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Mittwoch, 31. Mai 2023

Ludwig Tieck 250. Geburtstag

Ludwig Tieck

Ludwig Tieck wurde vor 250 Jahren am 31. Mai 1773 in Berlin als Sohn eines Seilers geboren.

Ludwig Tieck war ein deutscher Dichter, Schriftsteller, Herausgeber und Übersetzer der Früh-Romantik. Er zählte zu den vielseitigsten und produktivsten Dichtern des ausgehenden 18. und des beginnenden 19. Jahrhunderts. Er bewegte sich in Kreisen der Frühromantiker und war einer der wichtigsten Vertreter der sogenannten Jenaer Romantik.

Tieck wurde u. a. durch seine Shakespeare-Übersetzungen und als Herausgeber einer Vielzahl von Texten der Frühromantiker bekannt. Er selbst schrieb Bühnenstücke, Gedichte, Romane, Novellen und Märchen. Seine Märchen und Erzählungen machten Ludwig Tieck zu einem der bedeutendsten Dichter der Frühromantik in Deutschland.

Er studierte Theologie, Philosophie und Literatur. 1799 bewegte er sich in Jena im Kreis der Frühromantiker. Er hielt sich 1799 und 1800 in Jena auf, wo er zu den beiden Schlegel-Brüdern Friedrich und August Wilhelm Schlegel, Novalis, Clemens Brentano, Johann Gottlieb Fichte und Friedrich Wilhelm Joseph Schelling in freundschaftliche Beziehungen trat. Zusammen bildete der Kreis die sogenannte Jenaer Frühromantik. Für die von den Schlegels entwickelten Theorien lieferte Tieck die literarischen Beispiele.

Ab 1792 studierte er Geschichte, Philologie, alte und neue Literatur in Halle (Saale) (1792), Göttingen (1792/1793, 1793/1794) und Erlangen (1793, dort zusammen mit Wackenroder. Das eigentliche Ziel des Studiums war ihm wohl die Ausbildung zum freien Schriftsteller. Schon damals beschäftigte er sich eingehend mit Shakespeare.

Zur selben Zeit erschienen seine ersten Erzählungen und Romane »Peter Lebrecht, eine Geschichte ohne Abenteuerlichkeiten« (1795, zwei Bände), »William Lovell« (1795–1796, drei Bände) und »Abdallah« (1796). Seit dieser Zeit beteiligte sich Tieck an Wackenroders Schriften »Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders«, Ende 1796 erschienen, und »Phantasien über die Kunst, für Freunde der Kunst« (1799).

Seinen Übergang zur eigentlichen Romantik vollziehend, unternahm Tieck nun die bald dramatisch-satirische, bald schlicht erzählende Bearbeitung alter Volkssagen und Märchen, die er unter dem Titel Volksmärchen von »Peter Lebrecht« 1797 in drei Bänden veröffentlichte.

Während der Studienzeit in Erlangen unternahm er zusammen mit Wackenroder Reisen nach Nürnberg sowie durch die Fränkische Schweiz bis ins Fichtelgebirge, aber auch zum barocken Schloss Weißenstein bei Pommersfelden. Die Erlebnisse auf diesen Touren hielt er in nachmals berühmten Reisebeschreibungen fest.

1793 ritten Wilhelm Heinrich Wackenroder und Ludwig Tieck in die Fränkische Schweiz. Sie machen sich 1793 auf den Weg in die Fränkische Schweiz. Bekannt wurde die Reise durch die Schilderung ihrer »Pfingstreise von 1793 durch die Fränkische Schweiz, den Frankenwald und das Fichtelgebirge«.

1794 brach Tieck das Studium ab und kehrte nach Berlin zurück. Dort begann er noch ein Jurastudium, das er ebenfalls abbrach.

Tieck wurde u. a. durch seine Shakespeare-Übersetzungen und als Herausgeber einer Vielzahl von Texten der Frühromantiker bekannt. Er selbst schrieb Bühnenstücke, Gedichte, Romane, Novellen und Märchen. Bekannte Werke sind beispielsweise die Romane »Die Geschichte des Herrn William Lovell« (1795/96) und »Franz Sternbalds Wanderungen« (1798), die Novelle »Die Gesellschaft auf dem Lande« (1824) oder die Märchen »Der gestiefelte Kater“ (1797), »Ritter Blaubart« (1797) und »Der blonde Eckbert« (1797).
Der Roman »Peter Lebrecht« wurde erstmalig in zwei Teilen veröffentlicht in Leipzig/Berlin 1795/96.

Der vielstimmige Briefroman »William Lovell« wurde 1795 und 1796 in drei Bänden veröffentlicht und schildert die Verbildung eines empfindsamen Charakters zu Libertinage, Genußphilosophie und Verbrechen. Der melancholische Phantast William Lovell ist eine Vorform des romantischen Künstlers - wie z. B. des Titelhelden von Tiecks Roman »Franz Sternbald« - und beeinflußte unmittelbar Hölderlins »Hyperion«, Jean Pauls »Titan«, Büchners »Leonce und Lena« und andere mehr.

Der Künstler- und Bildungsroman »Franz Sternbalds Wanderungen« wurde 1798 veröffentlicht.

1804/05 Aufenthalt in Italien. 1817 in England, Beschäftigung mit Shakespeare. Seit 1825 war er Dramaturg des Hoftheaters Dresden.

1841 rief König Friedrich Wilhelm IV. den Dichter nach Berlin, wo er, durch Kränklichkeit zumeist an das Haus gefesselt und durch den Tod fast aller näheren Angehörigen sehr vereinsamt, ein zwar ehrenvolles und sorgenfreies, aber im ganzen sehr resigniertes Alter verlebte. König Friedrich Wilhelm IV., der ihn sehr schätzte, berief ihn am 31. Mai 1842 in den neugegründeten preußischen Orden Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste als Gründungsmitglied.

Ludwig Tieck starb am 28. April 1853 in Berlin.



   Bücher von Ludwig Tieck

William Lovell
William Lovell
Franz Sternbalds Wanderungen
Franz Sternbalds Wanderungen
Der gestiefelte Kater
Der gestiefelte Kater
Peter Lebrecht, eine Geschichte ohne Abenteuerlichkeiten
Peter Lebrecht
Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders
Herzensergießungen eines
kunstliebenden Klosterbruders


Weblinks:

Ludwig Tieck-Biografie - www.die-biografien.de

Ludwig Tieck-Zitate - www.die-zitate.de

Romantik - wortwuchs.net

Heidelberger Romantik - wortwuchs.net

Samstag, 27. Mai 2023

»Grashalme« von Walt Whitman

Grasblätter Gesamtausgabe
Grasblätter Gesamtausgabe

Der amerikanische Dichter Walt Whitman wird seit 1855 für seine »Grashalme«, sein lyrisches Hauptwerk, gefeiert. "Er ist Amerika", sagte Ezra Pound über den Dichter Walt Whitman.

Für Walt Whitman (1819-1892) ist sein Amerika das Reich der Zukunft, der nicht fertigen, aber zusammenwachsenden Volksgemeinschaft. Als wenn er vom Goethe-Wort bestärkt werde, "Amerika, Du hast es besser" ist es dennoch der Blick auf Zukunft nicht allein, denn auch Whitman setzt auf Traditionen. Und zwar auf die ureigenen des Menschen: die Natur und das Selbst. So wie Blaise Pascal die Ungereimtheit des Menschen als ernsten Anlass zur Demütigung sah, so bekannte er doch, dass eben das Verhältnis des Menschen zur Natur wichtig sei und noch wichtiger sei zu erkennen, in welchem Verhältnis der Mensch zur Natur stehe (vgl. »Pensées«, 313).

Whitman, inspiriert von den Schriften Ralph W. Emerson (1803-1882), bekennt sich zu diesen zwei großen Festen: das Ich und das Selbst in der Natur. "Ich singe das Selbst, den Einzelmenschen", so der erste Vers dieser zerbrechlichen Grashalme, dem folgend "Das Leben, unermesslich in Leidenschaft, Puls und Kraft, [...] Ich singe den modernen Menschen." Whitman steht für Aufbruch, steht für Gemeinsamkeit ("Ich höre Amerika singen, die vielerlei Lieder höre ich") aller Völker in einem Schmelztiegel, aller Berufe in einem Land, aller gebunden zu einem "kraftvollen Rundgesang".

In seinen »Grasblättern« besingt er den Aufbruch der USA nach dem Bürgerkrieg. Im Schmelztiegel seiner Dichtung vereint Whitman Ideen aus Kultur, Gesellschaft, Politik, Wissenschaft und Mystik seiner Zeit. Seine Gesänge sind Abbild und Vision einer modernen Nation der "Vereinigten Staaten", die Spaltungen überwinden und allen Menschen Freiheit und Gleichheit bringen soll.

Der Lyriker Jürgen Brôcan hat dieses zentrale Werk der amerikanischen Literatur mehr als ein Jahrhundert nach Erscheinen erstmals vollständig auf Deutsch übersetzt und mit einem Nachwort und einem ausführlichen Kommentar versehen.



Literatur:

Grashalme
Grashalme
von Walt Whitman

Grashalme
Grashalme
von Walt Whitman

Grasblätter Gesamtausgabe
Grasblätter Gesamtausgabe
von Walt Whitman


Mittwoch, 24. Mai 2023

Annette von Droste-Hülshoff 175. Todestag

Annette von Droste-Hülshoff

Annette von Droste-Hülshoff starb vor 175 Jahren im Alter von 51 Jahren am 24. Mai 1848 auf der Burg Meersburg in Meersburg am Bodensee.

Annette von Droste-Hülshoff war eine deutsche Schriftstellerin und Komponistin. Sie gilt als eine der bedeutendsten deutschen Dichterinnen und Lyrikerinnen ihrer Zeit.

Annette von Droste-Hülshoff nahm ihre literarische Arbeit sehr ernst und war sich bewusst, große Kunst zu schaffen. Sie schuf zahlreiche Gedichte und Gedichtzyklen. Ihre Balladen wurden berühmt (»Der Knabe im Moor«), wie auch ihre Novelle »Die Judenbuche«.

Ein wichtiges Dokument tiefer Religiosität ist ihr Gedichtzyklus »Das geistliche Jahr«, in dem aber – typisch für die Zeit – auch die Zerrissenheit des Menschen zwischen aufgeklärtem Bewusstsein und religiöser Suche gestaltet wird. Die Ausführungen in diesem Werk werden heute als autobiographisch erachtet, da sie über 20 Jahre an dem gesamten Zyklus arbeitete.

Bedeutend für ihr literarisches Wirken waren ihre Reisen an den Bodensee, wo sie zunächst zusammen mit der Mutter ihre Schwester Jenny besuchte, die den Freiherrn Joseph von Laßberg geheiratet hatte, der sich mit mittelalterlicher Literatur beschäftigte.

Die Judenbuche

»Die Judenbuche« ist eine 1842 in der Zeitschrift »Morgenblatt für gebildete Leser« erschienene Novelle von Annette von Droste-Hülshoff. Ihr beanntestes Werk »Die Judenbuche«, eine Kriminalnovelle, gehört zur Weltliteratur. Abgründig-bedrohliche Metaphorik, verbunden mit detailgenauen Beobachtungen prägen ihre Gedichte.

Der eruptive Ausbruch ihres lyrischen Schaffens stand in enger Beziehung zu der Liebe zu einem jüngeren Mann. Der Höhepunkt dieser Beziehung wird auch als Höhepunkt ihrer Lyrik angesehen.

Annette Freiin von Droste-Hülshoff wurde am 10. Januar 1797 auf Burg Hülshoff bei Münster geboren.

Literatur:

Die Judenbuche
Die Judenbuche: Ein Sittengemälde aus dem gebirgichten Westfalen
von Annette von Droste-Hülshoff


Sonntag, 21. Mai 2023

»An Pfingsten« von Ludwig Amandus Bauer



Um Pfingsten, wenn der Holder blüht,
Will’s Wandern uns gefallen,
Wenn frisch und rot das Röslein glüht,
Und tausend Lieder schallen.

Du Stadt mit deinen Mauern grau,
Ade, wir ziehn ins Weite,
Hoch, über uns der Himmel blau,
Der Frühwind gibt’s Geleite.

Kein Buch, als nur die grüne Flur,
Draus wir in tausend Weisen
Die Wunder lesen der Natur,
In Liedern sie zu preisen.

Kein Hörsaal, als der grüne Wald,
Der blüht und jubilieret,
In Rauschen und Duften tausendfalt
Weltweisheit und doziert.

Kein Karzer, — dass sich Gott erbarm’!
Als hangend, mit Verlangen
Von einem runden Mädchenarm
Recht enge sein gefangen.

Um Pfingsten, wann der Holder blüht,
Will’s Wandern uns gefallen,
Wenn frisch und rot das Röslein glüht
Und tausend Lieder schallen.

»An Pfingsten« von Ludwig Amandus Bauer


Samstag, 20. Mai 2023

Walther von der Vogelweide und die mittelhochdeutsche Lyrik

Walther von der Vogelweide

Walther von der Vogelweide gilt als der bedeutendste deutschsprachige Lyriker des Mittelalters. Er dichtete in mittelhochdeutscher Sprache.

Das Werk von Walther von der Vogelweide ist nicht nur das umfangreichste, sondern auch das vielseitigste in der mittelalterlichen Lyrikgeschichte.


Walthers literaturgeschichtliche Besonderheit liegt darin, dass er alle in der mittelhochdeutschen Lyrik vertretenen lyrischen Genres aufgreift: Minnesang, Spruchdichtung, religiöses Lied, politische Dichtung und in jedem dieser Genres innovativ war.

Mittelalterliche Dichter scheinen sich an Gattungskonventionen gehalten zu haben, bzw. die Schöpfung einer neuen Gattung wurde bewusst vorgenommen und von den Zeitgenossen auch als solche wahrgenommen.

Walther von der Vogelweide gehört zu den Autoren des Mittelalters, die auch in der Moderne gut bekannt und geschätzt sind. Seine Liebeslieder und seine politische Lyrik gelten noch heute als aufregend "modern", gar "revolutionär". Sie sind "gewiß nicht nur Studierstoff, sondern poetischer Reizstoff, Leuchtstoff, Erregungsstoff, Wirkstoff" (Rühmkorf).

Samstag, 13. Mai 2023

»Der Gaulschreck im Rosennetz« von Fritz von Herzmanovsky-Orlando

Der Gaulschreck im Rosennetz
Der Gaulschreck im Rosennetz

Fritz von Herzmanovsky-Orlandos Roman »Gaulschreck im Rosennetz« erschien 1928. Vor allem diesem Werk verdankt Fritz von Herzmanovsky-Orlando seinen Ruf als bizarrer Chronist der kuk-Monarchie, liebenswürdiger Fabulierer und Erzähler absurdester Andekdoten. Sein Humor besaß eine unschätzbare Eigenschaft: Grazie.

Der patriotische Jaromir von Eynhuf beschließt, seinem Landesvater zu dessen Regierungsjubiläum seine Milchzahnsammlung zu verehren. Doch die Sammlung ist nicht komplett. Auf der Jagd nach dem letzten Milchzahn gerät der Sekretär des Hoftrommel-Depots in Kakanien, wie es leibt und lebt!


Die Fassung einer Amoure lässt nicht nur unglaubliche Windungen und Wendungen der typisch wienerisch-unglücklichen Liebesgeschichte lebendig vor des Lesers Auge entstehen, sondern auch das verbeamtete und vom Standesdünkel durchzogenene königlich-kaiserliche Wien. Ein Genuß an Fablierkunst und Redewendungen, der einem ein Schmunzeln aufs Gesicht zaubert ob der skurillen Personen und Formulierungen:

Der Gaulschreck im Rosennetz
Der Gaulschreck im Rosennetz

"Wo anfangen? Oft starrte Eynhuf, stundenlang ratlos an der Feder kauend, durch das Fenster. Die Arbeit wuchs ihm schier über den Kopf. Kopf? Wieder so was, das bedenklich nach Umsturz roch! 'Meiner Ansicht nach', pflegte Hofrat Sauerpfister zu sagen, 'sollen die Beamten gar keinen Kopf nicht haben, sondern höchstens eine bedenklich gerunzelte Stirne.' Natürlich teilte Eynhuf submissest die Meinung seines Vorgesetzten."

Fritz von Herzmanovsky-Orlando hat mit dem Roman »Der Gaulschreck im Rosennetz« dem kaiserlichen Alt-Österreich ein unvergessliches Denkmal geschaffen. Grotesk, satirisch und unglaublich komisch. Eine böse, kleine Liebeserklärung an ein vergangenes Zeitalter.

Literatur:

Der Gaulschreck im Rosennetz
Der Gaulschreck im Rosennetz
von Fritz von Herzmanovsky-Orlando

Samstag, 6. Mai 2023

Max Frisch - der streitbare Geist der Schweiz


Max Frisch


Max Frisch war ein streitbarer Geist der Schweiz, ein Homo faber, aber auch ein Bürger dieses beschaulichen Landes: ein Bürgerlicher im Sinne des Citoyen, des streitbaren Freisinnigen. Was nun allerdings mit dem Freisinn gar nichts zu tun hatte, übrigens auch heute nichts mit dieser Partei zu tun hat.

Max Frisch forderte mit seiner streitbaren Bürgerlichkeit die Kreise heraus, die sich anmaßten, «das Bürgerliche» für sich gepachtet zu haben. Sie saßen in der Politik, in der Publizistik, in der Bundespolizei sowieso; besonders arrogant saßen sie in der Armee, natürlich in der Wirtschaft, vor allem in den Banken, allwo Lesen und Schreiben ohnehin den Sekretärinnen obliegt.


Max Frisch spielte als literarische Autorität die Rolle des nationalen Gewissens mit grosser Begeisterung, allerdings nicht ohne Folgen, denn der Schrfiftsteller wurde vom schweizer Staatsschutz überwacht.

Der Bürger, der Citoyen Frisch konnte sich nicht abfinden mit dieser Schweiz von Geld und ohne Geist. Er schrieb dagegen an, er redete dagegen an. Eine Antwort, Argumente gar, bekam er nicht, nur Diffamierung.

Die Schweiz hat sich nicht unbedingt höflich im Umgang mit ihrem berühmten Sohn gezeigt und diesen immer wieder diffamiert. Dieser Homo faber war verdächtig und daher der Schweiz immer ein Dorn im Auge.


Weblinks:

Max Frisch ist die Schweiz - www.blick.ch

Max Frisch-Biograife


Max Frisch-Biografie



Dienstag, 2. Mai 2023

»Das Maskenspiel der Genien« von Fritz von Herzmanovsky-Orlando

Das Maskenspiel der Genien
Das Maskenspiel der Genien

Die habsburgische Vergangenheit beherrscht weiterhin das literarische Bewusstsein Österreichs. Der 1929 abgeschlossene Roman »Das Maskenspiel der Genien« von Fritz Herzmanovsky-Orlando ist ein Werk der phantastischen Literatur, das in der neuerwachten Gotik der Levante spielt. Es ist sein Hauptwerk und zugleich ein Hauptwerk der österreichischen Literatur des 20. Jahrhunderts, ein von Einfällen und Witz überquellender, wunderschöner Alptraum. Ein Werk in der Tradition des österreichischen Humors und unter dem Einfluß von Alfred Kubins fin de siecle-Roman »Die andere Seite«.

»Das Maskenspiel der Genien« thematisiert die Spiegelung von Traum und Realität und ist eine Mischung aus antikem Mythos und Commedia dell` arte zum Zwecke der Vervballhornung der Habsburger Monarchie und ihres willfährigen und selbstgefälligen Beamtentums. Es ist die Wiederauferstehung des Mittelalters mit seinen Gauklerfiguren unter der Maske der Commedia dell` arte. Der Roman ist ein wahres Königtum des phantasievollen Einfallsreichtums und frechen Gauklertums. Die K.u.K.-Groteske spielt in der Tarockei. Der zu Lebzeiten unveröffentlichte und zunächst deutlich gekürzt publizierte Großroman »Das Maskenspiel der Genien« wurde 2011 in einer für breite Leserschichten angelegten unkommentierten "Volksausgabe" veröffentlicht.


Cyriacus von Ancona

Den ersten Teil der Reise führt den Abenteurer und Forscher Cyriak von Pizzicolli, eine literarische Verfremdung des Vorbildes Cyriacus von Ancona, in die Tarockei. Den zweiten Teil der Reise führt Pizzicolli nach Arkadien und in das antike Griechenland. Ins Bizarre gleitet die Reise nach Griechenland zur Zeit der Gotik ab. Hier spielt das Maskenspiel in der neuerwachten Gotik der Levante. Durch ungeheure Tragik gerät er in ein antikes Göttermysterium.

Arkadien ist ein ägäisches Wunderland voller mondäner Feste, bizarrer Einsiedler, berückender Landschaft und undeutlicher politischer Zugehörigkeit – die Türken werden nicht wirklich geleugnet, spielen aber nur eine untergeordnete dekorative Rolle – ist die eigentliche politisch-surrealistische Erfindung Herzmanovskys vorgelagert: die Tarockei, ein vom Fürsten Metternich geschaffener Pufferstaat im Süden der Donaumonarchie, der den Namen von seiner monarchischen Konstitution her trägt: Er wird nach den Regeln des Tarock-Spieles regiert.

Die Tarockei ist keine Insel der Seligen, obwohl von der Außenwelt der Nachbarstaaten gut abgeschirmt. Sie enthält natürlich Elemente einer Satire auf das alte Österreich mit seiner im Rückblick von heute bewunderten Bürokratie, die vor allem durch die von ihr entwickelte Sprache zu ihrer Zeit aber auch in manchem administrativen Exzess im Gedächtnis geblieben ist.


