Der deutsche Dichter Stefan George starb vor 80 Jahren am 4. Dezember 1933 in Minusio bei Locarno. Rätselhaft, geheimnisvoll, charismatisch - Stefan George war verkannt und durchschaut, beliebt und verachtet. Seiner Zeit galt er als ein ganz Großer. Viele seiner Gedichte und "Hymnen" gehören zum absoluten Kanon deutscher Lyrik.
Das lebendige Wesen dieses Dichters entfesselte und bündelte die verschütteten Energien des deutschen Sprachvolkes. Er wirkte unmittelbar und bewußt konzentrierend auf einen wachsenden Kreis von Vertrauten, die wiederum in ihrem Wirkungsfeld den hohen Anspruch ihres Meisters weitergaben.
Doch kaum ein anderer Dichter des letzten Jahrhunderts gab Anlass zu so unterschiedlichen Reaktionen - und zu so vielen Mißverständnissen, die er sich jedoch selbst zuzuschreiben hatte. Er hat sein Leben und sich selbst auf eine Weise inszeniert wie kein anderer.
Geboren wurde der Dichter 1898 als Sohn eines Gastwirts in Büdesheim bei Bingen. Schon früh hatte er etwas Unnahbares an sich, etwas inszeniert Elitäres, das ihn von anderen unterschied. Das "prädestinierte" ihn später zum Chef des "George-Kreises", einer geschlossenen Gesellschaft, einer beinahe sakral-religiösen Jüngerschaft und letztlich auch zum Künder und "Führer" eines "Neuen Reiches" - wie ein Sammelband von 1928 hiess.
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So ging es auch Stefan George. Er war Weggefährte von Hofmannsthal, Zweig, Freud, Rilke und in Frankreich von Verlaine, Rimbaud und dem Symbolisten Mallarme, um einige zu nennen. Erhaben im Sinne der Wahl-Liebe sind vor allem Baudelaire (posthum) und Mallarme, die als Begründer des Symbolismus gelten. Deren Einfluss wirkte auch auf Stefan George. Er hatte sich erwählen lassen von dem erkannten Erhabenen des anderen in sich.
In seinem Spätwerk "Das neue Reich" (1928) verkündete George eine hierarchische Gesellschaftsreform auf der Grundlage einer neuen geistig-seelischen Aristokratie. Sich auf diesen Gedichtband berufend, wollten die Nationalsozialisten George für ihre Zwecke einspannen. George verfolgte jedoch die Verwirklichung eines Reiches auf rein geistiger Ebene und wollte keine politische Verwirklichung eines hierarchischen und totalitären Systems. Deswegen lehnte er die Gesuche der Nationalsozialisten ab.
Nach der Machtübernahme 1933 bot Reichspropagandaminister Joseph Goebbels ihm die Präsidentschaft einer neuen deutschen Akademie für Dichtung an. Auch dieses Angebot lehnte George ab, ebenso blieb er der von Parteiseite pompös inszenierten Feier zu seinem 65. Geburtstag fern. Stattdessen begab George sich, bereits schwer erkrankt, in die Schweiz, wo er am 4. Dezember 1933 im Krankenhaus von Locarno starb.
Weblinks:
Prophet des geheimen Deutschlands - Junge Freiheit - jungefreiheit.de/kultur
Geheimes altes Deutschland - ulmer-tagebuch.blog.de
Literatur:
Gesamtausgabe von Stefan George
Sämtliche Werke in 18 Bänden von Stefan George
Sämtliche Gedichte von Stefan George
Gedichte (insel taschenbuch) von Ernst Osterkamp und Stefan George
Biografie:
Stefan George von Thomas Karlauf
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