seit Kriegsende.

Am Schriftsteller de Bruyn fasziniert sein literarisch genauer Blick auf das Unspektakuläre und doch oft so bemerkenswert Menschliche in der vermeintlich großen Geschichte, damit ganz bewusst auch in der Tradition seiner großen Vorbilder Theodor Fontane, Thomas Mann, Jean Paul und Heinrich Böll. Sein Buch über "Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter" gehört zu de Bruyns bedeutendsten Werken.

Für seinen ersten Roman "Der Hohlweg" erhielt er den "Heinrich-Mann-Preis". In Romanen wie "Buridans Esel" (1968) und "Preisverleihung" (1972) setzte er sich mit dem "real existierenden Sozialismus" auseinander - stets mit kritisch-ironisch Haltung gegenüber den Intellektuellen in der damaligen DDR. Starke Beachtung im Westen fanden sein Roman "Neue Herrlichkeit" (1984) und die beiden Bände der Autobiografie, "Zwischenbilanz" (1992) und "Vierzig Jahre. Ein Lebensbericht" (1996). Großen Erfolg hatte der preußische Romancier in den Neunziger-Jahren mit den beiden Bänden ("Zwischenbilanz" und "40 Jahre") seiner Autobiografie.

Als märkischen Schriftsteller hat ihn das gesamtdeutsche Publikum nach 1989 neu kennengelernt, weil er alle paar Jahre ein landschaftlich fundiertes Geschichtsbuch herausbrachte, in klarer, scheinbar schlichter Sprache erzählt. Als einen Fontane unserer Tage konnten die Neu-Berliner Leser ihn sehen, die dem Ruf der Hauptstadt gefolgt waren und deren Traditionen entdeckten; nur dass de Bruyn weniger die Geschichten des alten Adels erzählte (das auch), sondern die der Dichter und Schriftsteller, die sich vor allem um 1800 dort im Umkreis der Gutsherren bewegten.

So wurde aus einer schönen Buchreihe, dem noch in der DDR-Zeit erschienenen "Märkischen Dichtergarten" (den de Bruyn zusammen mit Gerhard Wolf edierte), und etlichen Einzelstudien, etwa dem Buch zu den Finckensteins in Madlitz von 1997, eine große Synthese von Berlins Kunstepoche von 1785 und 1815.

Im Oktober 1989 lehnte er die Annahme des Nationalpreises der DDR wegen „Starre, Intoleranz und Dialogunfähigkeit“ der Regierung ab. Er hat „wie kein zweiter DDR-Autor das eigene Verhalten öffentlich hinterfragt“.

Immer wieder fand der DDR-Alltag Eingang in seine Literatur, in welcher der das Leben der Kleinbürger im sozialistiscshen Alltag schilderte.

Nach der Wende war er Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland und des Kuratoriums der Akademie für gesprochenes Wort in Stuttgart.

Günter de Bruyn lebt in Berlin und Görsdorf bei Beeskow (Landkreis Oder-Spree).