Menue

Samstag, 18. April 2015

»Abendlicht« von Stephan Hermlin

Abendlicht
Abendlicht

Stephan Hermlin, ein bedeutender Dichter und Kulturfunktionär der DDR, hält Rückschau auf sein Leben und verklärt seine eigene Sage mild im Abendlicht - einem Epos der Verklärung.

Der sozialistische "homme de lettre" erinnert sich an Beobachtungen und Erfahrungen eines jungen Mannes aus gebildeter bürgerlicher Familie, der auf der Straße zum Kommunisten wird und so beides aus fremder Nähe wahrnimmt. An das Großbürgertum, das die heraufkommenden Nazis als barbarische Horde abtut, und die Arbeiter, die sich hilflos und oft schwankend widersetzen.

Im Zentrum des Interesses stehen nicht Natur oder Kunst, sondern die politischen Entwicklungen in der ausgehenden Weimarer Republik und in der Zeit der Etablierung der nationalsozialistischen Herrschaft. Ein Angelpunkt ist dabei der 1931 erfolgte Eintritt des Erzählers in den kommunistischen Jugendverband, der zu einem weitgehenden Bruch mit seinem großbürgerlichen Umfeld führt.

Dieser Schritt wird zwar durch das Versagen des Bürgertums gegenüber dem aufkommenden Faschismus plausibel gemacht, jedoch die Widersprüche zwischen dem weiterhin künstlerisch ambitionierten Ich-Erzähler und den Anforderungen der damals an Stalin orientierten kommunistischen Organisationen nicht immer schlüssig glattgezogen.

Als "sozialistischer Grandseigneur" hatte er an seinem bürgerlichen Literaturgeschmack festgehalten und in seiner "Abendlicht"-Prosa Stimmungen wie diese beschworen:




"Und der Himmel da oben, wie ist er so weit … über den fernen Berg hinweg zog er den Blick nach oben, ließ ihn von Tiefe zu Tiefe stürzen, denn die Tiefe war nicht nur unten in den Gewässern, sie umgab mich von allen Seiten, ihr anderer Name war Stille, nirgendwo war sie tiefer als im Blau da oben…"




Ein Dokument aus heroischer Zeit der Kämpfe zwischen Himmel und Hölle, kommunistischer Utopie und babarbarischem Faschismus, sollte den Lesern hüben und drüben vor Augen führen, dass es damals nicht so einfach war, ein äußerst guter, tadelloser Mensch zu sein, der sich eindeutig von allem Bösen abhalten und abgrenzen konnte. Und doch schien genau das geglückt im Lebenslauf des Stefan Hermlin.

Er war zwar ein Freund Erich Honneckers und hielt felsenfest zum Regime der DDR, aber er konnte es sich deshalb auch leisten, gegen die Ausbürgerung Biermanns zu protestieren. Als wollte er damit sagen, wenn ihr dem Regime genügend Appllaus spendet, dann duldet es auch eure Kritik hin und wieder. Seiner Tochter, sie war längst an sich für den diplomatischen Dienst vorgesehen, aber sie wurde auch ein Groupie von Biermann, wollte genau das nicht gelingen, drum musste auch sie nicht fliehen, doch mit Möbelwagen als persona non grata ausgebürgert werden.

Als die Sage seines Lebens, zwischen Bericht und schön geschriebener Parabel 1979 unter dem Titel "Abendlicht" bei Wagenbach erschien, war das Feuilleton in Ost und West gleichermaßen begeistert.

Weblinks:

Abendlicht
Abendlicht
von Stephan Hermlin

Dichtung und Wahrheit: Zum Fall Stephan Hermlin - www2.dickinson.edu

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen