Am 12. Februar jährt sich der 30. Todestag des österreichischen Schriftstellers Thomas Bernhard, der im Februar 1989 in Gmunden (Oberösterreich) starb. Klassiker der Weltliteratur, weltberühmter Dramatiker, polarisierender Skandalautor: all diese Prädikate hat man dem 1989 verstorbenen österreichischen Schriftsteller Thomas Bernhard schon verliehen. Er gehört zu den grossen Autoren dieses Jahrhunderts und gilt als ein Autor von Weltrang.
Thomas Bernhard war einer der berühmtesten Stückeschreiber seiner Zeit und ein Wüterich, der in unermüdlichem Schaffenszorn Weltliteratur schrieb. Er war ein überaus vielschichtige Gestalt: Polarisierender Skandalautor, weltberühmter Dramatiker, österreichisches Phänomen - all das und noch viel mehr war Thomas Bernhard.
In der Rolle des Enfant terrible, des Nestbeschmutzers, befriedigte der uneheliche Sohn einer oberösterreichischen Hausgehilfin und Enkel des Schriftstellers Johannes Freumbichler seine Größenphantasien auf grandiose Weise. Das ungewünschte Kind, als Außenseiter geboren und vom Großvater zu Idealisierung der Einzelgängerrolle erzogen, durch die Krankheit um die Sängerlaufbahn gebracht und als Gerichtsreporter eines Salzburger Provinzblättchens zur Randerscheinung im Schreibgewerbe gestempelt, schwang sich zum bestgehaßten und berühmtesten Schriftsteller und Dramatiker seines Landes auf. Er wurde der negative Staatsdichter Österreichs. Sein Erfolg ermöglichte ihm den Milieuwechsel, verschaffte ihm den Zutritt zum Großbürgertum, dessen Lebensstil (Wohnung im Wiener Nobelviertel, Landsitz in Oberösterreich) er imitierte und dessen Borniertheiten er hämisch studierte und gnadenlos bloßstellte. Seine berühmte Misanthrophie, der Bernhardsche Markenartikel "Menschenhaß", ist genau besehen nur gewendete Eigenliebe.
Bernhard hat den eher beschaulichen Literaturbetrieb Östereichs nach dem Krieg gewaltig aufgemischt. Zu Lebzeiten war Thomas Bernhard als "Skandalautor", "Österreich-Beschmutzer" und Übertreibungskünstler verschrien und geschmäht, denn er zeigt Österreich nur allzuoft sein ungeschöntes und wahres Gesicht. Der »Alles-und alle-Beschimpfer« provozierte Skandale und wollte dennoch partout kein Skandalautor sein. Er war dennoch ein unbequemer Störenfried im eher beschaulichen Literaturbetrieb seines Heimatlandes Österreich, welches ihn mit einer innigen Hassliebe verband.
Thomas Bernhard, »Der Keller«
Thomas Bernhards Karriere begann als Lyriker, bevor er Anfang der 1960er Prosa-Werke zu verfassen begann. 1957 erschien sein erster Gedichtband "Auf der Erde und in der Hölle". Die schwere Kindheit, seine ständige Todesnähe durch Lungentuberkulose und der frühe Verlust des Großvaters spiegeln sich in seinem Werk wider. Mit dem Roman "Frost" wurde Bernhard 1963 schlagartig bekannt. Er schrieb Theaterstücke, Romane und Erzählungen und erhielt etliche Ehrungen - die ihm in späteren Lebensjahren aber mitunter peinlich waren.
Thomas Bernhard, der seine schriftstellerische Laufbahn mit Gedichten begann, fand schließlich seinen unverwechselbaren Stil in der Prosa (in Romanen und kürzeren Prosastücken) sowie im Drama. Aber Bernhard war auch ein großer Künstler der Literatur, der genau wußte: »Die einzige Heimat für einen Künstler ist die Kunst selbst.« Und das das Leben Bestimmung zum Tode ist: »Das Leben ist ein Prozess, den man verliert, was man auch tut und wer man auch ist.«
Thomas Bernhard
In all seinen Werken spiegeln sich sowohl gesellschaftliche Zustände als auch persönliche Erlebnisse. Thomas Bernhard war ein Schriftsteller, der sein eigenes Leben zur Dichtung gemacht hat und seine Erfahrung zum Mittelpunkt seiner Stücke erhoben. Daraus entstanden ist eine Dichtung mit Hang zur Erregung. Aus seinen Werken strömte stets die Erregung über die Zustände in seinem Heimatland. Und von der Erregung zum Skandal ist es nicht weit.
Thomas Bernhard schrieb seine autobiografisch geprägte Romane entlang seines Lebensverlaufes - beginnend mit dem Roman "Frost" 1963. Der Autor verarbeitete seine Kindheit und Jugend literarisch in fünf autobiografischen Werken: "Die Ursache", "Der Keller", "Der Atem", "Die Kälte" und "Ein Kind".
Mit dem Romanen "Frost", "Kalkwerk und "Heldenplatz" hat der Büchner-Preisträger Bernhard so deutliche literarische Zeichen gesetzt, dass das Interesse an seiner Literatur und seiner Vita auch 25 Jahre nach seinem Tod nicht abgeklungen ist. Bernhard schrieb auch autobiographisch: "Die Ursache", "Der Keller", "Der Atem", "Die Kälte", "Ein Kind", Werke, in denen er durchaus misantropisch vom Fahrrad Fahrenlernen, der Beziehung zum Großvater, der daraus entwickelten Prägung künstlerisch zu arbeiten, seinem Kindheitsproblem Bettnässen, schweren Erkrankungen, eigener erlebter und verfluchter Schwächlichkeit und Sanatoriumsaufenthalten erzählt.
