Wer Becketts Stück noch nie gesehen hat – so könnte man böse formulieren – hat nichts verpaßt. Denn es passiert: (fast) nichts. Aber wer wollte das einem Stück vorwerfen, das in seinem Titel durchaus nichts verheimlicht. Denn »Warten auf Godot« kreist genau um dieses eine Thema, nämlich das Warten. Daß dieses Warten der beiden Landstreicher Wladimir und Estragon – die im Niemandsland an einer Landstraße miteinander reden, debattieren und streiten – nicht von Erfolg gekrönt sein wird, ist im Grunde von Anfang an klar.
Wovon handelt »Warten auf Godot«?
Von Godot? Vom Warten?
Handelt es nicht im wesentlichen
von der Abwesenheit aller Hoffnung?
Denn das Stück handelt ja eben nicht von Godot, von dem letztlich nicht einmal klar ist, ob es ihn überhaupt gibt, sondern es erzählt von seiner Abwesenheit. Oder, so könnte man noch grundsätzlicher feststellen: "Warten auf Godot« erzählt von der Abwesenheit allen Sinns und aller Hoffnung. Die Sinnlosigkeit des Daseins, das ist – ganz dem existentialistisch-avantgardistischen Zeitgeist der Pariser Intellektuellen entsprechend – das unausgesprochene Hauptthema des Stücks. Denn da finden sich zwei Landstreicher neben einem Baum wieder und an ihrer trostlosen Situation ändern auch der vorbeikommende Pozzo, der seinen Diener Lucky herumkommandiert, nichts.
Zweifel, ob ihr Handeln – das ja eben im Warten besteht – Sinn hat, begleitet Wladimir und Estragon das ganze Stück, dessen belanglos-surrealen Dialoge die grenzenlose Absurdität der Situation illustrieren und das Premierenpublikum irritiert zurückließ.
Fünf Jahre hatte es gedauert, daß Becketts bekanntestes Drama aufgeführt wurde. 1948 hatte er es geschrieben, aber erst der junge Regisseur Roger Blin inszenierte es am 5. Januar 1953 im kleinen Pariser »Théâtre de Babylone«. Verstanden habe er es zwar nicht – so gab der Regisseur Blin später zu Protokoll – aber es sei ihm sympathisch
gewesen.
Auf Anerkennung musste Samuel Beckett lange warten. Jahrelang suchte er für »Murphy« einen Verlag. »Warten auf Godot« kam erst fünf Jahre, nachdem es geschrieben wurde, auf die Bühne. Scheitern ist immer sein Thema geblieben.