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Samstag, 28. August 2021

»Die Bibliothek von Babel« von Jorge Luis Borges


Die 1941 veröffentlichte Erzählung »Die Bibliothek von Babel« von Jorge Luis Borges war ursprünglich Teil des Bandes »Der Garten der Pfade, die sich verzweigen« (»El jardín de senderos que se bifurcan«), der 1944 wiederum als erster Teil der »Fiktionen« (»Ficciones«) herausgegeben wurde.

Es handelt sich um eine Spekulation über eine mögliche Welt, welche als eine Bibliothek aller möglichen Bücher dargestellt ist. Diese Bücher, zufällig in der Bibliothek angeordnet, enthalten in der Mehrzahl für die Bewohner der Bibliothek unverständliche Texte. Die Idee einer solchen Universalbibliothek wurde von Borges bereits 1939 in einem Essay beschrieben und auf ihre literarischen Vorläufer zurückgeführt.

Borges schildert weiterhin, wie verschiedene Bewohnergruppen der Bibliothek sich mit ihr auseinandersetzen: Es wurden und werden Sekten gegründet, von denen einige bis zur Vergötterung der meist nicht entzifferbaren Bücher gehen und andere zur Verbrennung der Bücher aufrufen, es gibt Wanderer, die die Bibliothek auf der Suche nach einem Buch mit der Antwort auf alle Fragen durchschreiten, es gibt Wissenschaftler, die sich mit der Struktur der Bibliothek befassen und viele mehr. In Borges’ Erzählung werden die Menschen in der Bibliothek alt, ohne eine Antwort gefunden zu haben auf das, was sie umgetrieben hat.


In dieser Geschichte spiegelt sich die für Borges typische Faszination des Unendlichen wider; er spekuliert verschiedene Entstehungs- und Gliederungsmöglichkeiten der Bibliothek. Auch bedient er sich, wie in allen seiner Geschichten, der Mystifizierung, bringt also beispielsweise Zitate, die schwer verifizierbar sind und bei denen nicht klar ist, ob Borges die zitierte Person erfunden hat oder sie nur kaum jemandem außer Borges, der eine gewaltige Allgemeinbildung besaß, bekannt ist.

Der Aufbau der babylonischen Bibliothek spiegelt einen fundamentalen Aspekt des borgeschen Literaturverständnis: Nach Borges ist die Literaturgeschichte aufgebaut auf einer Totalität und zyklischer Wiederkehr aller denkbaren Inhalte, Konstellationen, Ereignisse und Formen.

Die Erzählung »Die Bibliothek von Babel« inspirierte Umberto Eco zum Bauplan der Klosterbibliothek im Roman »Der Name der Rose«. Der blinde Bibliothekar und Gegenspieler Williams von Baskerville, Jorge von Burgos, ist eine Reminiszenz an Jorge Luis Borges.


Literatur:

Das Geheimnis der Rose entschlüsselt
Das Geheimnis der Rose entschlüsselt
von Klaus Ickert, Ursula Schick

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