Menue

Samstag, 23. Oktober 2021

Carl Zuckmayers Drama »Der Hauptmann von Köpenick«

Carl Zuckmayer

Carl Zuckmayers Drama »Der Hauptmann von Köpenick« wurde 1931 in Berlin uraufgeführt und ist eine Persiflage auf das deutsche Obrigkeitsdenken und den Bürokratismus. Protagonist ist der sechsundvierzigjährige Schuster Wilhelm Voigt, dem im militaristisch geprägten Kaiserreich nach seiner Haftentlassung jegliche Chancen auf Rehabilitierung versagt bleiben.

Mithilfe einer Hauptmannsuniform versucht Voigt deshalb seine Bürgerrechte zu ergaunern. Das Stück spielt zu Beginn des 20. Jahrhunderts und basiert auf einer wahren Begebenheit aus dem Jahre 1906. Orte der Handlung sind Berlin und seine Umgebung.

1. Akt

1. Szene: Uniformladen in Potsdam
Hauptmann von Schlettow probiert in Adolph Wormsers Laden in Potsdam eine neue Uniform an, als der ärmlich gekleidete Wilhelm Voigt eintritt. Dieser ist gerade aus dem Gefängnis entlassen worden, wo er eine fünfzehnmonatige Haftstrafe wegen Urkundenfälschung abgesessen hat. Wormser hält den arbeitssuchenden Voigt für einen Bettler und vertreibt ihn.

2. Szene: Polizeibüro in Potsdam
Im Polizeibüro in Potsdam beantragt Voigt eine Aufenthaltserlaubnis. Dafür benötigt er einen Arbeitsnachweis. Eine Arbeit zu erhalten setzt wiederum eine Aufenthaltserlaubnis voraus. Die Behörde ist nicht bereit, die komplizierte Situation zu klären und schickt den ehemaligen Zuchthäusler Voigt weg.

3. Szene: Café National in der Friedrichstraße
Im Café trifft Voigt seinen ebenfalls obdachlosen Freund Paul Kallenberg, genannt Kalle, der ihn für eine Straftat gewinnen will. Voigt lehnt ab, da er sich für ein ehrliches Leben entschieden hat. Unterdessen betritt Hauptmann von Schlettow in Zivil mit einem Bekannten das Lokal. Als kurz darauf ein Streit zwischen Kallenberg und einem betrunkenen Grenadier ausbricht, schreitet Schlettow ein. Ohne Uniform erkennt der Grenadier ihn nicht und verweigert den Gehorsam. Schließlich wird nicht nur der Grenadier, sondern auch Schlettow von der Polizei festgenommen.

4. Szene: Personalbüro der Engrosschuhfabrik »Axolotl«
Im Personalbüro der Schuhfabrik Axolotl hoffen mehrere Bewerber auf Einstellung. Voigt ist einer von ihnen. Er wird jedoch abgewiesen, da er keine Papiere vorweisen kann und zudem nicht beim Militär gedient hat.

5. Szene: Möbliertes Zimmer in Potsdam
Wegen der Schlägerei im Café sieht Schlettow sich gezwungen seinen Abschied vom Militär nehmen. Die zwischenzeitlich abgeänderte Uniform schickt er dem Schneider Wormser zurück.

6. Szene: Herberge zur Heimat im Berliner Norden
Als Voigt seinen Freund Kalle wieder trifft, erzählt er diesem von seinen neuen Plänen: Er hat vor, Preußen zu verlassen und im Ausland arbeiten. Zuvor will er im Polizeirevier einbrechen, um seine Akte zu vernichten und und einen fremden Pass zu stehlen. Kalle schließt sich Voigt an, um Bargeld zu entwenden.

7. Szene: Uniformladen in Potsdam
Das Unternehmen scheitert; Voigt und Kalle werden verhaftet. Wormser liest darüber in der Zeitung, als Doktor Obermüller den Laden betritt. Dieser hat Ambitionen, Bürgermeister von Köpenick zu werden. Er braucht eine Uniform und Wormser kann die von Schlettow zurückgegebene an ihn verkaufen.

2. Akt

8. Szene: Zuchthauskapelle in Sonnenburg
Zehn Jahre später soll Voigt aus der Haftanstalt entlassen werden. Zuvor wird der Jahrestag des Sieges der Deutschen über die Franzosen und die Gefangennahme Napoleons gefeiert. Dabei spielen die Gefängnisinsassen Armeemanöver nach. Voigt fällt durch seine in der Haft erworbene Kenntnis des preußischen Militärwesens auf. Der Gefängnisdirektor lobt ihn und nennt ihn einen geborenen Soldaten.

9. Szene: Bürgerliche Wohnstube in Rixdorf
Nach seiner Entlassung kommt Voigt bei seiner Schwester Maria und deren Mann Friedrich Hoprecht in Berlin unter. Wieder hat er weder Arbeit noch Papiere und rechnet erneut mit Schwierigkeiten. Deshalb geht er seinen Schwager Friedrich, der Beamter ist, um Hilfe an. Dieser lehnt die illegale Beschaffung eines Passes jedoch entschieden ab.

10. Szene: Schlafzimmer des Bürgermeisters Obermüller in Köpenick
Doktor Obermüller, Bürgermeister von Köpenick und inzwischen zum Hauptmann befördert, muss am Kaisermanöver teilnehmen. Da Wormser die neue Uniform noch nicht geliefert hat, zwängt Obermüller sich notgedrungen in die zehn Jahre alte. Diese reißt. Im letzten Augenblick erscheint der Zuschneider Wabschke mit der neuen Uniform und nimmt die zerrissene mit.

11. Szene: Gang vor dem Polizeibüro in Rixdorf
Im Polizeirevier in Rixdorf versucht Voigt verzweifelt, seinen Wohnsitz bei seiner Schwester anzumelden, da ihm ansonsten die Ausweisung aus dem Bezirk droht. Das Polizeibüro wird jedoch überraschend geschlossen.

12. Szene: Stube mit Bett
Bei der Familie Hoprecht wohnt ein unheilbar krankes Mädchen zur Untermiete; am Tag vor ihrem Tod sitzt Voigt an ihrem Bett, liest vor und fabuliert. Währenddessen werden ihm seine Ausweisungspapiere zugestellt.

13. Szene: Festsouper bei Dressel
Der Kommerzienrat Wormser organisiert den Kaisermanöverball. Zu diesem Anlass trägt Wormsers Tochter Auguste Viktoria in der alten Uniform von Obermüller und Schlettow ein Couplet vor. Durch eine Ungeschicklichkeit von Wormsers Sohn wird die Uniform dermaßen verfleckt, dass sie zum Trödler kommt.

14. Szene: Bürgerliche Wohnstube in Rixdorf
Friedrich Hoprecht ist enttäuscht, weil die erhoffte Beförderung ausblieb. Voigt erzählt Hoprecht von seiner Ausweisung und spottet über die Zustände im Kaiserreich. Voigt hält das Wohl des Menschen für wichtiger als Regeln und Gesetze. Hoprecht dagegen meint, dass der Mensch sich dem Staat unterzuordnen habe. Voigt denkt über den Sinn seines Lebens nach und fragt sich, wie er eines Tages vor Gott dastehen werde.

3. Akt

15. Szene: Kleiderladen in der Kanonierstraße
In »Krakauers Kleiderladen« ersteht Voigt eine gebrauchte Hauptmannsuniform.

16. Szene: Allee im Park von Sanssouci
Voigt sitzt im Park Sanssouci auf einer Bank, beobachtet die Passanten und hört ihren Unterhaltungen zu. Die Gespräche der jungen oder älteren Offiziere, der Kindermädchen und alten Damen drehen sich fast alle um unterschiedliche Aspekte des Militärwesens.

17. Szene: Halle und Gang mit Abort im Schlesischen Bahnhof
Voigt trägt seine neue Uniform und die Dienstmänner auf dem Bahnhof lassen sich davon einschüchtern.

18. Szene: Vorhalle mit Treppen im Rathaus zu Köpenick
Im Köpenicker Rathaus herrscht reger Betrieb. Unterdessen rekrutiert der falsche Hauptmann Voigt auf der Straße einen Trupp Soldaten, mit denen er ins Rathaus eindringt.

