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Freitag, 25. Februar 2011

"Skippy stirbt" von Paul Murray

Skippy stirbt
Skippy stirbt

"Skippy stirbt" ist ein 2010 veröffentlichter tragischer und komischer Roman des irischen Schriftstellers Paul Murray. Die Geschichte spielt in einem katholischen Eliteinternat namens "Seabrook" nahe Dublin. In diesem Elite-Internat lebt Unheil fort und erzeugt fortwährend neues. Den meist pubertierenden Helden kommt es ohnehin nicht unbedingt wie ein Eliteinternat vor. Vielmehr langweilen sie sich, beschäftigen sich mit naturwissenschaftlichen Besonderheiten und Drogen oder nehmen ihre Lehrer auseinander.

Helden sind der titelgebende Daniel "Skippy" Juster, sein Zimmergenosse Ruprecht "Blowjob" van Doren, einige andere Mitschüler, ein außerordentlich hübsches Mädchen von der gegenüberliegenden Schule "St. Brigid's", das ein ausgefuchstes Doppelleben führt, ein paar Lehrer und, natürlich, die Patres - die mehr oder minder grauen Eminenzen, die das Geschehen am "Seabrook" bestimmen.

Ruprecht Van Doren, genauso fett wie schlau, teilt sich im traditionsreichen Dubliner Internat Seabrook ein Zimmer mit Daniel Juster, genannt "Skippy". Obwohl Skippy bereits im Epilog das Zeitliche segnet, was laut Titel nicht überraschend, aber doch überraschend früh passiert, bleibt er in Seabrook allgegenwärtig: seine alles verändernde Liebe zur schönen, frisbeespielenden Lori; Ruprechts Versuche, das Tor in eine fremde Dimension zu öffnen; die "Gang", bestehend aus Mario, Dennis und Geoff, die zu allem, aber doch hauptsächlich zum Thema Sex eine Meinung haben sowie Carl, der Schuldealer, der verwirrende Einblicke in seine Psyche gewährt.

Der namensgebende Held Skippy stirbt gleich auf den ersten Seiten, so dass an dieser Stelle auch nicht zu viel verraten wird. Der Rest des Buches erzählt die Geschichte, wie es dazu kommen konnte und was danach geschah. Aber erst im dritten und letzten Teil des Buches eröffnet sich die gesamte Komplexität des Geschehens. In dem Roman werden viele Themen bearbeitet,.z.B. Freundschaft, große Liebe, Erwachsenwerden, Drogen, Naturwissenschaften, Tod, Schulalltag, Wahrheit und Lüge, Scheinheiligkeit der Kirche, Missbrauch.

Skippy stirbt gleich am Anfang, bei einem Donut-Wettessen, allerdings ohne auch nur einen Happen zu sich genommen zu haben. Im Anschluss erzählt Murray die Vorgeschichte dieses Ereignisses, das kein Unfall war. Er erzählt aber auch vom Werdegang des Lehrers und Ex-Seabrook-Schülers Howard "Hasenherz" Fallon, der einer jungen Aushilfslehrerin verfällt, seine Beziehung über Bord wirft und schließlich, die Geister der eigenen Vergangenheit bekämpfend, rebellische Züge entwickelt. Die Geschichte handelt vom Erwachsenwerden, von Wahrheit und Lüge und den vielen Abstufungen dazwischen, von Paralleluniversen, Gewalt, Drogen, Liebe, Freundschaft, hinterhältigen Schönheiten und, vor allem im dritten Teil, von der Scheinheiligkeit der ach so frommen Gottesmänner.

"Skippy stirbt" ist eine Milieustudie, ein Sittenbild, eine Metapher, eine Abrechnung, ein Coming-Of-Age-Roman - und vieles mehr. Es ist auch ein Jungsbuch, aber weit weniger, als das zunächst den Eindruck macht. Die Figuren sind sehr anschaulich skizziert und, zumindest, was das Hauptpersonal anbetrifft, gut zu unterscheiden. Den dicken Ruprecht mit seiner schrulligen, wissenschaftszentrierten Weltsicht gewinnt man ebenso lieb wie den zynischen Dennis, den einsamen Skippy mit seiner verzweifelten Liebe, den Möchtegern-Weiberheld Mario mit seinem nie benutzten "Glückskondom" und die vielen anderen. Und als der Lehrer Howard Fallon in einer Sitzung beim "Automator" der Schule dazu genötigt wird, eine Verschwiegenheitserklärung zu unterzeichen, zerreißt es einen förmlich.

Das Buch entwickelt seine Wucht erst im letzten Teil, bis dahin tändelt es zwischen kleinen und größeren Problemen, deutet an, verliert sich hin und wieder in Episoden, deren Sinn auch am Ende nicht ganz verständlich wird. Dadurch fühlt es sich authentisch an, dann aber wieder doch nicht, sondern bemüht, quasi über das nötige Maß hinaus feingeschliffen - fast schon konstruiert. Skippys Konflikt, die aussichtslose Liebe, wird in Howard Fallon gespiegelt, das Missbrauchsthema taucht überraschend auf, wobei die Reaktion der Patres dann wieder wenig überrascht. "Skippy stirbt" ist ein Buch mit großer Intensität, das viele bemerkenswerte Geschichten und Motive enthält, dem es aber nicht ganz gelingt, sie schließlich zu einer Gesamtheit zu verbinden.

Paul Murray ist mit "Skippy stirbt" ein tragischer und komischer Roman und großartiger Roman über Freundschaft gelungen, der die zerrissenen Gefühle der Pubertät so nachvollziehbar zeichnet, dass man sich kaum entziehen kann. Besonders beeindruckend sind Kraft und Schönheit von Murrays Sprache, sowie sein Spiel mit den verschiedenen Erzählperspektiven.

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