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Samstag, 20. August 2022

»Der König von Korsika« von Michael Kleeberg

Der König von Korsika



Der westfälische Baron Theodor von Neuhoff hat den Korsen im Jahr 1736 in einem schwachen Moment ihrer Geschichte beigestanden und dabei selbst Geschichte geschrieben.

"Auch ein Dilettant kann zu wunderbaren Resultaten gelangen im Leben." So gesehen hat der westfälische Baron Theodor von Neuhoff dem "Rad der Weltgeschichte in die Speichen" gegriffen. Immerhin hat es der Geheimagent, der Luftikus, Liebhaber und hochstapelnde Alchimist, der Abenteurer und Glücksritter und kaiserliche Gesandte bis zum König von Korsika (1736) gebracht. Zwar dauerte seine Herrschaft nur einen Sommer lang, ein Histörchen - für einen Eintrag in die Geschichtsbücher reichte es aber allemal.

Geheimagent, Liebhaber, hochstapelnder Alchimist und kaiserlicher Gesandter - Theodor Neuhoff ließ sich von den Wellen des Geschicks durch ganz Europa tragen, weiß zu parlieren, zu brillieren und zu blenden. Und wird am Ende Opfer der eigenen Selbstüberschätzung. Als er sich - überzeugt, die Politik sei ein Spiel - im April 1736 von korsischen Aufständischen zum König ausrufen läßt, war sein Untergang besiegelt.



Im Jahr 1729 begannen auf der Insel mehrjährige Aufstände gegen die Herrschaft der Genuesen. Am 15. April 1736 machten korsische Rebellen den deutschen Abenteurer Baron Theodor von Neuhoff (1694–1756) im Kloster von Alesani (in der Castagniccia) zum König. Das Königreich Korsika bestand jedoch kaum ein Jahr.


Begabt für das Leichte sein, an der Oberfläche der Dinge leben, dem Glück folgen: das war und tat Baron Theodor Neuhoff - bis er sich zum König von Korsika krönen ließ und daran scheiterte. Das Leichte ist so trügerisch wie vergänglich, Michael Kleebergs Roman ein sprachliches Meisterwerk.

Von der ersten bis zur letzten Seite inszeniert der Autor Michael Kleeberg, der zuletzt mit dem Roman Ein Garten im Norden auf sich aufmerksam machte, seine fiktive Biografie des historisch belegten Scharlatans, Spions und Frauenhelden als tragikomisches Welttheater. Und das wohl ganz zu Recht: Glücklich nämlich ist auch die wechselvolle Karriere des wirklichen Theodor von Neuhoff ganz und gar nicht verlaufen. 1694 in Köln geboren, machte der westfälische Baron schon früh durch Liebschaften und alchemistische Spiegelfechtereien bei Hofe auf sich aufmerksam. Nachdem er den Korsen Waffen und Aufbauhilfe versprochen hatte, ließ er sich 1736 als Theodor I. zum König der Insel krönen. Neuhoff aber thronte nur einen Sommer: Ein Jahr später musste er Korsika Richtung England - und damit Richtung Gefängnis -- verlassen.

Bei Kleeberg wird die Geschichte des »Königs von der traurigen Gestalt« zu jenem grotesk-barocken Puppenspiel, das als Motiv immer wieder durch die faszinierende Handlung geistert. Vielleicht ist das nicht immer alles so ganz wahr, was sich unter der Regie des Autors da im Buch an vermeintlich Faktischem abspielt.

Literatur:

Der König von Korsika Der König von Korsika von Michael Kleeberg

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