19. Szene: Amtszimmer des Bürgermeisters Obermüller in Köpenick
Voigt lässt den Bürgermeister Doktor Obermüller sowie den Stadtkämmerer Rosencrantz verhaften und erteilt dem Polizeiinspektor den Auftrag, die beiden zur Neuen Wache zu bringen. Voigt ist enttäuscht, als er erfährt, dass das Rathaus keine Passabteilung besitzt, die nächste befindet sich in Teltow. Die Ausstellung der dringend benötigten Papiere war das eigentliche Ziel seiner Posse gewesen. Voigt nimmt das Geld aus der Stadtkasse in Verwahrung, entlässt die Soldaten und entfernt sich.

20. Szene: Aschingers Bierquelle in der Neuen Friedrichstraße
Die Geschichte des Hauptmanns von Köpenick macht Schlagzeilen und sorgt für große Heiterkeit. Eine Beschreibung des Täters wird veröffentlicht. Voigt schläft unterdessen in seiner Alltagskleidung in einer Kneipe und wird nicht erkannt.

21. Szene: Im Polizeipräsidium Alexanderplatz
Sogar der Kaiser amüsiert sich über die Geschichte; er sieht darin einen Beweis für die Disziplin der Deutschen und ist stolz auf sein Volk. Unterdessen stellt Voigt sich der Polizei und legt ein Geständnis ab. Er verlangt dafür die Ausstellung eines Passes, sobald er die ihm neuerlich drohende Haftstrafe abgesessen hat. Voigt verrät das Versteck der Uniform und als diese gebracht wird, legt er sie noch einmal an. Der vermeintliche Hauptmann von Köpenick betrachtet sich im Spiegel, fängt heftig und langanhaltend zu lachen an und fasst alles mit einem lauten „unmöglich“ zusammen.

»Der Hauptmann von Köpenick« ist »Ein deutsches Märchen in drei Akten«, wie es im Untertitel heißt. Mit viel Humor und in Berliner Mundart sowie im Kasino-Jargon der Offiziere hält Carl Zuckmayer den Deutschen einen Spiegel vor: Menschliche Werte werden dem Militarismus und der Obrigkeitshörigkeit geopfert.

"Der Hauptmann von Köpenick - Ein deutsches Märchen" ist eine Tragikomödie - von Carl #Zuckmayer von Anfang September bis November 1930 geschrieben. Sie beruht teilweise auf wahren Begebenheiten, welche der Autor in seiner Geschichte aber etwas ausgeschmückt hat.

In jungen Jahren ist Wilhelm Voigt auf die schiefe Bahn geraten und landet hinter Gittern. Nach seiner Entlassung beschließt er, endlich ein ehrliches Leben zu führen. Doch Wilhelm Voigt hat keinen Paß. Seine ständigen Versuche, sich Papiere zu beschaffen, bringen ihm immer wieder in Schwierigkeiten.

Zufällig stöbert er eines Tages in einem Trödlerladen und findet dort eine alte Hauptmanns-Uniform. Er gibt einer Garde den Befehl ihm nach Köpenick auf's Rathaus zu folgen. Dort verhaftet er den Bürgermeister und den Stadtkämmerer, um sich in Ruhe einen Paß zu beschaffen. Doch auch hier hat er keinen Erfolg.
Kurzerhand beschlagnahmt er die Stadtkasse und flieht. Der Hauptmann von Köpenick wird zum Tagesgespräch. Man sucht den Übeltäter, doch der Schuster stellt sich freiwillig. Im Zweikampf mit den Behörden ist er ein alter Mann geworden - aber der Held seiner Zeit.

Das Stück war ein gigantischer Erfolg in der Weimarer Republik und wurde noch im Jahr seiner Uraufführung zum ersten Mal verfilmt. Von den Nationalsozialisten wurde das Stück sowie Zuckmayers Werk überhaupt 1933 verboten und erlebte erst nach dem Zweiten Weltkrieg eine Renaissance.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen