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Samstag, 20. Januar 2018

Vor 150 Jahren: Dostojewskis »Der Idiot« erschienen


Fjodor Dostojewskis Kultwerk »Der Idiot« wird dieses Jahr 150 Jahre alt. In dem Roman verbinden sich die christliche Weltsicht des Autors mit seiner Fast-Hinrichtung zu einem Meisterroman, der seinen Lesern noch heute in allen Lebenslagen beistehen kann.

»Der Idiot« gehört zu den bekanntesten Romanen Fjodor Dostojewskis. Er wurde von Dostojewski in Genf 1867 begonnen, in Mailand 1868 beendet und erschien erstmals von Januar 1868 bis Februar 1869 in der Zeitschrift »Russki Westnik«.

Nach einem Sanatoriumsaufenthalt in der Schweiz kehrt der kindlich-naive und an Epilepsie leidende Fürst Myschkin nach Rußland zurück. Sein demütiges und mitleidendes Wesen wirkt anziehend auf seine von Schmerz, Schuld und Bosheit geprägte Umgebung. Immer weiter verstrickt er sich in die Ränkespiele um die schöne Nastasja und seinen Rivalen Rogoschin.

Der Idiot


Fürst Myschkin kehrt nach mehrjähriger Behandlung seiner Krankheit aus einem Schweizer Sanatorium nach Russland zurück. In Petersburg gerät er in die gutbürgerlichen Kreise der Hauptstadt.

Die offene, kindliche und vertrauensvolle Art, mit der er von seinem Leben, von seiner Krankheit, von der Natur, von der Schönheit und der Liebe spricht, kontrastiert beklemmend mit dem moralisierenden und durchtriebenen Geschwätz der Gesellschaft. Das Urteil über Myschkin ist, hinter vorgehaltener Hand, rasch gesprochen: Er ist ein „Idiot“.

"In der Umgangssprache ist es eben ein Verrückter, einer, der aus dem herausfällt, was die Gesellschaft als normativ ansieht. Myschkin ist einer, der die Normen auf eine sehr gute Weise verletzt, er verhält sich so, wie es sonntags in der Kirche gepredigt wird.

Der Protagonist des Romans, Fürst Lew Myschkin, ist ein idealer Mann. Dostojewskijs präsentiert einen perfekten Mann, voller Sympathie für alle und fähig, jeden in der Welt der bösen, schmutzigen Menschen zu verstehen. In den Entwürfen des Schriftstellers bezieht sich Dostojewski explizit auf Myschkin als einen „Fürsten Christus“. Und so gelingt Myschkin tatsächlich Christus ähnlich: voller Liebe und Vergebung, ohne jede Spur von Ärger.

Die Leute um ihn herum jedoch sehen in Myschkin nur einen Schwachsinnigen – eben einen Idioten. Sein guter Wille zahlt sich nur selten aus. Im Roman endet Myschkins Weg wenig glücklich. Fürst Myschkin hat zwar ein gutes Herz und eine schöne Seele, allein ihm fehlt der Mut und die Kraft zur Tat. Er ist inkompetent und ferner auch impotent. Das gute Prinzip kann sich gegen das Böse in der Welt nicht durchsetzen.

Dostojewski bringt hier in dem Roman tiefsten, fast mystischen Seiten seiner Charaktere zum Vorschein. "Alle Gesichter sind hell und farbenfroh, beleuchtet von elektrischem Licht, das sie auf übernatürliche Weise zum Leuchten bringt und man möchte sie tiefer betrachten", schrieb der russische Publizist Apollon Majkow im 19. Jahrhundert, ein Zeitgenosse Dostojewskis, über dessen »Idiot«.

Jeder Charakter in dem Roman ist in gewissem Maße besessen von etwas oder jemandem. Sei es Myschkins Liebe zu Nastassja Filippowna, einer Frau, die in ihrer Kindheit missbraucht wurde, und darum als abscheulich und "gefallen" gilt. Sie selbst teilt diese Ansicht übrigens. Oder sei es der 18-jährige Ippolit, der an einer Phthisis dahinsiecht und versucht Selbstmord zu begehen.

Mit Fürst Myschkin hat Dostojewski einen Antihelden erschaffen. Fürst Myschkins Erscheinung war mir von der ersten Seite an sehr sympathisch. Überhaupt hat Dostojewski einen Hauptcharakter geschaffen, der zu den ersten Antihelden der Weltliteratur gezählt werden darf.

Dostojewski, der an Epilepsie litt, lässt seinen Helden schon nach wenigen Stunden der Romanhandlung in Liebesnöte schlittern. Die reizende, mädchenhaft-romantische Aglaja hat es ihm angetan – aber auch Nastassja, die als „gefallene“ Frau von überirdischer Schönheit für Furore sorgt, jedoch, zu Myschkins Pein, von dem brutal-sinnlichen Kaufmann Rogoschin fasziniert ist, der den Fürsten erst brüderlich umarmt und dann zu erdolchen versucht. Myschkin zergeht vor Mitleid mit allen – nur nicht mit sich selbst.

Neben Cervantes’ Don Quijote und Dickens’ Mr Pickwick gehört der tragikomische Held aus Dostojewskis drittem Roman als Verkörperung des Sittlich-Schönen zu den großen idealistischen Figuren der Weltliteratur.

Literatur:

Der Idiot
»Der Idiot«
von Fjodor Dostojewski
Weblinks:

Vor 150 Jahren: Dostojewskis „Der Idiot“ - https://www.deutschlandfunkkultur.de

150 Jahre „Der Idiot“ - de.rbth.com

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