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Samstag, 28. Mai 2022

»Der Schlaf in den Uhren« von Uwe Tellkamp

Der Schlaf in den Uhren



Nach zehn Jahren Wartezeit hat Uwe Tellkamp nun die Fortsetzung seines Romans »Der Turm« vorgelegt, die als unübersichtliche Mediensatire und Gesellschafts-Dystopie daherkommt. 14 Jahre nach seinem gefeierten Bestseller »Der Turm« legt Uwe Tellkamp einen lang erwarteten Fortsetzungsroman vor. In »Der Schlaf in den Uhren« geht es um das Ende der DDR, die "Meinungskorridore" der Medien und die Flüchtlingskrise. Dieses Mal liegt ihm die Literaturkritik jedoch nicht zu Füßen. Sein neuer Roman ist überwiegend verrissen worden.




Als vor fast 15 Jahren »Der Turm« erschien, wurde der damals noch nicht mal 40-jährige Schriftsteller Uwe Tellkamp schon als möglicher Nachfolger Thomas Manns gehandelt. Mehr als eine Million Mal verkaufte sich der Roman, der auch verfilmt wurde. 14 Jahre fällt die Kritik wenig wohlwollend aus: »Der Schlaf in den Uhren« wird von der Kritik, man kann es nicht anders sagen: brutal niedergemacht.

Uwe Tellkamp: »Der Schlaf in den Uhren« ist mir als Titel deshalb wichtig, weil es ein doppelt oder mehrfach sinniges Bild ist: Es gibt den Schlaf in den Uhren von dem, was immer währt, was in den Uhren schläft und erwachen kann. Und es gibt den Schlaf, der nicht kommt.

Ich merke in unserer Situation in der Gesellschaft, dass es Themen gibt, die im medialen Fokus oder der medialen Aufmerksamkeit, was Wirklichkeitsherstellung ist, verdrängt oder "durch" sind, wie es so schön heißt – aber sie sind es nicht wirklich für den Einzelnen, da spielen sie eine andere Rolle. Es gibt dann kleine Momente, in denen sie wiederkommen und plötzlich, als wäre keine Zeit vergangen, sind sie wieder da. Die Zeit ist natürlich trotzdem vergangen.


»Der Schlaf in den Uhren« ist streng genommen kein Roman, sondern eine Fortsetzungsgeschichte, denn diesmal ist nicht Christian Hoffmann der Protagonist, sondern sein Cousin Fabian.

In diesem Werk tauchen alte Bekannte aus seinem Roman »Der Turm« als Figuren wieder auf, aber die gesamte Umgebung ist fiktiv und eigentlich haben die Settings der beiden Bücher nicht mehr allzu viel gemein.

Der Turm Geschichte aus einem versunkenen Land.
Die Fortschreibung seines »Turm«-Projekts mit den Familien Hoffmann und Rohde wird durchmischt mit einer unübersichtlichen Mediensatire und einer Gesellschafts-Dystopie, bei der die Rückkehr des Stasi-Staates nicht in die Zukunft, sondern in die Vergangenheit verlegt wird.

Die Erzählzeiten changieren zwischen 1989 und 2015, denn ein bischen Deutsche Einheit und Wiedervereinigung muss schon sein. Diesmal ist nicht Christian Hoffmann der Protagonist, sondern sein Cousin Fabian. Handlungsort ist Treva, ein hanseatischer Stadtstaat und ein kafkaeskes Bürokraten-Gebilde. Fabian Hoffmann arbeitet für die "Tausendundeinenachtabteilung" an einer Chronik zum 25-jährigen Jubiläum der Wiedervereinigung. Die Trevische Nachrichtenagentur kontrolliert sämtliche Medien: Zeitungen, Rundfunk und Internet.

Der ganze Mut, die Hoffnung und Aufbruchstimmung, mit der allen Gefahren am Ende der DDR-Zeit getrotzt worden ist, lässt Tellkamp noch einmal literarisch aufleben, indem er Fabian Hoffmann mit seiner Mutter Anne unter die Demonstrierenden auf die Straße schickt, während andere aus der Familie eingesperrt waren. 



Die 2015 spielende Geschichte um den Ich-Erzähler Fabian Hoffmann, Sohn eines Stasi-verfolgten Dissidenten und nunmehr selbst für die geheime Sicherheitsbehörde tätig, nimmt zunehmend verschwörungstheoretische Züge an und läßt Erinnerungen an fremdenfeindliche Äußerungen des Autors aufkommen.


Uwe Tellkamp: Für mich ist das Verbindende zwei Dinge: der Name Hoffmann. Ich dachte nämlich, dass das Modell E.T.A. Hoffmann die Entbindung der Gespenster aus der Gegenwart und aus dem Alltag nur für den Sozialismus möglich ist. Das ist ein Irrtum. Den gibt es heute genauso, aber anders. Auch heute werden wieder Gespenster aus dem Alltag entbunden. Die kommen aus Codierungen, aus Algorithmen, aus künstlicher Intelligenz heraus, beeinflussen aber unser Leben. Schon eine simple Nachricht kann das tun, sie kann über eine Karriere von einem Politiker entscheiden, ob er Fraktionsvorsitzender bleibt oder nicht, das kann an einem Tweet liegen. Und wenn ich solche Formen darstellen will, muss ich sie so gut wie möglich kennenlernen. Und ich muss mir Gedanken darüber machen, wie ich sie formal fasse.

Literatur:

Der Schlaf in den Uhren
Der Schlaf in den Uhren
von Uwe Tellkamp

Der Turm Geschichte aus einem versunkenen Land.
Der Turm
von Uwe Tellkamp

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