Thomas Bernhard arbeitete sich sein Leben lang laut grantelnd an seiner österreichischen Heimat ab. Die Dosis wurde stetig erhöht. Ob Bernhard Prosa schreibt oder ein Stück, immer stehen sein Plädoyer gegen den Nationalsozialismus, seine Angriffe gegen sein ungeliebtes Heimatland Österreich mit im Mittelpunkt. Ganz besonders im "Heldenplatz", dem wohl umstrittendsten, dem bekämpftesten Werk von Thomas Bernhard. "Heldenplatz" von 1988 kurz vor Bernhards Tode sorgte in Österreich für einen großen Eklat.
Thomas Bernhard ist der Geist, der stets verneint und seine Stücke sind der Ausdruck seiner berühmten Misanthrophie und des Bernhardschen Markenartikels "Menschenhaß". Bernhard gilt als großer Romancier des Abgründigen. Der misanthropische Schriftsteller neigte dabei zu literarischem Sarkasmus. .
Das Feuilleton wurde nicht müde im Erfinden immer neuer Begriffe, um Thomas Bernhard, zu beschreiben. Als "Alpen-Beckett" wurde er bezeichnet und einen Meister der Suada sah man in ihm. Nur wenige haben so grandiose Hasstiraden auf Österreich verfasst wie Bernhard, keiner provozierte bei Preisverleihungen die Laudatoren wie er. Bernhard war immer für einen Skandal gut. Die Veröffentlichung seines Romans "Holzfällen" hat für einen Eklat gesorgt und die Inszenierung seines Stückes "Heldenplatz" war begleitet von heftigen öffentlichen Protesten.
Immer wieder war es seine Hassliebe zu Österreich, die offen zu Tage trat und ihn umgetrieben hat. Es gab für ihn kein schöneres Land als Österreich, in dem er nicht leben konnte, und in dem er doch bis zu seinem Tode blieb. Wut, Zorn und Häme galten dem Land und seinen Menschen. Vor allem die Politiker hatten es dem begnadeten Misantropen angetan. Seine großen Themen waren stets existenzieller Art: Tod/Selbstmord, Krankheit und seine innig gepflegte Österreich-Hassliebe:
»Ich lebe hier in Österreich, weil ich nicht anders kann, weil ich an die Landschaft gebunden bin. Aber ich will meiner Arbeit zuliebe mit meinen Feinden nichts zu tun haben ... ich habe naturgemäß keine Lust, auf diese Bühne zu steigen, auf welcher jeder, der an der Wahrheit hängt, zu einer lächerlichen Figur gemacht wird.«
Thomas Bernhard, eigentlich ein Wachrüttler im verschlafenen Kulturbetrieb seines Heimatlandes, wütete in seinen Werken mit wildem Furor, wurde bekannt dafür, wenig Rücksichten auf öffentliche Moral zu nehmen. Der streitbare Schriftsteller wurde künstlerisch getrieben durch eine Lust an der Provokation. Die provokatorische Feuersbrunst seiner abgründigen Werke loderte weithin sichtbar. Seine aufgeführten Werke - immer am Rande des Skandals - waren umstritten und riefen stets starke Emotionen hervor.
Heute erfährt der Dichter eine seltsame Anverwandlung: Er ist längst zu einem gefeierten Klassiker geworden. Zu Lebzeiten hatte Thomas Bernhard mit Skandalen für Schlagzeilen gesorgt und wurde dafür geschmäht. Er galt in Österreich als sogenannter Nestbeschmutzer. Der Dichter Bernhard ist heute, 30 Jahre nach seinem Tode, zu einem seltsamsten Heiligen der Weltliteratur geworden - er ist als nationales Heiligtum beinahe sakrosant geworden. Über Thomas Bernhard schimpft man längst nicht mehr.
Der Wahrheit auf der Spur, von Thomas Bernhard Suhrkamp Verlag 344 Seiten, 19,90 EUR. ISBN-13: 978-3-518-42214-4 |
Bekannt wurde Bernhards Theaterstücke durch die Inszenierungen des Intendanten Claus Peymann am Wiener Burgtheater. Es war der ganz spezielle böse Übertreibungshumor, den Peymann an Bernhard mochte. Beide verband eine innige Freundschaft.
Sein letztes Stück »Heldenplatz« kommt wie ein letztes Aufbegehren vor, in dem der Autor seiner Heimat die Stirn bieten wollte. Dieses Stück ist eine einzige Attacke und ein Lamento und es lässt heute noch, Jahre nach seiner Veröffentlichung, die Verärgerung spüren oder ahnen, die es seinerzeit in Österreich ausgelöst hat.
Er zählt zu den bedeutendsten österreichischen Schriftstellern und wurde unter anderem 1970 mit dem Georg-Büchner-Preis und 1972 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. Der Suhrkamp Verlag hat ihm zu Ehren eine Werkausgabe in 22 Bänden publiziert.
Biografien:
Zu Thomas Bernhard - Thomas Bernhard-Portal www.thomasbernhard.at
Thomas Bernhard-Biografie - www.dieterwunderlich.de
Thomas Bernhard-Biografie - www.die-biografien.de
Weblinks:
Thomas Bernhard-Zitate - www.die-zitate.de
Über Thomas Bernhard schimpft man nicht mehr - www.nzz.ch
Blog-Artikel:
Thomas Bernhard 80. Geburtstag
Thomas Bernhard der große Verneiner
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