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Samstag, 14. Mai 2011

Max Frischs Stiller - ein Mann der gescheiterten Identität

Max Frisch

"Ich bin nicht Stiller" - mit diesen Worten beginnt der 1954 erschienene Roman "Stiller". Dieser Roman, in dem Max Frisch mit verschiedenen Identitäts- und Lebensentwürfen experimentierte, bedeutete für Frisch den Durchbruch als Schriftsteller.


Stiller


Es ist Max Frischs erster bedeutender Roman, der von der Möglichkeit handelt, ein anderer zu sein. Der Roman erzählt die Geschichte von einem Individuum im identitären Widerstreit, von der Verweigerung des Ichs und einer gescheiterten Identität. Er besticht durch ein geschicktes Hantieren mit Lebensentwürfen.

Ein Amerikaner namens Jim Larkin White wird an der Schweizer Grenze aus dem Zug geholt. Man hält ihn für den seit sechs Jahren verschollenen Bildhauer Anatol Ludwig Stiller. Außerdem wird er beschuldigt, in eine Agentenaffäre verwickelt zu sein.

Der Festgenommene bestreitet das vehement, doch alle Indizien sprechen gegen ihn. Selbst frühere Freunde und auch seine Ehefrau bestätigen den polizeilichen Verdacht. White beharrt jedoch weiterhin auf seiner Aussagen: "Ich bin nicht Stiller". Nun soll White alias Stiller im Gefängnis schriftliche Aufzeichnungen machen über seine letzten sechs Lebensjahre.

In den tagebuchartigen Notizen von White (Stiller) erfährt der Leser allmählich die Wahrheit. Stiller war ein Versager, als Ehemann und als Künstler. In der Hoffnung, ein neues Leben beginnen zu können, hatte er vor sechs Jahren alle Brücken hinter sich abgebrochen und war nach Amerika geflohen.

Als White ergreift er die Möglichkeit, ein anderer zu sein. Doch nun bei seiner Rückkehr erdrücken ihn nicht nur die Beweise, auch seine Hoffnungen erweisen sich als reine Illusionen. Obwohl er innerlich ein Gewandelter ist, muss er seine frühere Identität akzeptieren. Aber erst nach einem weiteren gescheiterten Versuch mit seiner Frau, ist Stiller bereit, sich selbst anzunehmen. Fortan lebt er ein einsames Leben.

Ein treffendes Bonmot Herman Hesses ziert den Buchrücken dieses Werkes. Hesse meint, dass man diesen Stiller nicht wieder vergesse. Das stimmt und macht die große Stärke dieses Romans aus. Ähnlich wie auch in Homo Faber handelt diese von Frisch erzählte Geschichte von einem Individuum im identitären Widerstreit. "Ich bin nicht Stiller!", vermerkt der Hauptcharakter dieses Romans gleich zu Beginn: und der Leser fragt sich: Ist er Stiller?

Die erzählte Geschichte ist tragisch, anrührend, verliert aber gegen Ende ein wenig an Fahrt, was auch mit der zeitnahen Auflösung zu tun hat. Die Verflechtungen der agierenden Charakter, die peu-a-peu zur Sprache kommen, zeugen von der Glaubwürdigkeit des erzählten Stoffes und unterstreichen die Tragik "Stillers".

Frisch, überzeugt davon, dass Sprache die Wirklichkeit nicht abbilden könne, erhielt zahlreiche bedeutende Preise, darunter 1958 den Georg-Büchner-Preis und 1976 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. "Stiller" erreichte als erstes Buch des Suhrkamp-Verlages eine Millionenauflage. Die Werke Frischs wurden vielfach übersetzt, am häufigsten "Homo Faber" in 25 Sprachen.


Max Frisch-Weblinks

Max Frisch zum 100. Geburtstag

Max Frisch auf der Suche nach der Identität des Menschen

Homo faber - Ein Roman über die Realitätsferne eines Weltbildes

Max Frisch-Werke

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