Die vier Könige des Landes werden ausschließlich nach ihrer physiologischen Ähnlichkeit mit den Spielkarten ausgesucht, und so gelangen die erstaunlichsten Personnagen auf den Thron. Hinter den Tetrarchen aber steht der eigentliche Machthaber, ein unheimlicher, nie erblickter Rat der Drei, bestehend aus den Tarockkarten Sküs, Mond und Pagat.

Durch eine Kastentür gelangt der verwaiste, ledige Cyriak von Pizzicolli, der sein Leben lang nie weit von Graz weggekommen ist, auf Traumpfaden in die Tarockei, „das einzige Nachbarland der Welt“, ein magisch bevölkertes Phantasiegebilde eines österreichisch-byzantinischen Utopia, dessen Verfassung auf den Regeln des Tarockspiels gründet. Was ihm dort widerfährt, nachdem er der atemberaubend schönen Cyparis - einer Verkörperung und Wiedergängerin der Helena - ansichtig wird, und warum er am Ende ein Hirschgeweih auf dem Kopf trägt, kann Ihnen nur dieses Buch erzählen und niemand anderer als Fritz von Herzmanovsky-Orlando. „

Pizzicolli landet am Ende auf der Insel Kreta. Dort erfolgt auch die Auflösung des geheimnisvollen Mysterienspieles /. des Mysteriums am Ende. Geheimes Wissen um eine versunkene Welt. Ein Mann in einer Mönchskutte offenbart ihm das geheime Wissen um eine versunkene Welt und das Wissen, wie sich die Dinge für ihn zusammenfügen. In der Offenbarung des Mönches in der weißen Kutte Fra Hugo ging Pizzicolli nun ein Licht auf über den geheimen Sinn der Mysterienspiele.

Die ganze religiöse Geschichte hat einen Angelpunkt: das Erscheinen des Erlöses, des Jesus Christos. Alle antiken Mysterien sind nutzlos. Hier in diesem weltvergessenen Stück Europas leben, sehr verborgen, die seltsamsten Bewahrer uralten mystischen Wissens der Tempeleisen, der Träger heiligster Traditionen, von Dingen, die am europäischen Kontinent längst abgeschafft und vorläufig noch vergessen sind.


Nach der Offenbarung gehen dem eingeweihten Pizzicolli nun zahlreiche Spukbilder durch den Kopf. Zum Schluss dann der Auftritt der Harlekine, welche die Maske lüpfen und das Rätsel der Mysterien auflösen. Bald erfuhr Pizzicolli, daß die Herren aus der ganzen Welt an dieser Stelle zusammengekommen seien. S. 487

"Man plane eine Durchwebung der antiken Mysterien mit den Figuren der Commedia dell`Arte ... wie wenn es geworden wäre, wenn Venedig wirklich den ganzen Orient für immer beherrscht hätte."

Am Ende trägt er selbst ein Hirschgeweih auf dem Kopf.


Fritz von Herzmanovsky-Orlando hat 1929 seinen weithin berühmten, jedoch vollkommen unbekannten Roman »Das Maskenspiel der Genien« abgeschlossen. Der Roman ist ein wahres Königtum des phantasievollen Einfallsreichtums. Die K.u.K.-Groteske spielt in der Tarockei. Der zu Lebzeiten unveröffentlichte und zunächst deutlich gekürzt publizierte Großroman »Das Maskenspiel der Genien« wurde 2011 in einer unkommentierten "Volksausgabe" veröffentlicht.

Der Abkömmling der Donaumonarchie hat der Monrachie mit seinem Werk ein groteskes Denkmal gesetzt. Ein traumhaftes Werk nicht nur für phantasiebegabte Leser mit Sinn für Ironie und Komik. Sehr empfehlenswerter Lesestoff für alle, die wirklich gute phantastische Literatur und nicht nur "Fantasy" lesen wollen.



Blog-Artikel:

Fritz von Herzmanovsky-Orlando 140. Geburtstag

»Der Mann ohne Eigenschaften« von Robert Musil


Weblink:

Cyriacus von Ancona – Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki


Literatur:

Das Maskenspiel der Genien
Das Maskenspiel der Genien
von Fritz von Herzmanovsky-Orlando

Phantastik auf Abwegen. Fritz von Herzmanovsky-Orlando im Kontext
Phantastik auf Abwegen. Fritz von Herzmanovsky-Orlando im Kontext
von Bernhard Fetz und Klaralinda Ma



Tarockspiel:

Tarock - Wikipedia - de.wikipedia.org