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Samstag, 2. November 2013

»San Miguel« von T.C. Boyle

In dem neuen Roman »San Miguel« von T.C. Boyle geht es auf die Pazifik-Inseln vor der kalifornischen Küste. San Miguel gehört zu den vor der Küste Santa Barbaras gelegenen Channel-Islands, meilenweit draußen im Pazifischen Ozean.

Die kalifornische Insel San Miguel ist dreizehn Kilometer lang und bis zu sechs Kilometer breit. Von 1850 bis 1948 brachten Viehzüchter Schafe auf die Insel, später nutzte die US Navy die Insel. Heute ist San Miguel Bestandteil des Channel-Islands-Nationalparks.

Karte der Kanalinseln


"Ich sehe die Insel von meinem Fenster."
T.C. Boyle
San Miguel
Weil sie mal Orte abwegiger Idealisten oder Gestrandeter waren, sind sie literarisch interessant, in der Realität jedoch weitaus weniger und für Besucher kaum von Wert. San Miguel ist eine baum- und strauchlose Enttäuschung. Die Inspiration für seinen Roman fand der Autor vor der Haustür, denn die Insel San Miguel kann er als seine Romanvorlage von seinem Haus an der Küste Kaliforniens sehen.

Boyle verwendet für seine Romane oft historische Vorbilder. In »San Miguel« sind es drei Frauen, die zu unterschiedlichen Zeiten auf der ansonsten unbewohnten kalifornischen Insel San Miguel gelebt haben. Bei Recherchen zum Roman »Wenn das Schlachten vorbei ist« lernte er die Lebensgeschichten der drei Frauen kennen, die tatsächlich Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts dort, wo kein Baum wächst und die Sonne selten scheint, ihr Glück mit der Schafzucht versuchten.

San Miguel Insel

Mitten in diese strauchlose Ödnis platziert Boyle seine Handlung. Den Anfang macht die schwindsüchtige Marantha, die 1888 mit ihrem herrschsüchtigen Mann Will, der dort von der Wolle von 4000 Schafen leben will, auf die Insel kommt. Die gute Luft, so glaubt er, werde sie heilen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Marantha geht es immer schlechter, und sie erträgt die raue Situation auf der Insel nur äußerst schlecht.

"Das Paradies ist eine Insel. Die Hölle auch."

Der zweite Teil widmet sich der Adoptivtochter des Paares, Edith. Weil sie noch nicht volljährig ist, zwingt Will sie nach Maranthas Tod, ebenfalls mit ihm auf der Insel zu leben. Doch sie setzt sich mit allen Mitteln zur Wehr und plant die Flucht. Erst Elise, die viele Jahre später mit ihrem Mann auf die immer noch unwirtliche Insel zieht, scheint dort ihr Glück zu finden.
Ein historischer Roman, der in seinen Dialogen zwar nicht den Boyle-typischen ironischen Ton pflegt, aus drei Perspektiven aber sehr gekonnt beleuchtet, wie die Isolation diese drei Frauen verändert, wie Hoffnung sie treibt, Enttäuschung sie hart macht und Einsamkeit sie verstummen lässt.

"Ich will meine Figuren leiden sehen."
T.C. Boyle
T.C. Boyle hat mit »San Miguel« einen dichten, phasenweise beklemmenden Roman geschaffen. Ein stilles, ruhiges Meisterwerk auf gewohnt hohem Niveau, das allerdings nicht jedem gefallen wird. »San Miguel« ist ein stilsicher geschriebener Roman, dessen Erzählstrom stetig und ruhig dahinfließt, ohne die ganz großen Höhepunkte zu bieten.

Dass, was T.C.Boyle in die insulare kalifornische Ödenei gezaubert hat, ist durchaus bemerkenswert. Dem großen Erzähler T.C. Boyle gelingt es meisterhaft, in dieser großen Saga das Schicksal dreier starker Frauen auf der einsamen Insel lebendig werden zu lassen. Mit bald 65 Jahren, scheint er allerdings ruhiger, abgeklärter und melancholischer geworden zu sein.

Weblinks:

T.C. Boyle-Portal - www.tcboyle.de

Fotos, Berichte, Zitate aus Zeitungsmeldungen, Links und Videos - www.tcboyle.de

San Miguel Island - Wikipedia

Sabine Schmidt über T.C. Boyle und »San Miguel« - www.rp-online.de/kultur

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San Miguel
San Miguel
von T.C. Boyle

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